Gut geplant ist halb gewonnen: 10 typische WFOE-Fehler in China
Eine WFOE (Wholly Foreign-Owned Enterprise) in China zu gründen benötigt ein sorgfältiges und durchdachtes Vorgehen, um Probleme in der Zukunft zu vermeiden. Gerade weil eine Unachtsamkeit in der Planung eine Auswirkung auf andere Schritte haben kann und dadurch ein scheinbar adäquat geplanter Prozess in Gefahr gerät, sollte der Gründungsprozess sorgfältig beleuchtet werden. In diesem Artikel stellen wir Ihnen 10 Fehlentscheidungen vor, die es zu vermeiden gilt:
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Beratersuche1. Mangelndes Gründungskapital
Das Gründungskapital ist die erste Investition in ein Unternehmen und stellt das Eigenkapital der Gesellschaft dar. Diese Investition kann in Form von Geld, gewerblichen Vermögenswerte wie z.B. Maschinen, Ausstattung oder intellektuellem Eigentum getätigt werden. Obwohl es bezüglich der Mindesthöhe des Gründungskapitals keine gesetzlichen Vorschriften in China mehr gibt, ist jeder Gründer dennoch verpflichtet, einen Durchführbarkeitsbericht zu erstellen, um den örtlichen Behörden zu beweisen, dass die gewählte Höhe sinnvoll ist und den Annahmen dieses Berichts entspricht.
Ungeachtet dessen sehen wir in der Praxis, dass das niedrigste genehmigte Mindestkapital immer noch ca. 100.000 RMB entspricht. Der Anteil an Geldwerten am gesamten Gründungskapital sollte dabei nicht weniger als 30% betragen. Eine sorgfältige Berechnung ist essenziell. Wir empfehlen, den Zeitraum bis zum ersten erwarteten Geldzufluss in China zu ermitteln und hiervon ausgehend das benötigte Gründungskapital zu berechnen.
Darüber hinaus ist das Gründungskapital die einzige Möglichkeit, Geld steuerfrei nach China zu bewegen. Die meisten Probleme treten aufgrund von Fehlkalkulationen und zu niedrig angesetztem Gründungskapital auf, was zu Cash-Flow Problemen im Tagesgeschäft führen kann. Bemerkt ein Unternehmen, dass es mehr Kapital benötigt, gibt es zwar verschiedene Optionen, diese zu beheben, jedoch erfordern diese zusätzlichen Aufwand, Kenntnisse und Kosten und sind allgemein mit erheblichen bürokratischen Schwierigkeiten verbunden.
Alternativen umfassen:
- Erhöhung des Stammkapitals (erfordert einen komplexen Verwaltungsprozess)
- Beantragung von Krediten bei lokalen Banken (oft schwierig ohne Sicherheiten)
- Darlehen der Muttergesellschaft (nur im Rahmen des Verhältnisses zwischen Gesamtinvestition und Stammkapital möglich)
Falls Sie die Schritte der WFOE-Gründung nochmal durchgehen möchten, können Sie sich gerne den folgenden Artikel anschauen.
2. Unklare Formulierungen im Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag stellt die Geschäftsordnung der Gesellschaft dar und ist eines der zentralen Dokumente für eine Firmengründung in China. In ihm werden Struktur, Geschäftsumfang und weitere Rahmenregelungen der WFOE festgelegt. Das chinesische Gesellschaftsrecht setzt außerdem voraus, dass der Gesellschaftsvertrag bei den entsprechenden Behörden eingereicht wird.
Im Gesellschaftsvertrag selbst müssen alle Informationen in Bezug auf die Pflichten und Verantwortlichkeiten der beantragten Gesellschaft aufgelistet werden. Er sollte zusätzlich zur Grundstruktur der Gesellschaft einzelfallabhängig auch folgende Punkte beinhalten:
- Geschäftsumfang
- Gesamtinvestition und Nominalkapital
- Führungspositionen und Organisation
- Rechnungswesen und Finanzen
- Steuern und Versicherungen
- Personalwesen
- Gewinnverteilung
- Beendigung und Liquidation
3. Auslassen der Gesamtinvestition im Gesellschaftsvertrag
Die Gesamtinvestition ist die Summe an Mitteln, die während der gesamten Betriebsdauer in die WFOE investiert wird. Das Verhältnis zwischen Nominalkapital und Gesamtinvestition hängt von der Investitionshöhe ab. Vergisst ein Unternehmen, die Gesamtinvestition im Gesellschaftsvertrag anzugeben, hat es keine Möglichkeit, das Verhältnis zu definieren um einen Kredit zu bekommen.
4. Unterschätzen der Dauer einer WFOE-Gründung
Ausländische Unternehmen unterschätzen oft die benötigte Zeit, die eine WFOE- Gründung mit sich bringt. Abhängig von Standort, Effizienz der beteiligten Behörden, der Möglichkeit alle benötigten Dokumente rechtzeitig vorzubereiten, und die Branche der WFOE, kann die Gründungsdauer variieren oder Prozesse komplexer machen.
5. Falsche Standortwahl
Einer der ersten Schritte sollte es sein, die Adresse des zukünftigen Büros einzureichen. Der Standort ist eine der wichtigsten Entscheidungen, da jede Änderung zusätzliche und vermeidbare Arbeit erfordert. Will ein Unternehmen seinen Standort innerhalb desselben Bezirks ändern, kommt ein Änderungsverfahren zum Tragen. Will ein Unternehmen jedoch den Bezirk oder gar die Stadt wechseln, muss es sich evtl. zusätzlich zum Änderungsverfahren vom derzeitigen Finanzamt ab- und bei einem anderen neu anmelden.
6. Richtiger/Falscher WFOE-Typ
Bereits im Registrierungsprozess muss das Unternehmen den Geschäftsumfang definieren. Eine WFOE kann dann auch nur in diesem Umfang operieren. Im Allgemeinen gibt es drei verschiedene Typen von WFOEs:
- Service (Consulting) / Dienstleistungs-WFOEs sind am einfachsten zu gründen. Sie benötigen nicht nur am wenigstens Kapital, sondern ihre Gründung ist auch mit dem niedrigsten Zeitaufwand verbunden.
- Handels-WFOE (Foreign-invested Commercial Enterprise, „FICE“) Im- und Export betreibt, muss eine Anmeldung bei den Zollbehörden vorgenommen werden.
- Manufacturing / Herstellungs-WFOE setzt ein Fabrikgelände bereits vor Anmeldung voraus, deren Adresse auch die des künftigen WFOE ist und von der Verwaltungsbehörde für Industrie und Handel überprüft wird. Das Umweltschutzbüro verlangt zusätzlich eine Risikoanalyse zum Umwelteinfluss der Fabrik.
7. Unterschätzen der Anforderungen im Arbeitsrecht
Ein sorgfältiger Arbeitsvertrag ist essenziell. Auch ein Mitarbeiterhandbuch sollte geführt werden. Das chinesische Arbeitsrecht nicht zu unterschätzen; den Arbeitgeber treffen dahingehend entsprechende Verantwortungen. Unter anderem ist er dafür verantwortlich, dass der Mitarbeiter das richtige Visum hat. Arbeitsvisa müssen zuerst von den Behörden ausgestellt werden, wobei mit Verzögerungen und Nachfragen zu rechnen ist. Insbesondere bei mehreren zu erteilenden Visa ist dies mit einzukalkulieren.
8. Falscher Umgang mit Stempeln
Ein zentraler Baustein im chinesischen Unternehmerwesen sind die Stempel, die in China der Unterschrift in anderen Ländern entsprechen. Die meisten ausländischen Unternehmen haben Stempel zuvor noch nie benutzt. Da sie jedoch das wichtigste Verwaltungsinstrument in China sind, sollte vorsichtig beachtet werden, wer die Verfügungsmacht über sie hat. Die wichtigsten Stempel sind der
- Firmenstempel
- Stempel des rechtlichen Vertreters
- Vertragsstempel
ECOVIS Heidelberg empfiehlt, die Macht über die Stempel breit zu streuen, indem man sie an verschiedene Mitarbeiter verteilt. Für Unternehmen, die hierfür nicht so viele Mitarbeiter haben, empfehlen wir, die Stempel einer dritten, vertrauenswürdigen Partei zu überlassen, z.B. ECOVIS Ruide.
9. Falsche/Richtige Vertreter
Ein WFOE hat einige Positionen, die besetzt werden müssen. Hauptsächlich sind das der
- Vorstand/-vorsitzender
- Aufsichtsrat/-vorsitzender
- Geschäftsführer
- Gesetzlicher Vertreter
10. Versäumte Registrierung von Marken und geistigem Eigentum
Um sicherzustellen, dass ihre Marke und ihr geistiges Eigentum vor Konkurrenz gesichert ist, sollte die Registrierung unbedingt schon vor der WFOE-Gründung erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass, selbst wenn das Unternehmen nur in China produziert und ansonsten alle weiteren Geschäftsbereiche im Ausland hat und deshalb die Markenrechte dort registriert sind, ein Markenschutz in China nicht sichergestellt ist.
In China herrscht das sog. „first-to-file“ Prinzip. Das heißt, dass jenem Unternehmen die Markenrechte zugestanden werden, welches diese als erstes anmeldet.
Insgesamt bleibt eine Unternehmensgründung in China eine umfassende rechtliche und bürokratische Herausforderung mit einigen Fallstricken. ECOVIS Heidelberg kann Sie mit der umfassenden Kenntnis der Abläufe und Hindernisse durch diesen Prozess führen und mit Ihnen die WFOE-Gründung ihres Unternehmens in China verwirklichen.