Bundessozialgericht erteilt Streikrecht für Vertragsärzte eine Absage

2 min.

München – Das BSG in Kassel hat am Mittwoch, den 30.11.2016 die Klage eines Vertragsarztes, der 2012 seine Hausarztpraxis während der Sprechstundenzeit geschlossen hatte um an einem vertragsärztlichen Warnstreik teilzunehmen, abgewiesen. Die zuständige KV hatte ihm damals einen disziplinarischen Verweis erteilt, gegen den der Arzt in der Folge Klage erhoben hatte. Nach Auffassung des 6. Senats zurecht: Der Kläger sei nach § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV verpflichtet, seine Sprechstunde in der Praxis zu halten, eine Entbindung von dieser Pflicht komme nur in den in dieser Verordnung geregelten Fällen in Frage – ein Streik gehöre nicht dazu.
Auch aus der Koalitionsfreiheit des Artikel 9 Grundgesetz sowie Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention könne er kein Streikrecht herleiten – die Gesamtkonzeption des Vertragsarztrechtes mit seinem Kollektivvertragssystem schlössen „Arbeitskampfmaßnahmen“ aus, der Gesetzgeber habe mit der Einführung von Schiedsämtern, deren Entscheidungen gerichtlich überprüfbar seien, die Mittel des Interessenausgleichs zwischen Krankenkassen und KVen abschließend geregelt.
Der Kläger will gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde einlegen. Eine weitere Möglichkeit ist die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – der hat  Art. 11 MRK bislang so interpretiert, dass dieser ein Recht auf Tarifverhandlungen und ein daran anknüpfendes Streikrecht beinhaltet, das nur für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei und der hoheitlichen Staatsverwaltung generell ausgeschlossen werden kann.
Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München, tim.mueller@ecovis.com

Das Wichtigste für Heilberufler aus Steuern und Recht - jetzt anmelden!