§ 19 Abs. 3 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Entzug der vertragsärztlichen Zulassung bei dreimonatiger Nichtaufnahme der ärztlichen Tätigkeit) ist nichtig.

3 min.

München – Das MVZ der Beschwerdeführerin wurde zum 01.10.2008 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, nachdem zuvor 3 Vertragsärzte auf ihre Zulassung zugunsten einer Anstellung im MVZ verzichtet hatten. Das Gebäude, in dem das MVZ betrieben werden sollte, war zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung noch nicht errichtet, so dass die angestellten Ärzte die ärztliche Tätigkeit in ihren bisherigen Praxisräumen, die sich in der Nähe der (zukünftigen) Räumlichkeiten befanden, noch weiter ausübten. Dem Zulassungsausschuss teilte die Beschwerdeführerin mit, dass das MVZ seine Tätigkeit bereits aufgenommen habe und rechnete die Leistungen unter der Betriebsstättennummer des MVZ ab. Erst ab Mai 2010 war das Gebäude des MVZ bezugsfertig.
Nachdem der Zulassungsausschuss von diesem Sachverhalt Kenntnis erhalten hatte, entzog er dem MVZ mit Bescheid vom 10.05.2010 die Zulassung mit sofortiger Wirkung, da das MVZ seine Tätigkeit nicht nach § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV innerhalb von 3 Monaten nach der Zulassung aufgenommen habe. Der Widerspruch blieb erfolglos, der Berufungsausschuss bestätigte hilfsweise die Entziehung der Zulassung. Die Klage vor dem Sozialgericht wurde abgewiesen. Das Bundessozialgericht hob die Entscheidung des Landessozialgerichts, das den Zulassungsentzug als rechtswidrig ansah, auf. In seinen Entscheidungsgründen wies das BSG darauf hin: wenn die Zulassung nicht bereits kraft Gesetzes nach § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV entfallen wäre, so wäre sie aufgrund der Entziehung beendet. Die Beschwerdeführerin habe ihre Pflichten gröblich verletzt, indem sie über einen Zeitraum von ca. 1 ½ Jahren Leistungen einer Einrichtung abgerechnet habe, die tatsächlich nicht existiert habe. Auch auf konkrete Nachfrage seien die KV und der Zulassungsausschuss durch die Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin getäuscht worden.
Das Bundesverfassungsgericht entschied nun mit Urteil vom 26.09.2016 (Az. 1 BvR 1326/15), dass § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes verstößt und somit nichtig ist. Der Normgeber des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV habe mit dieser Regelung seine durch § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingeräumte Ermächtigungskompetenz überschritten. § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV sei nicht nur als Regelung „des Näheren“ der bereits im SGB V vorhandenen Bestimmungen zu qualifizieren, sondern bereits als selbständiger Zulassungsbeendigungstatbestand. In der angegriffenen Entscheidung hätte § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden dürfen.
Die Frage, ob die Zulassungsentziehung auf Grundlage des § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletze, wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Das Bundesverfassungsgericht wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine nicht verfassungsrechtlich zu überprüfende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch die Ausgangsgerichte handelt. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts, das Urteil des Sozialgerichts sowie der Bescheid des Berufungsausschusses wurden in diesem Umfang aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Bundessozialgericht verwiesen.
Daniela Groove, Rechtsanwältin bei Ecovis in München, daniela.groove@ecovis.com

Das Wichtigste für Heilberufler aus Steuern und Recht - jetzt anmelden!