Sind Leistungen einer Privatklinik mit Belegärzten umsatzsteuerfrei?
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Sind Leistungen einer Privatklinik mit Belegärzten umsatzsteuerfrei?

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Leistungen und Umsätze von Privatkliniken können unter gewissen Bedingungen steuerfrei sein. Wann genau, hat der Bundesfinanzhof nun entschieden.

Bis 2009 (Altfälle)

Rechnet eine Privatklinik Fallpauschalen ab, ist es für die Umsatzsteuer-Befreiung egal, ob ein in dieser Klinik tätiger Belegarzt seine Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder nach Kassengrundsätzen abrechnet. Die von der Klinik abgerechneten Entgelte müssen aber einem Vergleich mit den geminderten Fallpauschalen eines Krankenhauses standhalten, das unter das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) fällt.

Ab 2009

Auch eine Privatklinik kann Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze wie die einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung erbringen. Dies ist dann der Fall, wenn die Privatklinik – einen entsprechenden Bedarf vorausgesetzt – die Voraussetzungen für die Zulassung laut Sozialgesetzbuch erfüllt (§ 108 SGB V).

Hintergrund

Bis 2009 (Altfälle)

Ein Krankenhaus konnte noch bis 2009 umsatzsteuerfreie Umsätze erzielen, wenn es eines der folgenden Voraussetzungen zur Einstufung als Zweckbetrieb erfüllte (§ 4 Nr. 16 Buchst. b) UStG (a. F.) i. V. m. § 67 AO):

  1. Fällt ein Krankenhaus unter das KHEntgG, dann ist es ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent Belegungs- oder Berechnungstage im Jahr auf Patienten entfallen, bei denen das Krankenhaus nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet.
  2. Ein Krankenhaus, das nicht unter das KHEntgG fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der Belegungs- oder Berechnungstage im Jahr auf Patienten entfallen, bei denen das Krankenhaus für seine Leistungen kein höheres Entgelt als nach KHEntgG berechnet (Vergleichsberechnung).

 
Entgelte nach KHEntgG umfassen allgemeine Krankenhausleistungen, die sich wiederum nach Fallpauschalen abrechnen lassen. Dabei erfolgt die Vergütung nach einem einheitlichen Katalog unabhängig von der Dauer des Krankenhausaufenthalts und inklusive der ärztlichen Betreuung. Nicht zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gehören Wahlleistungen wie die Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer, die Option auf eine Chefarztbehandlung oder die Leistungen eines selbstständigen Belegarztes. Für die Behandlung von Belegpatienten bekommt das Krankenhaus daher eine geringere Fallpauschale als üblich.

Ab 2009

Seit 01.01.2009 gilt eine neue Regel für die Steuerbefreiung von Heilbehandlungen. Danach kann nun ein privates Krankenhaus unter bestimmte Voraussetzungen steuerfrei sein (§ 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 UStG). Für private Krankenhäuser kommt dabei die Steuerbefreiung insbesondere in Betracht, wenn es sich um zugelassene Krankenhäuser laut Sozialgesetzbuch handelt (§ 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Doppelbuchst. aa UStG). Hierzu zählen auch Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.
Auf die bis 2009 maßgebenden abgerechneten Entgelten kommt es nicht mehr an.

Sachverhalt

In einer Privatklinik arbeiteten Belegärzte, die ihre Operationen selbst gegenüber den Patienten abrechneten. Die Klinik wiederum rechnete ihre Leistungen zum Teil gegenüber den Patienten direkt und zum Teil gegenüber den Belegärzten ab. Die Entgelte berechnete sie nach Fallpauschalen, die die ärztlichen Leistungen, die Unterbringung in Zweibettzimmern, die Verpflegung und bestimmte Wahlleistungen umfassten. Die Umsätze deklarierte sie als umsatzsteuerfrei.
Die Klinik betrieb ein laut Gewerbeordnung konzessioniertes Krankenhaus. Es bestand jedoch keine Zulassung laut Sozialgesetzbuch und fiel nicht unter die Anwendung des KHEntgG.
Das Finanzamt sah keine Umsatzsteuerbefreiung – weder nach den geltenden Vorschriften bis 2009, noch danach.

Urteil des Bundesfinanzhofs

Die Richter des Bundesfinanzhofs entschieden, dass die Klinik durchaus steuerfreie Umsätze erzielte (Urteil vom 23.02.2019, XI R 15/16).

Für Umsätze bis 2009

Da die Klinik nicht unter das KHEntgG fiel, musste sie eine Vergleichsberechnung erstellen, bei der es egal ist, ob ein Belegarzt nach GOÄ oder nach Kassengrundsätzen abgerechnet hat. Rechnet eine Privatklinik dann Fallpauschalen ab, sind für die Vergleichsberechnung die von der Klinik gegenüber den Patienten abgerechneten Entgelte mit geminderten Fallpauschalen zu vergleichen.

Für Umsätze ab 2009

Im Urteilsfall war die Klinik nicht nach Sozialgesetzbuch zugelassen. Somit ist nach deutschen Recht eine Steuerbefreiung nicht möglich. Allerdings Verstößt die Tatsache, dass ein Krankenhaus tatsächlich zugelassen sein muss, gegen das Unionsrecht (Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL). Der Verstoß bezieht sich jedoch nur auf die „tatsächlich“ erteilte Zulassung als Krankenhaus, welche allerdings wegen der sozialversicherungsrechtlichen Bedarfsvorbehalts nicht jedes Krankhaus erhält – obwohl die übrigen Voraussetzungen erfüllt wären.
Das heißt, es darf nicht darauf ankommen, dass das Krankenhaus die Zulassung nur deswegen nicht erhält, weil die Krankenkassen keinen „Bedarf“ für den Abschluss von Versorgungsverträgen zwischen Krankenhaus und Krankenkassen sehen. Bei unionsrechtlicher Auslegung kommt es damit bei der Vergleichbarkeit von privaten und öffentlichen Einrichtungen auf die Voraussetzungen laut Sozialgesetzbuch an, nicht aber ob die Krankenkasse die Zulassung tatsächlich auch erteilt hat.

Das bedeutet das Urteil für Sie

„Bietet ein privates Krankenhaus mindestens 40 Prozent seiner Leistungen zum gleichen Preis wie ein öffentlich-rechtliches Krankenhauses an, dann sind diese Leistungen auch steuerfrei“, sagt Ernst Knop, Steuerberater bei Ecovis in Weilheim. Da es sich in diesem Verfahren um einen Altfall handelt, dürfte die Entscheidung nur noch für zurückliegende Steuerjahre relevant sein.
Für Fälle ab 2009 ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen laut Sozialgesetzbuch grundsätzlich vorliegen würden. Dazu gehören Kriterien der Leistungsfähigkeit (personelle, räumliche und medizinisch-technische Ausstattung) und der Wirtschaftlichkeit (angemessenes Kosten-Leistungs-Verhältnis). „Wenn Sie diese Steuerbefreiung geltend machen wollen, müssen Sie sich bei Ihrem Finanzamt melden und die Voraussetzungen nachweisen“, sagt Knop, „berufen Sie sich dazu auf 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL“
Ernst Knop, Steuerberater bei Ecovis in Weilheim

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