Praxisnachfolge: Verzögerungstaktik kann zum Verlust des Rechts auf Nachbesetzung führen

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München – Eine missbräuchliche Einflussnahme des Praxisinhabers auf das Verfahren vor den Zulassungsgremien kann zu Lasten des Nachbesetzungsrechts gehen.
Im Streitfall nahm der Kläger seine beiden, im November 2010 und im März 2011 gestellten Anträge auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zurück, da jedes Mal nur 3 Medizinische Versorgungszentren als Bewerber vorlagen. Zum Zeitpunkt der erneuten Sitzung des Zulassungsausschusses über seinen 3. Antrag auf Ausschreibung befand sich neben den beiden Medizinischen Versorgungszentren auch der Wunschkandidat des Klägers unter den Bewerbern. Der Zulassungsausschuss lehnte die Anträge der Bewerber allerdings mangels Vorhandensein einer fortführungsfähigen Praxis ab. Hinsichtlich der Medizinischen Versorgungszentren fehle es an einer Einigung über den Kaufpreis mit dem Praxisabgeber, es dränge sich der Verdacht auf, dass der Kläger nicht verkaufen wolle.
Das Bundessozialgericht verwies den Fall wieder an das Landessozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. In seiner Urteilsbegründung führte das BSG aus, dass als Indiz für ein unzulässiges Vorgehen des Klägers die in den Akten dokumentierten E-Mails an Bewerber herangezogen werden könnten, in denen der Kläger die Bewerber zur Rücknahme ihrer Anträge aufforderte und ein „Stoppen“ des Nachfolgeverfahrens ankündigte für den Fall, dass ein MVZ oder ein im Landkreis vernetzter Kollege die Zulassung erhalten würde. Können ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Praxisabgebers. Dem LSG wurde aufgegeben zu prüfen, ob ein Nachbesetzungsrecht angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der dritten Antragstellung noch bestand.
Weiterhin wies das BSG darauf hin, dass die Bestandskraft der Entziehung einer Zulassung nicht gegen eine fortführungsfähige Praxis spreche, da in diesem Falle keine Entziehung aufgrund der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit vorliegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis sei der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV.
Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München, tim.mueller@ecovis.com

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