Erfolg mit KMU in China

Erfolg mit KMU in China

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Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind die Antriebskraft der chinesischen Wirtschaft. Seit Chinas wirtschaftlicher Öffnung in den 1980ern und dem Markteintritt von Privatunternehmen sprießen sie nahezu aus dem Boden. Zurzeit machen sie ungefähr 97% aller chinesischen Unternehmen aus. Auch für ausländische KMU wird der chinesische Markt zunehmend attraktiver: eine Reihe erfolgsversprechender Chancen warten inmitten eines herausfordernden, dynamischen Umfeldes. Für einen erfolgreichen Eintritt in den chinesischen Markt ist es unverzichtbar, gut informiert zu sein. Dafür sind Sie hier genau richtig: im Folgenden wir bieten einen Einblick in die wichtigsten Infos über die Definition, aktuelle Situation, Herausforderungen und Chancen für KMU in China. Definitionssache Verglichen mit anderen OECD-Wirtschaften ist die Definition von KMU in China ein wenig komplexer. Anstatt nur auf die Anzahl der Angestellten zu schauen, werden KMU nach Chinas Gesetz zur Förderung von KMU, dem „SME Promotion Law“ von 2003 definiert. Die Klassifizierung unterscheidet sich in den verschiedenen Branchen und richtet sich nach der Anzahl der Mitarbeiter, dem Umsatz und Vermögen des Unternehmens. Ein erster Blick auf die folgende Tabelle mag überraschen – die Zahlen scheinen recht groß im Vergleich zu europäischen und US-amerikanischen KMU. Aber zieht man die Arbeitsintensität und die Größe Chinas in Betracht, fallen sie doch ziemlich klein aus.

 

GrößenkategorieBrancheAnzahl der AngestelltenGesamtvermögenUmsatz 
 
KleinIndustrie< 300< 40 mil. RMB< 30 mil. RMB 
 Bau< 600< 40 mil. RMB< 30 mil. RMB 
 Großhandel< 100 < 30 mil. RMB 
 Einzelhandel< 100 < 10 mil. RMB 
 Verkehr< 500 < 30 mil. RMB 
 Post< 400 < 30 mil. RMB 
 Gastgewerbe< 400 < 30 mil. RMB 
MittelIndustrie300 – 200040 – 400 mil. RMB30 – 300 mil. RMB 
 Bau600 – 300040 – 400 mil. RMB30 – 300 mil. RMB 
 Großhandel100 – 200 30 – 300 mil. RMB 
 Einzelhandel100 – 500 10 – 150 mil. RMB 
 Verkehr500 – 3000 30 – 300 mil. RMB 
 Post400 – 1000 30 – 300 mil. RMB 
 Gastgewerbe400 – 800 30 – 300 mil. RMB 
 

Anmerkung: KMU erfüllen eine oder mehr Bedingungen. MU müssen drei erfüllen, alle anderen sind KU.

Quelle: SME Promotion Law of China, 2003

 

Das Rückgrat der chinesischen Wirtschaft

Seit der Transformierung des chinesischen Wirtschaftssystems ist viel passiert. Zwischen 1998 und 2003 verließen nahezu 19 Millionen Arbeiter die Staatsunternehmen, um eine neue Anstellung bei KMU zu finden. Seitdem wächst die Anzahl der KMU in China stetig: in den 1990ern entstanden bereits mehr als eine Million – innerhalb der folgenden 10 Jahre schnellte die Zahl weiter in die Höhe und übertrumpfte die von Europa und den USA zusammen. Im Jahr 2004 stieg die Anzahl laut Chinas National Bureau of Statistics (NBS) zu über 40 Millionen. Zum Vergleich: die Anzahl der KMU in Europa zu der Zeit betrug ungefähr 10 Millionen.

Nach dem China Statistical Yearbook machten KMU im Jahr 2015 circa 97.9% aller registrierten Unternehmen in China aus. Ihr Gesamtvermögen betrug circa 53.4% von Chinas Gesamtzahl, der Umsatz war 62% und der Gewinn machte mit 4.26 Billionen Yuan 64.35% der Gesamtzahl aus. KMU trugen außerdem zu knapp 58% des BIP und 68% der Exporte bei. Sie sind darüber hinaus essenziell, um Arbeitsplätze zu schaffen: 82% aller Angestellten fanden ihre Anstellung bei einem KMU.

Trotz des verlangsamten Wirtschaftswachstums in China sind KMU noch immer auf dem Vormarsch. Im Jahr 2016 stieg der Bilanzgewinn von im National Equities Exchange and Quotations System (NEEQ) registrierten KMU um 26.29% und ihre Geschäftsberichte zeigten einen Anstieg der jährlichen Umsätze von über 25%. Auch ihr Gesamtvermögen wuchs um 23.9%. Außerdem investieren KMU zunehmend in Entwicklung und Forschung: die Ausgaben wurden auf insgesamt 11.58 Millionen RMB erhöht.

 

Welche Herausforderungen warten?

Der größte Stolperstein für KMU in China ist der schwierige Zugriff auf Finanzierung. Während staatliche Unternehmen (SOEs) und Großunternehmen Kredite von Staatsinstitutionen erhalten, schauen KMU meistens in die Röhre. Hier sind einige Fakten, die einen Eindruck von der Situation bieten: laut Chinas Daten von Enterprise Surveys

  • hatten mehr als 40% der befragten Unternehmen Probleme mit Unterfinanzierung
  • war es für circa 66% der KMU problematisch, an Bankfinanzierung zu gelangen
  • wurden im Jahr 2013 nur 23.2% aller Bankkredite an KMU vergeben
  • wurden 4.7% aller kurzfristigen Betriebskredite verlängert

Was sind die Gründe für den Mangel an ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten für KMU? Ein Blick auf eine Studie von HKUST IEMS im Jahr 2015 verdeutlicht, dass das Bankensystem in China staatliche über private Unternehmen bei der Verteilung von Krediten bevorzugt. Es gibt zwei Hauptfaktoren, mit denen wir diese Umstände erklären können:

Zunächst gibt es das Problem der Informationsasymmetrie, von der KMU im Kreditmarkt betroffen sind. Besonders Unternehmen im frühen Stadium der Entwicklungsphase fehlt es noch an formaler Unternehmensstruktur und Anlagevermögen als Sicherheit. Zudem könnten das Eigentumsverhältnis und die finanziellen Strukturen intransparent wirken. Kurz gesagt: Kreditgeber haben einfach nicht genügend sichere Informationen über die Kreditnehmer. Dies führt zu unzureichender Kreditverfügbarkeit und inkorrekten Auswertungen von Kreditanträgen.

Außerdem gibt es einige Hürden in der Struktur des chinesischen Finanzsystems: der große Marktanteil von staatlichen Geschäftsbanken, Zinskontrollen, geringe Entwicklung des Kapitalmarktes und Beschränkungen von grenzüberschreitenden Kapitaltransaktionen sind alles Faktoren, die zu der Knappheit an Finanzierungsmöglichkeiten für KMU beitragen. Da die staatlichen Geschäftsbanken primär dazu vorgesehen sind, die nationale Wirtschaftsentwicklung zu fördern, können nur kleine Anteile an KMU vergeben werden. Ideologische und politische Faktoren spielen dabei aber auch eine große Rolle: kapitalistische Vorhaben mit den Ressourcen des Parteistaates zu unterstützen könnte auf Stirnrunzeln stoßen.

 

Wie finanziere ich nun ein KMU in China? Trotz der Schwierigkeiten gibt es einige Möglichkeiten. Bei dem Mangel an ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten von staatlichen Banken finanzieren sich die meisten KMUs mit Quellen außerhalb des Bankgeschäftes. In den 1990 und 2000ern waren zwei Drittel aller KMU auf den nicht organisierten Geldmarkt angewiesen. In China ist informelle Finanzierung ein „quasi-regulierter“ Sektor. Es gibt Finanzinstitutionen, die nicht von der chinesischen Bankenaufsicht (Central Banking Regulatory Commission) überwacht werden. Diese Finanzinstitute sind als lokale Zweigstellen von anderen Verwaltungen registriert. Der Hauptunterschied zwischen Banken und NBFI ist, dass die NBFI keine Bankeinlagen akzeptieren dürfen. Laut der CBRC sind nur Banken mit Finanzlizenzen dazu berechtigt, die Einlagen von der Öffentlichkeit mobilisieren. Außerdem dürfen Finanzinstitute nicht höhere Zinsen als maximal viermal den von der PBOC vorgegebenen Leitzinssatz verlangen. Im Folgenden haben wir eine Liste der geläufigsten NBFIs zusammengestellt.

 

 

Art der NBFI Registrierungsstelle Registrierungen (Jahr)  
 
Kreditunternehmen Provinzregierungen: Finanzamt 8,427 (2012)  
  KMU Büro, lokale Finanzabteilung    
  Kreisverwaltung: CBRC NBFI Abteilung    
Mikrofinanzierung/ Kleinkredit Unternehmen Amt für Zivilangelegenheiten: NGOs  8,217 (2014)  
  Lokalverwaltung: Finanzamt    
Pfandleihäuser ICMB, MOFCOM 7,000 (2014)  
Treuhandgesellschaften Provinzregierungen (< 64%) 68 (2014)  
  Zentralregierungen (15%)    
  Shanghai Trust Registration  
Center  
   
  CBRC    
Leasinggesellschaften CBRC: inländisch; MOFCOM: JVs,  
WFOEs 
26 (2014)  
 
Fonds für gegenseitige Hilfe im ländlichen Raum 
ICMB, Büro für Armutsbekämpfung    
P2P Lending Plattformen  ICMB 1,627 (2015)  
Crowdfunding Plattformen ICMB 114 (2014)  

 

CBRC: China Banking Regulatory Commission, ICMB: Industrial & Commerce Management Bureau, MOFCOM: Ministry of Commerce, NBFI: Non-banking financial institution 

 

Top 3 KMU Trends 

Wie sieht es mit KMU in der Zukunft aus? Obwohl die Finanzierung durch lokale Banken knifflig werden kann, bereiten KMU vielversprechende Erfolgsmöglichkeiten. Es gibt einige Branchen, die zurzeit im Spotlight sind. Hier haben wir die drei wichtigsten Trends nach einem Artikel von EURObiz zusammengefasst: 

  1. Chinas Industriesektor versucht, die Wertschöpfungskette emporzuklettern und die Produktion zu stärken. Es werden immer neue Möglichkeiten gesucht, um Lieferketten zu automatisieren und für mehr Effizienz anzupassen. Die Bereiche, die eine erfolgreiche Investitionschance bieten sind die Roboterindustrie, Werkzeugmaschinen, Transport und landwirtschaftliche Ausrüstung. Neben Materialien ist besonders das Knowhow über Herstellungstechnologie gefragt.  
  1. In China steigt der Inlandskonsum. Mit der wachsenden Mittelschicht profitieren europäische Produkte von einem steigenden Interesse – Besonders Luxusprodukte haben es den chinesischen Konsumenten angetan. Europäische Unternehmen sollten vor allem darauf achten, verschiedene Verkaufskanäle wie den E-Commerce im Auge zu behalten.  
  1. Chinesische Inverstoren interessieren sich zunehmend für Chancen im Ausland. Jahr für Jahr wächst die Anzahl an Investment in andere Länder und Wirtschaften. Das bietet eine gute Gelegenheit für KMU, um Services wie Unternehmensberatung und Finanzdienstleistungen anzubieten, oder um zukunftsorientierte Geschäftsbeziehungen zu knüpfen.  

 

Über Richard Hoffmann 

Richard Hoffmann ist ein internationaler Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt China. 2012 gründete er in China eine Rechts- und Steuerberatungskanzlei für den deutschen Mittelstand. In kürzester Zeit wuchs sie zur größten Kanzlei in dem Bereich und der Region heran. Schließlich wurde sie Ende 2019 mit 70 Mitarbeitern erfolgreich verkauft. Heute ist er Eigentümer einer international ausgerichteten Rechtsanwaltskanzlei in Heidelberg mit zehn Kooperationsbüros in China und Vorstandsmitglied von ECOVIS International.