Psychologische Beraterin erzielt als „Subunternehmerin“ steuerfreie Umsätze

Psychologische Beraterin erzielt als „Subunternehmerin“ steuerfreie Umsätze

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Eine psychologische Beraterin, die ein Sozialhilfeträger mittelbar nur über Subunternehmerverträge bezahlt, kann dennoch steuerfreie Umsätze erzielen.

Hintergrund

Laut Umsatzsteuergesetz sind in Deutschland Leistungen von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei.
Eine Möglichkeit für die Umsatzsteuerbefreiung ist, dass in mindestens 40 Prozent (oder 25 Prozent) der Fälle die Kosten dieser Einrichtungen im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr unter anderem von den gesetzlichen Trägern der Sozialhilfe ganz oder größtenteils vergütet wurden (§ 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k UStG a. F. (2009) bzw. § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. l UStG n. F.).

Sachverhalt

Eine psychologische Beraterin war im Jahr 2010 als Subunternehmerin in der ambulanten Eingliederungshilfe tätig (§ 53 SGB XII). Sie begleitete Personen mit einer Behinderung (Klienten) beispielsweise bei Behördengängen oder half ihnen beim Aufbau sozialer Kontakte.
Sie konnte ihre Leistungen nicht unmittelbar gegenüber dem Sozialhilfeträger abrechnen, weil sie die dafür notwendige Ausbildung als „Fachkraft“ (wie Diplom-Sozialarbeiterin) nicht besaß. Daher konnte sie ihre Leistungen lediglich über einen Dienstvertrag als freie Mitarbeiterin bei einem beim Sozialhilfeträger zugelassenen Leistungserbringer (wie Arzt oder Krankenhaus) abrechnen. Zur Abrechnung übermittelte sie klientenbezogene Daten an den Sozialhilfeträger. Dieser erstattete daraufhin dem Leistungserbringer das Geld. Dem Leistungserbringer wiederum erteilte die psychologische Beraterin als Subunternehmerin Rechnungen ohne Umsatzsteuer.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die betreffenden Umsätze steuerpflichtig seien, weil eine Subunternehmertätigkeit für eine Steuerbefreiung nicht ausreiche.

Das Urteil der Richter

Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass die von der psychologischen Beraterin ausgeführten Umsätze steuerfrei sind (Urteil vom 13.06.2018, XI R 20/16). Grund dafür ist, dass der Sozialhilfeträger die Kosten mittelbar trägt. Eine steuerfreie Vergütung liegt also nicht nur im Falle einer unmittelbaren, sondern auch bei einer nur durchgeleiteten Kostenübernahme vor. Es kommt auch nicht darauf an, dass die Klägerin, mangels erforderlicher Qualifikation als „Fachkraft“, selbst keine Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger hatte treffen können.
„Das bedeutet aber nicht, dass jede nur mittelbare Kostenübernahme ausreicht, um die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu erfüllen“, sagt Rainer Tüchert, Steuerberater bei Ecovis in Coburg. Der Sozialhilfeträger muss die an einen anderen Unternehmer erbrachten Leistungen im Vorfeld kennen und die Kosten hierfür, wenn auch mittelbar, tragen wollen.

Praxishinweis

Das Urteil bezieht sich zwar auf eine Vorschrift aus dem Jahre 2009. Dennoch ist es nach wie vor brandaktuell für die Praxis. Diese Vorschrift – mit Ausnahme der Mindestvergütungsquote, die nunmehr mindestens 25 Prozent beträgt – ist inhaltlich identisch mit der derzeit geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. l UStG). „Sollte das Finanzamt also aufgrund Subunternehmertätigkeit eine Steuerbefreiung ablehnen, können Sie sich auf dieses Verfahren berufen“, so der Ecovis-Experte Tüchert.
Rainer Tüchert, Steuerberater bei Ecovis in Coburg

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