Update: Arbeitsrecht in China 2025

Update: Arbeitsrecht in China 2025

Chinas Arbeitsgesetzgebung befindet sich im Wandel. Seit Anfang 2025 gelten mehrere Reformen, die nicht nur lokale Arbeitgeber, sondern auch internationale Unternehmen mit Tochtergesellschaften in China betreffen.

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Richard Hoffmann
Richard Hoffmann
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Neue Regeln & Pflichten

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1. Rentenalter und Beitragszeiten steigen

Seit dem 1. Januar 2025 wird das gesetzliche Rentenalter schrittweise angehoben:

  • Männer: von 60 auf 63 Jahre
  • Frauen: von 50 bzw. 55 auf 55 bzw. 58 Jahre (je nach Arbeitsbereich)

Bis 2030 steigt zusätzlich die Mindestbeitragszeit zur Einzahlung in die Rentenversicherung von 15 auf 20 Jahre.

Neu eingeführt wurde ein flexibler Renteneintritt. Für eine Frührente bis zu drei Jahre vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters muss der Arbeitnehmer drei Monate vorher einen Antrag stellen. Bei einer Spätrente, bis zu drei Jahre nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters, muss spätestens ein Monat vorher eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geschlossen werden.

Auch wenn der Arbeitnehmer schon das Rentenalter, aber nicht die Mindestbeitragszeit erreicht hat, genießt dieser noch den Arbeitnehmerschutz, sodass der Arbeitgeber weiterhin die Sozialversicherung zahlen muss.

Beispiel: Eine weibliche Angestellte, Jahrgang 1971, kann statt 2026 erst 2029 in Rente gehen, sofern sie weiterarbeitet und Beiträge zahlt. Wird sie darüber hinaus beschäftigt, etwa auf ausdrücklichen Wunsch des Unternehmens, muss das Arbeitsverhältnis als neuer Vertrag neu begründet werden. Andernfalls droht Streit über Lohnfortzahlung und Versicherungspflichten. Es besteht nun kein reguläres Arbeitsverhältnis mehr, sondern ein zivilrechtliches Dienstleistungsverhältnis.

Praxis: Arbeitgeber sollten prüfen, wie Übergänge zwischen Arbeits- und Rentenphase sauber geregelt werden. Besonders relevant für Expats oder Führungskräfte, die länger bleiben möchten.

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2. Sozialversicherung: Null Toleranz bei Abweichungen

Die pünktliche und vollständige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ist zwingendes Recht. Jede Vereinbarung, die Beiträge senkt oder aussetzt, ist nichtig, so das oberste Volksgericht in China. Arbeitnehmer dürfen in solchen Fällen außerordentlich kündigen und Schadenersatz verlangen.

Für die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge sind nicht mehr die Sozialarbeitsbehörde, sondern die Steuerbehörden zuständig. Diese verfügen über alle Daten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sie können Nachforderungen, Zinsen und Bußgelder erheben, und das ohne Verjährungsfrist.

Beispiel: Ein Unternehmen meldet Mitarbeiter nur mit dem Grundgehalt, lässt aber Bonuszahlungen unberücksichtigt. Wird dies entdeckt, müssen sämtliche Beiträge nachgezahlt werden. Zudem kann der Arbeitnehmer rückwirkend auf volle Rentenpunkte und eine Abfindung klagen.

Praxis: Unternehmen sollten quartalsweise interne Prüfungen durchführen und sich die Beitragspflichten durch lokale HR-Dienstleister bestätigen lassen.

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3. Feiertage und Überstundenvergütung

Seit 2025 gibt es in China 13 gesetzliche Feiertage. Das sind zwei mehr als zuvor, einer zusätzlich zum chinesischen Neujahr und einer zusätzlich zum Tag der Arbeit.

Wer an Feiertagen arbeitet erhält 300 % Überstundenzuschlag, also insgesamt 400 % des regulären Lohns. Freizeitausgleich ist ausgeschlossen.

Dieses chinesische Gesetz gilt auch für ausländische Arbeitnehmer, die in China arbeiten, egal welcher Nationalität sie angehören. Auch eine Klausel über „flexible Arbeitszeiten“ gilt nicht für chinesische Feiertage.

Beispiel: Ein Produktionsmitarbeiter mit 300 RMB Tageslohn arbeitet am 1. Oktober (Nationalfeiertag). Der Arbeitgeber muss 1.200 RMB zahlen. Ein einfacher Ausgleichstag genügt nicht.

Praxis: Personalplanung und Lohnabrechnung sollten Feiertagsarbeit im Voraus budgetieren. Verstöße werden zunehmend arbeitsgerichtlich geltend gemacht. Wenn es nicht zwingend geboten ist, sollte die Arbeit an einem chinesischen Feiertag möglichst vermieden werden.

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4. Anspruch auf unbefristeten Arbeitsvertrag nach Kettenbefristung

Nach dem chinesischen Arbeitsvertragsgesetz entsteht nach zwei aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen automatisch ein Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag, wenn der Arbeitnehmer weiterarbeiten möchte und kein Kündigungsgrund besteht.

Die Definition „aufeinanderfolgend“ wurde durch das oberste chinesische Volksgericht konkretisiert: Automatische Verlängerungen oder Umgehungskonstruktionen, etwa durch Wechsel des Vertragspartners innerhalb einer Unternehmensgruppe, zählen als eine sog. Kettenbefristung und führen grundsätzlich zu einem Anspruch des Arbeitnehmers auf einen unbefristeten Vertrag.

Für ausländische Arbeitnehmer darf eine Befristung maximal fünf Jahre betragen. Für chinesische Arbeitnehmer ist eine solche Zahl nicht vorgesehen. Allerdings haben diese nach 10 Jahren Arbeitszeit in einem Unternehmen grundsätzlich einen Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag.

Beispiel: Ein Ingenieur arbeitet bei einer Tochterfirma in Shanghai. Nach Ablauf seines zweiten befristeten Vertrags wird die Tätigkeit formal an eine Schwesterfirma in Suzhou übertragen. Das Gericht kann dies als Kettenbefristung werten und den unbefristeten Status feststellen.

Praxis: Unternehmen sollten Vertragslaufzeiten systematisch überwachen und frühzeitig entscheiden, ob Verlängerung oder Neuverhandlung sinnvoll ist.

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5. Mitarbeitereinsatz in verbundenen Unternehmen

Bei Arbeitseinsätzen von Arbeitnehmern in mehreren Gesellschaften der gleichen Unternehmensgruppe kommt es häufig zu unklaren Rechtsbeziehungen. Es ist schwierig zu ermitteln, mit welchem Unternehmen ein Arbeitsverhältnis und mit welchem ein Dienstverhältnis besteht.

Fehlt eine klare schriftliche Vereinbarung, können die beteiligten Unternehmen, beispielsweise für Lohn- und Sozialleistungsansprüche, gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden.

Beispiel: Ein Vertriebsleiter ist offiziell bei der WFOE Shanghai angestellt, arbeitet aber regelmäßig für die Konzernzentrale in Hongkong. Kommt es zum Streit, kann er beide Gesellschaften verklagen.

Praxis: Eine dreiseitige Vereinbarung (Mitarbeiter – entsendendes – aufnehmendes Unternehmen) schafft Rechtssicherheit und vermeidet doppelte Beitragszahlungen.

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6. Wettbewerbsverbote und Vertragsbindung

Wettbewerbsverbote während des Arbeitsverhältnisses sind nach einer Entscheidung des obersten chinesischen Volksgerichts auch ohne Sondervergütung wirksam.

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote allerdings bedürfen einer Sonderkompensation. Wenn kein fester Betrag vereinbart ist, beträgt diese mindestens 30 % des Durchschnittsmonatslohns der letzten zwölf Monate. Sie wird monatlich ausgezahlt. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind jedoch nur für Führungskräfte und Fachspezialisten zulässig und müssen in Umfang, Dauer und geografischem Geltungsbereich verhältnismäßig sein. Die Dauer beschränkt sich auf maximal zwei Jahre.

Beispiel: Ein Senior Engineer verlässt das Unternehmen und arbeitet drei Monate später für einen Konkurrenten. Das Gericht erkennt das zweijährige Wettbewerbsverbot als unverhältnismäßig an und reduziert es auf sechs Monate, die gezahlte Karenzentschädigung ist anteilig zurückzuzahlen.

Praxis: Neben der Karenzentschädigung sollte auch eine Vertragsstrafe vereinbart werden für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Wettbewerbsverbotsvereinbarung bricht. Andernfalls muss der Arbeitgeber später vor Gericht den Realschaden nachweisen, was nahezu unmöglich sein wird.

Ebenfalls zulässig ist eine Bindungsvereinbarung mit Sonderleistung (z. B. Ausbildungskosten, Umzugskosten).

Beispiel: Wird ein Mitarbeiter auf Firmenkosten in Deutschland geschult, darf vertraglich vereinbart werden, dass er mindestens zwei Jahre bleibt, andernfalls müssen die Kosten anteilig zurückgezahlt werden.

Praxis: Solche Vereinbarungen sollten transparent formuliert und auf Schlüsselpersonal beschränkt werden.

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7. Arbeitsverhältnisse mit Auslandsbezug

Für ausländische Mitarbeiter gelten weiterhin strenge Vorschriften zu Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen, insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und den Tätigkeitsbereich. Auf dem Visum befindet sich ein Barcode mit sämtlichen Informationen des Arbeitnehmers, der gescannt werden kann. Wird ein Arbeitnehmer ohne gültige Arbeitserlaubnis oder außerhalb seiner Genehmigung beschäftigt, fällt das unter Schwarzarbeit.

Representative Offices (Vertretungsbüros) ausländischer Firmen sind keine eigenständigen juristischen Personen. Dennoch können sie selbst Partei eines Arbeitsverfahrens sein, sowie unter Umständen auch das ausländische Mutterhaus. Zustellungen an das Representative Office sind gegenüber dem Mutterkonzern wirksam.

Beispiel: Ein deutscher Expat wird über die deutsche Muttergesellschaft bezahlt, aber arbeitet für die Repräsentanz Shanghai. Im Streitfall kann ein chinesisches Gericht die Muttergesellschaft zur Zahlung von Abfindung und Boni verpflichten.

Praxis: Verträge sollten klar definieren, wer Arbeitgeber ist. Idealerweise geschieht dies mit einem lokalen Vertrag und einer Entsendungsvereinbarung, abgestimmt auf Steuer- und Visarecht.

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8. Politische Perspektive – Position Paper der EU-Handelskammer

Die Human Resources Working Group der EUCCC fordert umfassende Modernisierungen:

  • flexiblere Arbeitszeit- und Arbeitsortregelungen,
  • einheitliche Auslegung des Arbeitsrechts landesweit,
  • bessere Rahmenbedingungen für ausländische Fachkräfte,
  • Förderung praxisorientierter Bildung und Soft Skills.

Beispiel: Ein deutsches Ingenieurbüro möchte einen Mitarbeiter dauerhaft von Chengdu aus beschäftigen, obwohl der Firmensitz in Shanghai liegt. Nach derzeitiger Gesetzeslage entstehen Probleme bei der Sozialversicherungspflicht. Auch muss gegebenenfalls ein neues Visum beantragt werden. Genau hier setzt die Forderung der EUCCC nach mehr Flexibilität an.

Praxis: Unternehmen sollten Modellprojekte (Remote Work, Cross-Province-Arbeit) erst nach juristischer Prüfung starten und Entwicklungen zur geplanten Gesetzesreform genau verfolgen.

Praktische Implikationen für deutsche Unternehmen

  • Compliance-Check: Überprüfung von Arbeitsverträgen, Sozialversicherungen und HR-Prozessen.
  • Vertragsmanagement: Klare Dokumentation bei Befristungen und gruppenübergreifenden Einsätzen.
  • Kostenplanung: Feiertags- und Überstundenvergütung einkalkulieren.
  • Dokumentation: Nachweise zu Zahlungen und Genehmigungen archivieren, Verjährung greift nicht.
  • Fachkräftegewinnung: Neue Visa-Modelle (z. B. K-Visum) beobachten und gegebenenfalls nutzen.

Fazit

China modernisiert sein Arbeitsrecht mit Fokus auf soziale Absicherung und Rechtsklarheit, aber auch verschärfter Durchsetzung. Für deutsche Arbeitgeber heißt das: mehr Formalismus, klare Strukturen und proaktive Compliance. Wer frühzeitig handelt, sichert sich Planungssicherheit und vermeidet teure arbeitsrechtliche Überraschungen.

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