Kein Kurzarbeitergeld für Arztpraxen?
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Kein Kurzarbeitergeld für Arztpraxen?

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Kassenärzte sollen vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen werden – so die Bundesagentur für Arbeit. Wie Arztpraxen nun dagegen vorgehen sollten.

Vertragsarztpraxen sollen aufgrund einer internen Weisung der Bundesagentur für Arbeit (BA) grundsätzlich kein Kurzarbeitergeld erhalten, auch wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung am 27.4.2020 hingewiesen.

So begründet dies die BA: Kassenärzte erhalten über das Corona-Hilfspaket eine Entschädigung, die wie eine Betriebsausfallversicherung den Entgeltausfall ausgleicht. Damit würde eine zwingende Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld wegfallen.

Zwei Tatsachen ignoriert die BA dabei:

1. Der Corona-Rettungsschirm der Gesetzlichen Krankenkassen gleicht den Einnahmenrückgang aufgrund der Corona-Krise nicht annähernd aus. Er betrifft nur die extrabudgetären Leistungen, die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz 2019 eingeführt wurden. „Es handelt sich dabei um eine ,Kann-Vorschrift‘. Deshalb ist ohnehin noch nicht sicher, ob dieser Ausgleich erfolgt“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Tim Müller aus München.

Fehlende Privatliquidationen lassen sich darüber hinaus gar nicht ausgleichen. Ob und in welchem Umfang die Kassen die Einnahmeverluste aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) ausgleichen, ist unklar. Eine Voraussetzung hierfür wird wohl ein Fallzahlrückgang in einem Umfang sein, der die Fortführung der Praxis gefährdet. „Von einer Betriebsausfallversicherung kann jedenfalls keine Rede sein“, so Müller.

2. Die Systematik des Gesetzes ist eine andere: ,Die Ausgleichszahlung ist in der Höhe zu mindern, in der der vertragsärztliche Leistungserbringer Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erhält.‘ So steht es im neu eingeführten Absatz des Sozialgesetzbuchs (3b des § 87a SGB V). „Der Ausgleich aus dem GKV-Rettungsschirm wäre also um ein gezahltes Kurzarbeitergeld zu reduzieren, nicht umgekehrt“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Axel Keller aus Rostock.

Was betroffene Ärzte jetzt tun können

  • Vertragsarztpraxen und MVZ, die aufgrund der Corona-Krise in eine Schieflage geraten, sollten Kurzarbeit in Erwägung ziehen. Die interne Weisung der BA, Vertragsarztpraxen hier grundsätzlich auszuschließen, wird gerichtlich überprüft werden müssen.
  • Beantragen Sie, wenn die Voraussetzung vorliegen, rechtzeitig Kurzarbeitergeld. Rückwirkend werden Sie in aller Regel keine Bewilligung bekommen.
  • Legen Sie gegen einen ablehnenden Bescheid fristgerecht Rechtsmittel ein. „Wir von Ecovis helfen Ihnen dabei“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Keller.
  • Dokumentieren Sie bereits jetzt den Rückgang Ihrer Fallzahlen sauber, damit Sie bei Ausgleich der MGV nicht leer ausgehen.

Die BA erfasst mit ihrer Weisung nicht reine Privatpraxen. „Diese können Kurzarbeitergeld beantragen, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen“, erläutert Müller.

Axel Keller, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock und

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München

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