Schadensersatz wegen verweigerter Zusammenveranlagung bei Scheidung
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Schadensersatz wegen verweigerter Zusammenveranlagung bei Scheidung

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Stimmt ein Ehegatte der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung trotz Verpflichtung nicht zu, kann dem anderen Ehegatten ein Erstattungs- oder Schadensersatzanspruch nebst Zinsen zustehen. Das gilt auch für Ärzte und Heilberufler.

Hintergrund

Steuerrecht: Ehegatten können in Deutschland zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn

  1. beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind,
  2. sie nicht dauernd getrennt leben und
  3. bei ihnen die Voraussetzungen aus den Nummern 1 und 2 zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.

 
Entscheiden sich die Partner für die Zusammenveranlagung, gilt für sie der Splittingtarif. Dieser bringt meistens einen erheblichen Steuervorteil mit sich. Der Effekt ist umso höher, je größer die Einkommensdifferenz der Partner und je höher der Steuersatz ist. Das Ehegattensplitting gilt allerdings nur für in Deutschland nicht dauerhaft getrenntlebende Ehepartner. Das heißt, sie müssen verheiratet sein und dürfen nicht das komplette Jahr von ihrem Partner getrennt gelebt haben.
Zivilrecht: Ein Ehegatte muss einer steuerlichen Zusammenveranlagung zustimmen, wenn sich dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten mindert und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt ist (§ 1353 Abs. 1 S. 2 BGB).

Streitfall

Die Eheleute lebten seit Mitte Februar 2014 dauerhaft voneinander getrennt und ließen sich Anfang 2017 rechtskräftig scheiden. Sie stritten um die Verpflichtung des Ehemanns, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für die Jahre 2013 und 2014 zuzustimmen. Nachdem der Ehemann die Zustimmung verweigerte und das Finanzamt die Ehegatten endgültig getrennt veranlagte, forderte die Ehefrau Schadensersatz nebst Zinsen vom Ehemann. Sie wollte finanziell so gestellt sein, wie sie bei gemeinsamer Veranlagung stünde. Dagegen wehrte sich der Ehemann, der die Einzelveranlagung wollte.

Das Urteil des Gerichts

Der Oberlandesgericht Celle entschied, dass der Ehemann sich gegenüber der Ehefrau schadensersatzpflichtig gemacht hat (Urteil vom 02.04.2019, 21 UF 119/18). Da sich die Eheleute erst Mitte Februar 2014 dauerhaft voneinander getrennt hatten, lagen die steuerlichen Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung für beide Jahre 2013 und 2014 vor.

Das bedeutet das Urteil für Ärzte

Gerade in solch einer prekären Situation wie einer Scheidung sind ordentliche Steuererstattungen eine gute Nachricht. Denn kommt es zur Scheidung, dann können die Eheleute letztmals für das Jahr der Trennung eine gemeinsam veranlagte Einkommensteuererklärung abgeben. Damit könnten sie den Vorteil des günstigen Splittingtarifs nutzen. Dies ist immer dann besonders vorteilhaft, wenn einer der beiden keine oder nur geringe Einkünfte hat. „Denkbar sind beispielsweise Konstellationen, in denen der Ehemann eine Arztpraxis leitet und die Ehefrau als Arzthelferin angestellt ist“, sagt Ecovis-Steuerberater Mathias Parbs, „der Ehemann dürfte nur dann seine Zustimmung verweigern, wenn ihm ein steuerlicher Nachteil daraus entstünde.“
Mathias Parbs, Steuerberater bei Ecovis in Rostock

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