Falsch gezahlte Umsatzsteuer lässt sich zurückholen
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Falsch gezahlte Umsatzsteuer lässt sich zurückholen

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Zu Unrecht für die Herstellung von Zytostatika gezahlte Umsatzsteuer lässt sich unter Umständen teilweise zurückfordern. Das entschied der Bundesgerichtshof.

Hintergrund

Zytostatika, die individuell für die Chemotherapie eines Patienten hergestellt werden, sind steuerfrei. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) 2014. Das Bundesfinanzministerium folgte dieser Auffassung. Es ergänzte in einem Schreiben von 2016, dass sich Rechnungen mit falschem Umsatzsteuerausweis berichtigen lassen, wenn sie gleichzeitig den Vorsteuerabzug ausschließen.

Sachverhalt

Private Krankenversicherungen forderten in vier Fällen Rückzahlungen. Die beklagten Krankenhausträger hatten ihren Patienten 2012 und 2013 Rechnungen mit gesondert ausgewiesener oder eingeschlossener Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent gestellt. Die Patienten bezahlten die Rechnungen und bekamen die Umsatzsteuer von den privaten Krankenversicherern ganz oder teilweise erstattet.
Die Finanzverwaltung ging von einer Umsatzsteuerpflicht aus. Die beklagten Krankenhausträger führten demnach die Umsatzsteuer entsprechend ab.
Die jeweiligen Berufungsgerichte gelangten mit verschiedenen Begründungen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Alle bezogen sich aber auf die jeweiligen vertraglichen Preisabreden der Vertragspartner.

Die Entscheidung des Gerichts

Laut Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind die jeweils betroffenen Vereinbarungen zwischen Patient und Krankenhausträger als Bruttopreisabrede einzuordnen. Demnach stellt die eingeschlossene, tatsächlich aber nicht angefallene Umsatzsteuer einen unselbstständigen und folglich grundsätzlich nicht rückforderbaren Vergütungsbestandteil dar. Im Hinblick auf das BFH-Urteil aus 2014 und das begleitende BMF-Schreiben aus 2016 steht dies einer (teilweisen) Rückforderung des gezahlten Umsatzsteueranteils nicht entgegen.
Die Betroffenen müssen bei einer ergänzenden Vertragsauslegung prüfen, welcher Preis von den Vertragsparteien bei Kenntnis der Rechtsentwicklung vereinbart worden wäre. Wegen des wegfallenden Vorsteuerabzugs für zugekaufte Rohstoffe dürfte dieser fiktive Preis höher sein als der reine Nettopreis.
Der Bundesgerichtshof verwies die Fälle an die Berufungsgerichte zurück. Diese haben nun zu prüfen, ob und in welcher Höhe die Krankenhausträger Vorsteuer abgezogen haben (20. Februar 2019, VIII ZR 115/18, VIII ZR 66/18, VIII ZR 7/18).

Praxishinweise

In der Praxis können aufgrund der unterschiedlichen Behandlung von Vorsteuer und Umsatzsteuer finanzielle Nachteile für die Krankenhausträger entstehen.
Sofern die Krankenhausträger Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer gestellt haben, mussten sie diesen Umsatzsteuerbetrag dem Finanzamt tatsächlich zahlen (gemäß § 14c (1) 2 UStG). Folglich sind diese abgeführten Beträge bis zur Rechnungskorrektur und Berichtigung des Steuerbetrages gegenüber dem zuständigen Finanzamt nicht zugunsten der Krankenhausträger zu verzinsen.
Anders verhält es sich mit den zu Unrecht abgezogenen Vorsteuerbeträgen für die zur Herstellung der Arzneien zugekauften Rohstoffe. Diese Vorsteuerbeträge wären nach strikter Anwendung der Zinsvorschriften (§§ 233a, 238 AO) bereits ab 15 Monaten nach Entstehung der Steuer zu verzinsen.
Diese Ungleichbehandlung könnte allerdings der ergänzenden Vertragsauslegung entgegenstehen. „Hätten die Vertragsparteien dies gewusst, hätten sie wahrscheinlich keine abweichenden Preisvereinbarungen getroffen“, sagt Cirsten Schulz, Steuerberaterin bei Ecovis in Potsdam.
Die Berufungsgerichte müssen nun klären, ob und in welcher Höhe die zuständigen Finanzämter Nachzahlungszinsen erheben werden und ob so die ergänzende Vertragsauslegung und damit ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch der Patienten ausgeschlossen werde.
Cirsten Schulz, Steuerberaterin bei Ecovis in Potsdam

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