Erbe muss für Steuerschuld aus dem Nachlass eines Arztes zahlen
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Erbe muss für Steuerschuld aus dem Nachlass eines Arztes zahlen

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Erben haften mit ihrem gesamten Vermögen für Steuerschulden aus dem Verkauf einer geerbten Arztpraxis. Dies gilt auch, wenn sie die Praxis nicht fortführen können, weil sie keine Zulassung haben.

Wofür Erben haften

Erbfallschulden sind Nachlassverbindlichkeiten, die Erben treffen können, wenn Angehörige sterben und der Erbfall eintritt. Für die Nachlassverbindlichkeiten haftet der Erbe unbeschränkt, also mit dem Nachlass und seinem Privatvermögen. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, die Haftung gegenüber den Gläubigern auf das Vermögen des Nachlasses zu beschränken. Dann muss der Erbe die Forderungen der Nachlassgläubiger nicht selbst zahlen.

Der Fall: Der Erbe verkauft die Arztpraxis

Der Kläger erbte vom Verstorbenen eine Pathologie. Der Erbe selbst war jedoch kein zugelassener Arzt und verfügte auch nicht über die erforderliche persönliche Qualifikation, die Praxis fortzuführen. Deshalb verkaufte er die Pathologie. Das Amtsgericht eröffnete anschließend das Insolvenzverfahren über den Nachlass.
Gleichzeitig leitete das Finanzamt eine Zwangsvollstreckung ein, um die rückständigen Steuerschulden zu begleichen. Außerdem erließ es verschiedene Pfändungs- und Einziehungsverfügungen. Dagegen wehrte sich der Kläger. Seine Begründung: Die Zwangsvollstreckung wegen der Steuer aus dem Veräußerungsgewinn in das Eigenvermögen des Klägers sei unzulässig. Die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn beträfe den Nachlass; es handele sich um Erbfallschulden und diese seien nicht von ihm persönlich zu zahlen.

Urteil: Der Erbe haftet mit seinem gesamten Vermögen

Das Finanzgericht Münster war anderer Meinung: Es entschied gegen den Kläger (Urteil vom 24.09.2019, Az. 12 K 2262/16). Die Eigenschulden seien von Nachlassverbindlichkeiten des Erben zu unterscheiden. Für Eigenschulden haftet der Erbe mit seinem gesamten Vermögen, weil er sie durch sein eigenes Verhalten verursacht hat. Nur Schulden des Erblassers gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Senat kam zu dem Schluss, dass der Verkauf der Pathologie eigenes Verhalten des Klägers darstellt. Dies führte zu einer Eigenschuld des Klägers, für die die Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf den Nachlass nicht gilt.
Das Finanzgericht weist darauf hin, dass der Kläger die Pathologie nicht zwingend hätte verkaufen müssen. Er hätte für die Pathologie auch eine Betriebsaufgabe erklären oder den Betrieb allmählich abwickeln können. Dass alle Handlungsoptionen eine Einkommensteuerschuld ausgelöst hätten, sei unerheblich, denn die steuerlichen Folgen wären jeweils unterschiedlich gewesen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Versteuerung eines Praxiswerts, der immer Teil des Kaufpreises ist.

Der Bundesfinanzhof hat das letzte Wort

Das Gericht ließ die Revision zu. Nun muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob der Erbe die Steuerschuld aus dem Verkauf der geerbten Pathologie aus seinem Privatvermögen begleichen muss oder dem Nachlass zuordnen kann. „Bisher ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob dabei der berufsrechtliche Zwang zum Verkauf oder zur Aufgabe einer geerbten Praxis eine Rolle spielt“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Rita Kuhn aus Schweinfurt.
Rita Kuhn, Steuerberaterin und Fachberaterin Gesundheitswesen bei Ecovis in Schweinfurt

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