Pflegekräfte in der Eingliederungshilfe sind umsatzsteuerbefreit

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Der Bundesfinanzhof hat jetzt klargestellt, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe, die eine Pflegekraft für einen gemeinnützigen Verein erbringt, umsatzsteuerfrei sind, wenn ein Sozialversicherungsträger dafür bezahlt.
Geklagt hatte ein Mitglied eines Vereins, der wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftsteuer befreit war. Der Verein schloss mit dem Landschaftsverband und mit der Stadt eine Vereinbarung für die Wohnbetreuung schwerstbehinderter Menschen. Die Mitglieder, die keine vertraglichen Vereinbarungen mit den Betreuten hatten, erbrachten Dienstleistungen für einen individuellen Service für Menschen mit Behinderungen (ISB). Der Kläger war keine ausgebildete Pflegefachkraft und rechnete seine Leistungen der Eingliederungshilfe (EGH) und der Teilnahme an ISB-Fahrten an den Verein ab. Der Kläger wurde sozusagen aufgrund des Vertrags zwischen dem Verein und den Betreuten tätig. Der Verein wiederum stellte die vom Kläger ausgeführten Leistungen den Sozialversicherungsträgern in Rechnung.
Das Finanzamt betrachtete die Leistungen des Kläger an den Verein als umsatzsteuerpflichtig und nicht als steuerbefreit nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. oder nach § 4 Nr. 18 UStG. Doch der BFH wies die Revision zurück:
Die Leistungen des Klägers seien eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen und daher nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL umsatzsteuerbefreit. „Demnach sind Dienstleistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbunden sind, von Einrichtungen des öffentlichen Rechts beziehungsweise Einrichtungen mit sozialem Charakter umsatzsteuerbefreit“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Marcus Bodem in Berlin.
Des Weiteren vertrat der BFH folgende Auffassungen:

  • Der Kläger war Unternehmer. Er trug das Unternehmerrisiko getragen und war selbständig gemäß § 2 Abs. 1 UStG.
  • Richtig sei, dass mangels Voraussetzung die Steuerbefreiung weder nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. (keine Einrichtung zur ambulanten Pflege bedürftiger Personen) noch nach § 4 Nr. 18 UStG (kein Verband der freien Wohlfahrtspflege iSv. § 23 UStDV) gegeben ist.
  • Allerdings sind nur die EGH- und ISB-Leistungen eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbunden, die aufgrund von § 36 SGB XI, §§ 39, 45 SGB XI und § 53 SGB XII erbracht wurden.
  • Der Begriff „Einrichtung“ aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL gilt auch für natürliche Personen und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht.
  • Unerheblich ist, dass nicht der Kläger, sondern nur der Verein Vereinbarungen mit dem Landschaftsverband und der Stadt hatte. Es reiche aus, wenn der Verein die Kosten der EGH- und ISB-Leistungen des Klägers an den Landschaftsverband und die Stadt abrechnet, die sämtliche Kosten getragen haben.

Hinweis:
Mit dem § 4 Nr. 15c UStG wurde ab dem 1.1.2017 eine neue Steuerbefreiung im Bereich der sozialen Sicherheit eingeführt. Sie soll gerade der zielgerichteten Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL dienen. Dementsprechend sind durch die Neuregelung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 33 SGB IX umsatzsteuerfrei. Die Regelung verfolgt gerade den sozialen Zweck, Menschen mit Behinderung den Zugang zum Berufsleben zu sichern und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Leistungen sind steuerbefreit, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder von anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter (Rehabilitationsdienste und -einrichtungen, mit denen Verträge nach §21 SGB IX bestehen) erbracht werden.
Marcus Bodem, Rechtsanwalt bei Ecovis in Berlin

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