Steuerfahnder: Wenn es an der Praxistür klingelt
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Steuerfahnder: Wenn es an der Praxistür klingelt

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Die Ermittlungsbehörden haben für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität aufgerüstet. Steuerfahnder machen auch vor Heilberuflern nicht halt.
Die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter sowie Polizei und Staatsanwaltschaft sind heute weit qualifizierter als noch vor wenigen Jahren. An speziellen Fachschulen wird Personal aus-und weitergebildet. Schwerpunktstaatsanwaltschaften, Sonderdezernenten und Abteilungen bei den Ermittlungsbehörden wurden eingerichtet. Die Zusammenarbeit mit Rechnungshöfen und die technischen Möglichkeiten des elektronischen Datenabgleichs sind gestiegen. Ermittlungsbehörden sind daher heute in der Lage, auch komplizierte Sachverhalte aufzuhellen und zu ahnden. So passierte es auch einigen Ärzten im Saarland. Ihnen kommt mangelnde Steuerehrlichkeit bei Nebeneinkünften aus klinischen Honorartätigkeiten nun teuer zu stehen – mehr als 20 Strafverfahren wurden schon eingeleitet.
Künftig wird es nicht ungewöhnlich sein, wenn der Steuerfahnder klingelt und sich Zutritt zur Praxis oder zu den Privaträumen verschafft. „Diese Tatsache ist noch kein Anlass, in Panik zu verfallen. Wichtig ist aber, bestimmte Verhaltensregeln strikt einzuhalten und die Mitarbeiter entsprechend zu informieren“, sagt Alexander Prechtel, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock.
Die Grundregeln im Fall der Fälle
Steht der Steuerfahnder vor der Tür, gilt es, einige Regeln zu beachten. Die Mitarbeiter des Praxisteams sollten diese unbedingt kennen:

  • Als Chefin oder Chef sind Sie sofort über die Ankunft des Steuerfahnders zu informieren, sofern es sich um geschäftliche Vorgänge handelt. Nur Sie sind der Gesprächspartner für den Steuerfahnder.
  • Achten Sie von Anfang an auf ein gutes Klima und signalisieren Sie Ihre Kooperationsbereitschaft.
  • Ziehen Sie auf jeden Fall einen in Strafsachen versierten Rechtsanwalt hinzu. In der Regel erklären sich die Ermittlungsbehörden bereit, bis zum Eintreffen des Anwalts zu warten.
  • Stellen Sie den Ermittlungsbediensteten einen Raum zur Verfügung.
  • Bitten Sie darum, dass Autos, die als Polizeifahrzeuge erkennbar sind, beiseite gestellt werden, um Aufsehen zu vermeiden.
  • Notieren Sie unbedingt den Namen des Durchsuchungsleiters und wie er erreichbar ist (Name der Behörde, Anschrift und Telefonnummer).
  • Vor der Durchführung der eigentlichen Durchsuchung ist der entsprechende Durchsuchungsbeschluss einzusehen. Denn in der Regel muss einer Durchsuchung ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss zugrunde liegen.
  • Machen Sie keinerlei Aussagen. Kündigen Sie aber, sofern es sich um eine Durchsuchung bei einem Beschuldigten handelt, eine schriftliche Stellungnahme nach erfolgter Akteneinsicht an. Diese Ankündigung ist nicht bindend.

Aus dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich, ob es sich bei der vorgesehenen Maßnahme um eine Durchsuchung bei einem Verdächtigen – dieser braucht zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch nicht förmlich Beschuldigter zu sein (Paragraph 102 Strafprozessordnung, StPO) – oder um eine Durchsuchung bei einem Dritten (Paragraph 103 StPO) handelt. In diesem Fall ist der Betroffene, bei dem durchsucht wird, ein Zeuge, der nicht tat- oder teilnahmeverdächtigt ist. Nach dem Ermittlungsergebnis können sich bei ihm jedoch Unterlagen befinden, die für die weiteren Ermittlungen gegen einen Beschuldigten von Bedeutung sein können.
Schlechte Stimmung vermeiden
Sobald geklärt ist, um welche Durchsuchung es sich genau handelt, und nachdem ein sachkundiger Rechtsanwalt hinzugezogen wurde, ist darauf zu achten, dass die gesamte Durchsuchungsmaßnahme ohne Spannungen und möglichst harmonisch gestaltet wird.
Eine Konfliktverteidigung, die sich durch aggressiven Ton, Behinderungen und offensichtliche Verweigerungshaltung artikuliert, führt in aller Regel nur dazu, dass besonders sorgfältig durchsucht wird. Das Risiko dabei: Zufallsfunde. Außerdem besteht in diesen Fällen die Gefahr, dass die Fahnder alle Unterlagen und Gegenstände, die auch nur im Entferntesten von Bedeutung sein könnten, mitnehmen. Dies gilt es zu vermeiden. Deshalb ist anzuraten, Kooperationsbereitschaft zu signalisieren und auszuloten, nach welchen Unterlagen oder Gegenständen die Fahnder im Einzelnen suchen.
Verweigern oder kooperieren?
Kooperation bedeutet auch, dass Unterlagen nicht erst vom Steuerfahnder gesucht werden müssen, sondern von den Betroffenen persönlich gebracht werden. Das hebt die Stimmung der Steuerfahnder und vermeidet die Gefahr von Zufallsfunden. Zudem erklären sich Steuerfahnder in aller Regel damit einverstanden, dass Unterlagen, die mitgenommen werden sollen, kopiert werden dürfen und damit der Praxisbetrieb weiter aufrechterhalten werden kann.
„Wir raten aus praktischer Erfahrung zu dieser Vorgehensweise. Steuerfahnder nehmen nämlich alle Unterlagen mit, die sie brauchen, ob Sie kooperieren oder nicht. Im Fall eines Widerspruchs wird eine gerichtliche Beschlagnahme erfolgen“, sagt Rechtsanwalt Alexander Prechtel. In Verweigerungsfällen ist nämlich regelmäßig davon auszugehen, dass sich das ganze Verfahren in die Länge zieht. Zudem ist bei einer später beabsichtigten Rückgabe der Unterlagen dann auch ein förmlicher Aufhebungsbeschluss der Beschlagnahme erforderlich. All dies kostet normalerweise viel Zeit. „Bei Unterlagen von Patienten ist allerdings zu beachten, dass diese vorher einwilligen müssen“, erklärt Prechtel. Sollte dies nicht geschehen, ist die Erklärung gegenüber den Ermittlungsbehörden hilfreich, dass der Widerspruch gegen die Mitnahme der Unterlagen auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten erfolgt.
Zusammenarbeit mit dem Rechtsbeistand
Schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und dem Steuerberater oder Rechtsanwalt sind beschlagnahmefrei. Dies gilt aber nicht für sonstige Unterlagen, die das Mandantenverhältnis betreffen. Zu beachten ist auch, dass diese Beschlagnahmefreiheit nur für den Fall gilt, dass nicht der Verdacht der Beteiligung des Anwalts oder Steuerberaters besteht.
In der Regel werden sich die Steherfahnder damit einverstanden erklären, dass der hinzugezogene Rechtsanwalt ein Gespräch mit seinem Mandanten führt. Sinn eines solchen Vier-Augen-Gesprächs ist es, dass der Anwalt einschätzen kann, ob der Tatvorwurf gerechtfertigt ist oder nicht und welchen Umfang die angelastete Straftat möglicherweise hat. Das weitere Verhalten während der Durchsuchung wird maßgeblich von dieser ersten Einschätzung des Rechtsanwalts abhängen. Dabei wird dem Mandanten der Hinweis zu geben sein, dass es sinnlos ist, ohnehin erwiesene Sachverhalte zu verschleiern oder gar zu leugnen.
Schließlich ist nach Abschluss der Durchsuchungsmaßnahmen darauf zu achten, dass der Betroffene ein Verzeichnis der in Verwahrung genommenen oder sichergestellten Gegenstände oder Unterlagen erhält. „Für Betroffene ersuchen wir in der Regel um Akteneinsicht, damit wir das weitere Vorgehen planen können“, sagt Rechtsexperte Prechtel.
Alexander Prechtel, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock

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