Einkünfte verschiedener Heilhilfsberufe können umsatz- und gewerbesteuerfrei sein
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Einkünfte verschiedener Heilhilfsberufe können umsatz- und gewerbesteuerfrei sein

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Der Abschluss eines Vertrages über Integrierte Versorgung zwischen einem Berufsverband und gesetzlichen Krankenkassen kann zu Umsatzsteuerbefreiung und Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit mit Gewerbesteuerfreiheit führen. Für die Leistungserbringer ist das attraktiv, doch sie müssen einiges beachten.

Hintergrund

Einnahmen aus einer freiberuflichen Tätigkeit sind in Deutschland grundsätzlich gewerbesteuerfrei. Dieses Privileg haben auch Berufe, die einem der freien Berufe, wie dem des Arztes, Heilpraktikers oder Krankengymnasten ähnlich sind (§ 18 EStG).
Auch die Umsatzsteuer kennt eine Steuerbefreiung für bestimmte Heilberufe wie Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten oder Hebammen (Katalogberufe). Nur eine dem Katalogberuf sehr ähnliche Tätigkeit kann steuerfrei sein, wenn berufliche Befähigungsnachweise erbracht wurden und ein Arzt die Leistungen verordnet hat (§ 4 Nr. 14 Buchst. a) UStG).
Durch Integrierte Versorgung (§ 140a SGB V) will der Gesetzgeber Haus- und Fachärzte, Krankenhäuser und Vorsorge- und Reha-Kliniken so vernetzen, dass alle miteinander kooperieren und Wissen untereinander austauschen können. So lassen sich Patienten effizienter behandeln und Kosten senken.

Sachverhalt

Eine Heileurythmistin war Mitglied des Berufsverbandes Heileurythmie e.V., der mit gesetzlichen Krankenkassen Verträge zur Durchführung Integrierter Versorgung schloss. Auf Grundlage dieser Verträge übernahmen die Krankenkassen die Therapiekosten. Das Finanzamt verlangte für die Einkünfte und Umsätze aus dieser Tätigkeit Gewerbe- und Umsatzsteuer. Die Heileurythmistin war jedoch der Überzeugung, dass sie eine freiberufliche Tätigkeit ausübte. Da sie sämtliche Leistungen aufgrund ärztlicher Verordnungen erbrachte, ging sie auch von einer Umsatzsteuerfreiheit aus.

Urteil des Bundesfinanzhofs

Entgegen der Auffassung des Finanzamts war die Tätigkeit der Heileurythmistin nach Auffassung des Bundesfinanzhofs als freiberuflich zu qualifizieren (Urteil vom 20.11.2018, Az. VIII R 26/15). Ihre Teilnahme an dem Programm zur Integrierten Versorgung über den Berufsverband stellte ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten/Physiotherapeuten ähnlichen Tätigkeit dar. Folgende Argumente überzeugten den Senat:

  1. Die Ausbildung und Eignung der Therapeutin musste der Berufsverband überprüfen, anerkennen und zulassen.
  2. Erforderlich für das Therapieverfahren war eine ärztliche Anordnung, wobei die Krankenkasse die Erstverordnung des Vertragsarztes genehmigen musste.
  3. Die Durchführung der Behandlung durfte nur von qualifizierten Therapeuten und in entsprechend zugelassenen Praxen erfolgen.

 
Die Entscheidung des Senats entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Befreiung der Umsätze der Heileurythmistin von der Umsatzsteuer (Urteil vom 26.07.2017, Az. XI R 3/15). Der berufliche Befähigungsnachweis ergab sich auch hier aus der Zulassung der Heileurythmistin zur Teilnahme an den Verträgen zur Integrierten Versorgung.

Das bedeutet das Urteil für Heilberufler

„Dieser Fall scheint zwar etwas speziell anzumuten, hat jedoch allgemeine Aussagekraft für alle Heilhilfsberufe, die über das Modell der Integrierten Versorgung von gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung gegenüber den Patienten zugelassen sind“, sagt Oliver Braun, Steuerberater bei Ecovis in Grafing. „Stimmen die Kriterien, dann ist die Befreiung von Umsatz- und Gewerbesteuer für die Freiberufler natürlich sehr attraktiv.“
Oliver Braun, Steuerberater bei Ecovis in Grafing

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