China: Reform des Schiedsrechts – Handlungsbedarf für deutsche Unternehmen?
Zum 1. März 2026 tritt die umfassende Reform des chinesischen Schiedsrechts in Kraft. Viele der Neuerungen kodifizieren bestehende Praxis, die bereits etabliert war (z. B. Einbeziehung internationaler Schiedsrichter, Online-Verfahren). Für deutsche Unternehmen ergibt sich daher kein akuter Änderungszwang, da bestehende Schiedsklauseln gültig bleiben.
Die Neuerungen bringen vor allem für deutsche Unternehmen sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich:
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- Ausländische Schiedsrichter ausdrücklich bestätigt: Auch Nicht-Chinesen dürfen künftig gesetzlich verankert als Schiedsrichter in China tätig sein. Das war zwar in der Praxis bereits möglich, wird nun aber klar im Gesetz geregelt. Dies sorgt für mehr Rechtssicherheit und setzt ein Signal für fortschreitende Internationalisierung.
- Online-Schiedsverfahren anerkannt: Das Online-Schiedsverfahren spart Reisezeit und Kosten, da Verfahren digital durchgeführt werden können.
- Mehr Mitsprache bei Tribunal-Besetzung: Parteien können stärker mitbestimmen, wer den dritten Schiedsrichter ernennt. Dies hat eine fairere Zusammensetzung zur Folge.
- Beweisaufnahme gestärkt: Schiedsgerichte dürfen Beweise selbst sammeln oder Behörden um Hilfe bitten, wodurch sie weniger abhängig von der Gegenseite sind.
- Klarheit über Schiedsvereinbarungen: Wer nicht rechtzeitig widerspricht, gilt unter gewissen Voraussetzungen als einverstanden. Dies reduziert die Verzögerungstaktik der Gegenseite.
- Kürzere Fristen bei Anfechtung: Die Rechtskraft von Schiedssprüchen tritt schneller ein, innerhalb von drei Monaten statt vorher sechs.
- Flexibilität bei Sitzwahl: Bei Auslandsbezug können Parteien einen eigenen „seat of arbitration“ wählen. Dies eröffnet bessere rechtliche Rahmenbedingungen und Gerichtszuständigkeiten.
Hürden
- Interim Measures: Nur staatliche Gerichte dürfen vorläufige Maßnahmen (z. B. Kontensperrung, was ein sehr effektives Mittel ist) anordnen. Schiedsgerichte dürfen dies selbst nicht, wodurch sich Verfahren verlangsamen können.
- Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit: Diese ist nur in sehr begrenztem Rahmen (Maritime & Free Trade Zones) möglich, was keine echte Flexibilität für „maßgeschneiderte“ Verfahren schafft.
- Unklare Rolle ausländischer Schiedsinstitutionen in China: Sie dürfen Niederlassungen gründen, aber der Umfang ihrer Befugnisse ist rechtlich noch nicht geklärt. Dadurch besteht das Risiko von Kompetenzstreitigkeiten.
- Kürzere Fristen für Anfechtungen: Das ist gut für die Rechtskraft, aber Mandanten müssen sehr schnell reagieren. Dadurch bleibt weniger Zeit für eine Strategie.
- Enforcement bleibt chinesisch geprägt: Trotz Internationalisierung gilt weiterhin, dass am Ende die chinesischen Gerichte über Vollstreckung und Zwischenmaßnahmen entscheiden.
Wir sehen Handlungsbedarf bei...
Aufgrund der oben genannten Vor- und Nachteile kann eine Anpassung jedoch sinnvoll sein. Handlungsbedarf besteht unter anderem in Bezug auf die folgenden Punkte:
- Sitz der Schiedsgerichtsbarkeit (seat of arbitration): Bei Auslandsbezug können Parteien künftig den Sitz frei wählen (z. B. Peking, Shanghai, Shenzhen oder sogar außerhalb Chinas). Eine klare Festlegung im Vertrag schafft zusätzliche Rechtssicherheit.
- Schiedsrichterbesetzung: Mit der ausdrücklichen Zulassung internationaler Schiedsrichter lohnt es sich, in der Klausel vorzusehen, dass auch ausländische Arbitratoren (z. B. deutsche) benannt werden dürfen.
- Interim Measures: Vorläufige Maßnahmen können weiterhin nur von chinesischen Gerichten angeordnet werden. Vertragsparteien sollten prüfen, ob ergänzende Schutzmechanismen erforderlich sind.
- Fristen für Anfechtungen: Die Frist zur Aufhebung von Schiedssprüchen wird von sechs auf drei Monate verkürzt. Unternehmen müssen im Ernstfall deutlich schneller reagieren können.
Fazit für deutsche Mandanten
Die Reform bringt mehr Internationalität, Transparenz und Geschwindigkeit, was deutschen Investoren entgegenkommt. Dennoch bleiben Kontrolle durch chinesische Gerichte und Einschränkungen bei ad hoc-Schiedsverfahren ein Risiko. Wer in China Verträge schließt, sollte künftig noch genauer auf die Schiedsklausel achten (z. B. Sitz, Institution, Sprache, Zusammensetzung des Tribunals).
Es besteht demnach keine Pflicht zur Anpassung bestehender Schiedsklauseln. Dennoch empfiehlt es sich, bestehende und künftige Klauseln zu überprüfen, um die neuen Spielräume (z. B. Sitzwahl, Arbitratoren, Sprache) optimal zu nutzen.
Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre bestehenden Verträge zu überprüfen und neue Verträge so zu gestalten, dass sie den aktuellen Entwicklungen Rechnung tragen.