Jetzt doch Kurzarbeitergeld für Vertragsärzte!
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Jetzt doch Kurzarbeitergeld für Vertragsärzte!

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Der Druck war zu groß. Die Bundesagentur für Arbeit rudert zurück und nutzt jetzt eine neue Weisung bezüglich Kurzarbeitergeldes für Arztpraxen. Was jetzt gilt, auch für Zahnärzte, lesen Sie hier.

Zum Hintergrund

Vor nicht einmal zwei Wochen hat die Bundesagentur für Arbeit für Empörung unter Vertragsärzten gesorgt: Sie entschied in einer internen Weisung, dass es für Vertragsarztpraxen kein Kurzarbeitergeld geben soll. Als Grund nannte sie, dass Ärzte schon Entschädigungszahlungen erhalten im Rahmen des ersten COVID19-Gesetzespakets vom 27.03.2020 und zusätzlich mit Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 30.04.

Doch! Es kann ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld bestehen

Nach Protesten der Berufsverbände und Ärzteschaft geriet die Bundesagentur für Arbeit unter Druck und hat erneut eine Weisung am 07.05.2020 herausgegeben. In dieser stellt sie klar, dass für Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die versicherungspflichtige Arbeitnehmer in ihren Praxen beschäftigen (wie medizinische Fachangestellte) einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Dafür muss ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen eines unabwendbaren Ereignisses vorliegen und die weiteren Voraussetzungen des § 95 ff. SGB III erfüllt sein.

Das betrifft insbesondere:

  • Vertragsärzte (Allgemeinmediziner, Fachärzte, Psychotherapeuten)
  • Vertragszahnärzte (siehe nachstehend)
  • Krankenhäuser (siehe nachstehend)
  • Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen
  • Apotheken
  • Leistungserbringer von Heil- und Hilfsmitteln (wie Physio- oder Ergotherapeuten, Orthopädieschuhmacher)
  • sonstige Leistungserbringer (wie Haushaltshilfen, Soziotherapie)

Alle Anträge sind nun im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden.

Wie kommt es zu dem Sinneswandel?

Unter den vom Bundestag beschlossenen vertragsärztlichen Schutzschirm soll nur ein recht überschaubarer Teil der Umsätze aus der Tätigkeit innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fallen. Die Einnahmeausfälle aus der privaten Krankenversicherung kompensiert der GKV-Schutzschirm nicht, obwohl diese Leistungen in vielen Praxen durchaus einen großen Anteil ausmachen. Sollte eine Praxis aufgrund ausbleibender Patienten existenzbedrohende Umsatzeinbußen erleiden, kommt daher Kurzarbeitergeld künftig doch in Betracht.

Auch Zahnärzte bekommen Kurzarbeitergeld

Die Zahnärzte sind sich nicht unter dem Schutzschirm für das Gesundheitswesen. Für sie gibt es lediglich einen Kredit, der als kurzfristige Liquiditätsreserve wieder vollständig zurückgezahlt werden muss. Danach erhalten Zahnärzte wegen der Einnahmeausfälle zunächst 90 Prozent der Vergütung aus dem letzten Jahr. Allerdings müssen sie die Überzahlung in 2020 in den Jahren 2021 und 2020 komplett zurückerstatten. Anders als Krankenhäuser oder Vertragsärzte erhalten Zahnärzte keine Entschädigung im Rahmen des COVID-19 Rettungsschirms. Dennoch verweigerten ihnen einige Agenturen der Bundesanstalt für Arbeit den Bezug von Kurzarbeitergeld.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßt die Kehrtwende der Bundesagentur für Arbeit, die nun die gleichzeitige Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld und des zinslosen Kredits gestattet.

Krankenhäuser bekommen kein Kurzarbeitergeld

Weiterhin keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld sollen Krankenhäuser zunächst für die Zeit vom 16.03. bis 30.09.2020 haben. Das COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz sieht solch umfangreiche Ausgleichsleistungen für Krankenhäuser zur Deckung der Personal- und Sachkosten vor, sodass die Abrechnungen von Kurzarbeitergeld von Krankenhäusern weiterhin abzulehnen sind.

„Reine Privatkliniken haben hingegen keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen und können, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, Kurzarbeitergeld erhalten“, so Ecovis-Rechtsanwalt Tim Müller aus München.

Theresa Günther, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen bei Ecovis in München

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München

Weitere Informationen finden Sie hier: Weisung Bundesagentur für Arbeit vom 07.05.2020

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