Freiberuflich oder gewerblich: Keine leichte Sache

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München – Ambulante Pflegedienste bieten eine breite Dienstleistungspalette an. Da ist die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Einkunftsarten nicht immer leicht.

Die Zahl der ambulanten Pflegedienste steigt stetig an und die Vielfältigkeit der Leistungen zieht immer häufiger die Frage nach der steuerlichen Einordnung der einzelnen Tätigkeiten nach sich. Neben medizinisch-pflegerischen Leistungen werden in der Regel auch Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung und weitere Services erbracht. Wann sind Leistungen eines Pflegedienstes nun als freiberuflich und wann als gewerblich einzustufen mit der Folge, dass dann möglicherweise Gewerbesteuer gezahlt werden muss?

Die Tätigkeit eines Pflegedienstes fällt unter keinen der im Einkommensteuergesetz genannten Katalogberufe, die bereits per Gesetz als freiberuflich einzustufen sind. Nur bei einer Zuordnung als eine „ähnliche heilberufliche“ Tätigkeit käme die Freiberuflichkeit in Betracht. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD) hat in einem Schreiben im April 2015 hierzu Stellung genommen und die geltenden Grundsätze noch einmal ausführlich dargelegt. „Eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn sie in ihren wesentlichen Merkmalen mit einem Katalogberuf verglichen werden kann“, kommentiert Annette Bettker, Steuerberaterin, das Schreiben der OFD. Dabei wird nur auf diejenigen Katalogberufe abgestellt, die eine heilberufliche Tätigkeit beinhalten, wie die der Ärzte, Heilpraktiker und Krankengymnasten.

Die wesentlichen Merkmale im Vergleich zum Katalogberuf

  1. Vergleichbarkeit der Ausbildung und der Bedingungen, an die das Gesetz die Berufsausübung knüpft

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) führte bereits 2004 aus, dass die Ausbildung mit einem der heilberuflichen Katalogberufe vergleichbar ist, wenn sie als mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung aufgrund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird. Grundsätzlich müssen vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung, Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung vorliegen. Die fehlende abschließende staatliche Erlaubnis kann durch Zulassungserteilung oder durch ein Gutachten, welches die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit mit den Erfordernissen der Krankenkassen für eine Zulassung als vergleichbar nachweist, ersetzt werden. „Das BMF hat zudem festgestellt, dass das Führen der Berufsbezeichnungen Kranken- oder Altenpfleger bzw. Krankenschwester oder Altenpflegerin bereits die Voraussetzungen für eine freiberufliche Tätigkeit erfüllt“, sagt Annette Bettker. Nicht als Freiberufler anerkannt sind dagegen Kranken und Altenpflegehelfer.

  1. Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit

Durch die Pflegedienste werden insbesondere Leistungen in zwei Tätigkeitsfeldern erbracht: • Leistungen der häuslichen Krankenpflege (im Sinne von Paragraph 37 SGB V): Hierzu zählt die Behandlungspflege, die als medizinische Hilfeleistung unter Verantwortung eines Arztes erbracht wird. • Leistungen der häuslichen Pflegehilfe (im Sinne von Paragraph 36 SGB XI): Hierunter ist die hauswirtschaftliche Versorgung – Hilfeleistungen für gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Alltagsverrichtungen – ebenso zu zählen wie die Gesundheitsvorsorge und das Aufrechterhalten der Vitalfunktionen.

Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden als freiberuflich eingestuft, da sie der Tätigkeit eines Krankengymnasten vergleichbar sind. Die Leistungen im Rahmen der häuslichen Pflegehilfe werden als gewerbliche Tätigkeit eingestuft; hier fehlt die Vergleichbarkeit mit einem Katalogberuf.

Steuerliche Zuordnung

Die unterschiedliche steuerliche Zuordnung der Leistungen verlangt, dass bei der Erbringung beider Leistungen (gemischte Tätigkeit) eine Trennung erfolgen muss. „Da beide Tätigkeiten regelmäßig unabhängig voneinander erbracht werden und zudem eine unterschiedliche Finanzierung der Leistungen – häusliche Krankenpflege finanziert die Krankenkasse, häusliche Pflegeleistungen die Pflegeversicherung – erfolgt, ist in der Regel eine Trennung der Tätigkeiten anhand der gesetzlichen Leistungsgrundlage möglich“, erklärt Ayla Yagci, Steuerberaterin. Überwiegt jedoch eine Tätigkeit dermaßen, dass die andere sich lediglich als Ausfluss dieser Haupttätigkeit darstellt, oder wird ein einheitlicher Erfolg geschuldet, erfolgt keine Trennung der erbrachten Leistungen. Nur die Haupttätigkeit gibt dann die steuerliche Zuordnung vor.

Werden durch den Pflegedienst vorgebildete qualifizierte Fachkräfte beschäftigt, ist dies grundsätzlich nicht schädlich für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit, sofern der selbstständige Berufsträger weiterhin eigenverantwortlich und aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend tätig ist und maßgeblich auf die Pflegetätigkeit der Mitarbeiter bei jedem einzelnen Patienten Einfluss nimmt. Es reicht aus, wenn er dies durch regelmäßige und eingehende Kontrollen praktiziert. „Die bloße Erstaufnahme des Patienten und die persönliche Pflegearbeit, die nur in Urlaubs- oder Krankenzeiten der Mitarbeiter durch den Berufsträger erbracht wird, stehen einer freiberuflichen Tätigkeit entgegen“, sagt Steuerberater Michael Dirnberger.

Bei einem ambulanten Pflegedienst in der Rechtsform einer Personenvereinigung müssen für die Anerkennung einer freiberuflichen Tätigkeit zudem alle Gesellschafter die Merkmale eines Freiberuflers erfüllen. Trifft dies nicht zu oder wird durch die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, „infiziert“ dies die gesamte Tätigkeit als gewerblich.

Aus der Zuordnung von Tätigkeiten als gewerblich folgt jedoch nicht unmittelbar eine Gewerbesteuerpflicht. Im Gewerbesteuergesetz hat der Gesetzgeber nämlich eine Gewerbesteuerfreiheit für ambulante Pflegedienste vorgesehen. Danach ist ein Pflegedienst von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Pflegefälle ganz oder überwiegend von den Trägern der gesetzliche Sozialversicherung oder der Sozialhilfe getragen werden. Die Gewerbesteuerbefreiung gilt sowohl für Einzelunternehmen und Personenvereinigungen als auch für GmbHs, die kraft ihrer Rechtsform bereits als Gewerbebetrieb einzustufen sind.