KI im Aufsichtsrat – Chancen, Pflichten und Risiken aus gesellschaftsrechtlicher Sicht
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) gewinnt in Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Auch in der Corporate Governance, insbesondere auf Ebene des Aufsichtsrats, eröffnen sich neue Möglichkeiten: KI kann Entscheidungsprozesse unterstützen, Risiken identifizieren oder ESG-Kriterien überwachen. Gleichzeitig wirft der Einsatz solcher Technologien eine Vielzahl gesellschaftsrechtlicher Fragen auf, etwa in Bezug auf Haftung, Dokumentationspflichten und Sorgfaltsanforderungen.
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BeratersucheChancen: Effizienz und Informationsvorsprung
KI kann den Aufsichtsrat dabei unterstützen seinen Überwachungspflichten effizienter nachzukommen. Zum Beispiel kann KI große Datenmengen wie Finanzkennzahlen, Marktanalysen oder Risikoberichte schnell analysieren und umfassend auswerten. In großen Konzernen mit Tochtergesellschaften im Ausland, beispielsweise in China, kann KI außerdem helfen, wichtige Entwicklungen vor Ort frühzeitig zu erkennen und in die Risikobewertung einzubeziehen.
Pflichten: Kein Freifahrtschein für Technik
Trotz aller technischen Möglichkeiten bleibt die rechtliche Verantwortung beim Menschen. Nach § 111 AktG obliegt dem Aufsichtsrat die Überwachung der Geschäftsführung einschließlich der eingesetzten Technologien.
Auch der Vorstand ist verpflichtet, den Einsatz von KI sorgfältig zu steuern und zu dokumentieren. Dies ergibt sich aus § 93 AktG. Der Vorstand muss sicherstellen, dass KI-Systeme nachvollziehbar, rechtskonform und kontrollierbar sind. Eine lückenhafte Dokumentation des KI-Einsatzes kann bei Fehlentscheidungen die Verteidigung gegen Haftungsansprüche erschweren.
In beiden Organen gilt: Die Sorgfaltspflicht umfasst auch die Auswahl, Implementierung und laufende Überprüfung der KI-Systeme. Dazu gehört insbesondere die Bewertung, ob die Systeme zuverlässig, nichtdiskriminierend und datenschutzkonform arbeiten. Die Nachvollziehbarkeit von KI-gestützten Ergebnissen ist dabei ein zentraler Aspekt.
Risiken: Haftung und Transparenz
Kommt es durch KI-gestützte Entscheidungen zu Schäden, stellt sich die Frage nach der Haftung. Die Business Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) schützt Organmitglieder nur, wenn Entscheidungen auf einer angemessenen Informationsgrundlage getroffen wurden. Wer sich blind auf KI verlässt oder deren Ergebnisse nicht kritisch hinterfragt, riskiert persönliche Haftung, auch im Aufsichtsrat.
Zudem steigen die Erwartungen an Transparenz. Stakeholder und Investoren fordern zunehmend Offenheit über den Einsatz von KI im Unternehmen. Eine fehlende oder fehlerhafte Kommunikation kann nicht nur Vertrauen kosten, sondern auch haftungsrechtlich relevant werden, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften.
Fazit
Der Einsatz von KI im Aufsichtsrat bietet zweifellos Chancen, insbesondere für eine datenbasierte, zeitnahe und objektive Überwachung der Unternehmensführung. Zugleich entstehen neue rechtliche Anforderungen: Sorgfalt, Dokumentation, Transparenz und Kontrolle sind unverzichtbar. Nur wer die Technologie versteht und ihre Grenzen kennt, kann als Organmitglied rechtssicher handeln und die Vorteile verantwortungsvoll nutzen.