Fahrdienste für gemeinnützige Pflegeeinrichtungen sind steuerfrei
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Fahrdienste für gemeinnützige Pflegeeinrichtungen sind steuerfrei

3 min.

Fahrerinnen und Fahrer von teilstationären Tagespflegeeinrichtungen können sich nebenbei steuerfrei etwas hinzuverdienen.

Hintergrund

Einnahmen aus

  • nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder einer vergleichbaren Tätigkeit,
  • nebenberuflicher künstlerischer Tätigkeit oder
  • der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen

im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) sind bis zu 2.400 Euro steuerfrei (§ 3 Nr. 26 Satz 1 EStG).

Sachverhalt

Eine Gesellschaft betrieb ein Seniorenzentrum mit vollstationärer Dauer- und Kurzzeitpflege sowie betreutem Wohnen, einem ambulanten Pflegedienst und teilstationärer Tagespflege. Die Gesellschaft war als gemeinnützige Einrichtung von der Körperschaftsteuer befreit (§ 5 Nr. 9 KStG). Für die Tagespflege holten Mitarbeiter des Seniorenzentrums die Pflegebedürftigen mit Kleinbussen von der Wohnung ab, fuhren sie zur Einrichtung und abends wieder zurück nach Hause. Die Fahrer halfen den Pflegebedürftigen auch beim Setzen in den Rollstuhl, bei der Versorgung mit Sauerstoffgeräten und beim Anschnallen im Bus. Dafür erhielten sie jeweils eine Aufwandsentschädigung von unter 2.400 Euro, die sie nicht versteuern mussten.
Nach Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung war das Finanzamt der Auffassung, dass die Fahrtätigkeit nicht steuerfrei sei, da kein direkter pädagogisch ausgerichteter persönlicher Kontakt zu den betreuten Menschen bestand. Bei einer Ein-Mann-Besetzung sei während der Fahrt keine Betreuung möglich, da sich der Fahrer voll auf die Fahrtätigkeit konzentrieren müsse.

Entscheidung

Die Richter des Finanzgerichts Baden-Württemberg sahen im Fahrdienst eine steuerfreie Leistung (§ 3 Nr. 26 EStG).
Im Sozialrecht gelten Mobilität ebenso wie Körperpflege, Ernährung oder hauswirtschaftliche Versorgung als Leistungen, für die pflegebedürftige Menschen Hilfe brauchen. Die Leistungen der teilstationären Pflege umfassen auch die Beförderung der Pflegebedürftigen von der Wohnung zu Einrichtungen der Tagespflege und zurück. Damit sind die Beförderungskosten regelmäßig Bestandteil des Pflegesatzes (Urteil vom 08.03.2018, Az. 3 K 888/16).
Zweifelsohne haben die Fahrer des Hol- und Bringdienstes einen unmittelbaren und persönlichen Kontakt zu den Gästen. Sie helfen ihnen beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung, beim Ein- und Ausstieg in den Transporter und führen damit Tätigkeiten aus, die im Sozialrecht genannt sind. Während der Fahrt „betreuen” die Fahrer die Gäste jedenfalls in dem Sinne, dass sie die Verantwortung für eine sichere Beförderung tragen und sich um auftretende Probleme kümmern. Pflege verlangt keine Intensität der Betreuung im Sinne einer Einflussnahme auf die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der gepflegten Person.

Das bedeutet das Urteil für Sie

Mit der Steuerbefreiung von gemeinnützigen Nebentätigkeiten wollte der Gesetzgeber vor allem seine Wertschätzung ausdrücken. Außerdem sollte es noch mehr Menschen motivieren, sich ehrenamtlich in der Pflege zu engagieren. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof der gleichen Meinung ist (Revision ist eingelegt, Az. VI R 9/18). „In Anbetracht der angespannten Arbeitskräftesituation in allen Tätigkeiten rund um die Pflege wäre eine höchstrichterliche Bestätigung der Steuerfreiheit dieser Tätigkeiten einfach wunderbar und würde vielleicht noch mehr Menschen dazu motivieren, sich in der Pflege zu engagieren“, sagt Jana Böttcher, Steuerberaterin bei Ecovis in Lugau.
Jana Böttcher, Steuerberaterin bei Ecovis in Lugau

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