Wer haftet bei zwei Haftpflichtversicherungen?

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Ist ein Honorararzt sowohl über das Krankenhaus als auch über seine eigene Berufshaftpflicht versichert, dann kann die Versicherung des Krankenhauses im Haftungsfall nicht die Hälfte des Geldes vom Honorararzt einfordern. Die Versicherungen müssen untereinander einen Ausgleich vereinbaren.

Ein Arzt mit zwei Haftpflichtversicherungen

Ein Neurochirurg praktiziert sowohl als niedergelassener Facharzt in seiner eigenen Praxis als auch als Honorararzt in einem Krankenhaus. Im Honorararztvertrag war geregelt, dass sich die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses auf die im Rahmen des Honorararztverhältnisses zu erbringenden ärztlichen Leistungen des Arztes erstreckt. Für seine Tätigkeit als niedergelassener Arzt hat der Honorararzt ebenfalls eine Haftpflichtversicherung.

Der Fall: Wer zahlt?

Im Oktober 2009 stellte sich ein Patient wegen seit Jahren andauernder Rückenschmerzen in der Praxis des Beklagten vor. Der Arzt riet dem Patient zur Operation. Die Operation führte der Arzt im Krankenhaus durch. Dabei kam es zu Komplikationen (Dislokation der eingesetzten Cages), weshalb eine Revisions-Operation vorgenommen wurde. Diese blieb erfolglos. Es kam zu einer weiteren Revisions-Operation und weiteren stationären Maßnahmen. Der Patient blieb dauerhaft geschädigt. Ein Schlichtungsverfahren kam zu dem Ergebnis, dass die Operation nicht oder nur relativ indiziert gewesen und die Revisions-Operation nicht fachgerecht durchgeführt worden sei. Die Versicherungsgesellschaft des Krankenhauses zahlte dem Patienten daraufhin 170.000 Euro, die Anwaltskosten sowie weitere 24.500 Euro an die Krankenkasse. Diese Beträge nebst Zinsen verlangt nun die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses ihrerseits zur Hälfte von dem Honorararzt.

Das entschied das Gericht

Laut Bundesgerichtshof haften das Krankenhaus und der Honorararzt als Gesamtschuldner. Allerdings steht dem Krankenhaus gegen seinen Honorararzt kein Ersatzanspruch zu, der auf die Versicherungsgesellschaft übergegangen sein könnte  (Urteil  vom 11.05.2018, VI ZR 151/17). Für den Innenausgleich zwischen dem Krankenhaus und dem Honorararzt gilt zwar laut Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB) eine hälftige Verpflichtung, aber nur soweit nichts anderes bestimmt ist. Im vorliegenden Honorararztvertrag war aber etwas „anderes“ bestimmt: Bei einer ärztlichen Pflichtverletzung im Rahmen des Honorararztverhältnisses wurde dem Arzt Haftpflichtschutz gegen Ansprüche von Patienten aus einer zivilrechtlichen Haftung zugesagt, ohne dass ein Rückgriff vorbehalten wäre.
Das Gericht wies weiter darauf hin, dass hier eine Mehrfachversicherung vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn das behauptete Behandlungsverschulden des Beklagten im Rahmen seiner bei einer Versicherungsgesellschaft versichertenniedergelassenen Tätigkeit erfolgt und dieser Tätigkeit auch haftungsrechtlich zuzuordnen ist.

Das rät die Ecovis-Expertin

Ist das identische Interesse gegen die identische Gefahr mehrfach haftpflichtversichert, liegt ein Fall vor, der zu einem Innenausgleich zwischen den Haftpflichtversicherern führt (Versicherungsvertragsgesetz § 78 Abs. 1 Alt.2). „Dies gilt auch dann, wenn sich die Mehrfachversicherung nur für eine Schnittmenge bestimmter Tätigkeiten ergebe. Hier ist es die ambulante Vorbereitung der Operation für die spätere stationäre Behandlung“ sagt Daniela Groove, Rechtsanwältin bei Ecovis München. Ein Innenausgleich hat Vorrang vor einer Regressforderung gegenüber dem haftpflichtversicherten Arzt.
Die Versicherungsgesellschaften müssen nunmehr ihre Ansprüche zunächst im Innenverhältnis regeln.
Daniela Groove, Rechtsanwältin bei Ecovis München

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