Reform der Altenpflege: Höhere Pflegezuschüsse und mehr Geld für Pflegekräfte
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Reform der Altenpflege: Höhere Pflegezuschüsse und mehr Geld für Pflegekräfte

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In letzter Minute vor der Sommerpause haben Bundestag und Bundesrat am 11. und 25. Juni die Reform der Altenpflege auf den Weg gebracht und das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsvorsorge (GVWG) verabschiedet. Kernpunkte sind mehr Geld für Pflegekräfte, höhere Zuschüsse zum Eigenanteil für pflegebedürftige Heimbewohner sowie die Zusage, dass die regulären Versicherungsbeiträge nicht weiter steigen. Die neue Regelung tritt größtenteils ab 1. Januar 2022 in Kraft, in anderen am 1. September 2022.

Das ändert sich in der Pflege

Die Leistungsbeträge, die die Pflegedienste für ambulante Pflegesachleistungen von den Pflegekassen bekommen, steigen zum 1. Januar 2022 um fünf Prozent und die für die Kurzzeitpflege um zehn Prozent. Außerdem gibt es ab 1. Januar 2022 eine Zuschussregelung für pflegebedingte Eigenanteile: Je länger eine pflegebedürftige Person in einem Pflegeheim lebt, desto geringer soll der pflegebedingte Eigenanteil in der stationären Langzeitpflege sein. Der Leistungszuschlag soll zunächst fünf Prozent betragen und nach zwölf Monaten auf 25 Prozent des zu zahlenden pflegebedingten Eigenanteils steigen. Vom dritten Jahr an erhöht sich dieser Zuschlag auf 45 Prozent, vom vierten Jahr an dauerhaft auf 70 Prozent. Laut Bundesregierung liegt die Entlastung der Pflegebedürftigen nach mehr als 24 Monaten Pflege bei durchschnittlich 410 Euro monatlich, nach mehr als 36 Monaten bei 638 Euro.

Neu: Übergangspflege in Krankenhäusern

Ferner gibt es einen Anspruch auf eine bis zu zehntägige Übergangspflege im Krankenhaus: Die Pflege im Krankenhaus ist dann vorgesehen, wenn sich im Anschluss an eine Krankenhausversorgung eine Pflege im eigenen Haushalt oder eine Kurzzeitpflege nicht sicherstellen lässt.

Die Pflegekräfte erhalten mehr Verantwortung: Sie können künftig selbst Hilfsmittel verordnen und eigenständige Entscheidungen in der häuslichen Pflege treffen.

Änderungen beim Pflegepersonal

Vom 1. September 2022 an sind nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif oder nach kirchenarbeitsrechtlichen Regeln bezahlen. Nur sie können damit mit der Pflegeversicherung abrechnen. Zudem sollen Krankenhäuser für jeden Standort das Verhältnis von eingesetztem Pflegepersonal zum Pflegeaufwand veröffentlichen. So soll nach einem bundeseinheitlichen Personalschlüssel deutlich werden, ob ein Krankenhaus ausreichend oder zu wenig Personal einsetzt. Die Pflegeheime können damit bereits seit 1. Januar 2021 etwa 20.000 zusätzliche Pflegehilfskräfte einstellen. Um mehr Transparenz über den Pflegepersonaleinsatz in den Krankenhäusern herzustellen, werden die Pflegepersonalquotienten künftig auf der Internetseite des „Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus“ veröffentlicht.

Zur Förderung von Transparenz und Qualität der Versorgung ist künftig die Veröffentlichung einrichtungsbezogener Vergleiche hinsichtlich der Erfüllung von Qualitätskriterien möglich. Patientenbefragungen in Krankenhäusern sollen weiterentwickelt werden.

Wie sich die Zuschüsse finanzieren

Die Pflegeversicherung erhält von 2022 an einen pauschalen Bundeszuschuss von jährlich einer Milliarde Euro. Der Beitragszuschlag für Kinderlose erhöht sich um 0,1 Prozentpunkte. Dadurch sollen weitere 400 Millionen Euro im Jahr in die Pflegeversicherung fließen. Und 2022 erhält die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einen weiteren Bundeszuschuss von sieben Milliarden Euro, damit der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz der Angestellten zur GKV bei 1,3 Prozent stabil bleiben kann.

Was das neue Gesetz bringt

Kritiker bemängeln, dass die auf einem Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD beruhende Regelung mit heißer Nadel gestrickt ist und vermutlich nachgebessert werden muss. Die Bestimmungen zur Entlohnung von Pflegekräften fallen weit hinter die Ankündigungen zurück. „Die Finanzierung des Vorhabens ist nicht gesichert: Der geplante Bundeszuschuss dürfte bei Weitem nicht ausreichen. Insofern sind es künftige Generationen, die die Lasten zu tragen haben“, meint Tim Müller, Rechtsanwalt bei Ecovis in München.

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt bei Ecovis in München

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