Scheinarbeitsverhältnis- Krankenversicherungsschutz entfällt auch rückwirkend

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„Wird ein Arbeitsvertrag offenkundig allein zur Absicherung gegen Krankheit abgeschlossen, so führt das nicht zu einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.“ So urteilte aktuell das Landessozialgericht in Sachsen Anhalt am 19.05.2011.
Keine Versicherungspflicht bei Scheinbeschäftigung
Ein arbeitsrechtliches Beschäftigungsverhältnis begründet in fast allen Fällen immer auch eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Eines der wichtigsten Kriterien in der Sozialversicherung ist, dass der Arbeitnehmer in seiner Beschäftigung weisungsgebunden ist.
Beurteilt wird dies einmal nach den Angaben von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund. Aber immer mehr wird betrachtet, wie und ob die Beschäftigung in der Arbeitspraxis gelebt wird.
So muss erkennbar sein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gegenseitigen rechtlichen
Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag tatsächlich erfüllen.
Verlust Versicherungsschutz bei fingiertem Beschäftigungsverhältnis
Wird ein Arbeitsvertrag jedoch offensichtlich allein deshalb abgeschlossen, um den Arbeitnehmer gegen Krankheit und deren mögliche Folgen abzusichern, so entsteht dadurch keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das hat das Landessozialgericht Sachsen Anhalt nun  am 19.5.2011 mit einem jetzt veröffentlichten Urteil (L 10 KR 52/07) entschieden.
Die Richter waren überzeugt davon, dass das Arbeitsverhältnis nur abgeschlossen wurde um einen Krankenversicherungsschutz zu erreichen.
Tochter wird anstelle einer anderen Arbeitskraft beschäftigt
Die bisher nicht krankenversicherte Klägerin hatte eine Beschäftigung im Imbissbetrieb ihres Vaters aufgenommen. Sie wurde mit einem monatlichen Entgelt von 405 EUR und bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden versicherungspflichtig angemeldet. Im Fragebogen der Krankenkasse gab der Vater an, dass die Tochter wie eine fremde Arbeitskraft weisungsgebunden in den Betrieb eingegliedert sei und die Beschäftigung auch tatsächlich ausübe. Die Tätigkeit sei nicht wie
familienhafte Mitarbeit durch gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt.
Die Klägerin wirke bei der Führung des Betriebes z. B. auf Grund besonderer Fachkenntnisse mit. Ohne die Mitarbeit der Tochter müsste eine andere Arbeitskraft eingestellt werden.
Tatsächliche Verhältnisse sprachen gegen die Vertragsdaten
Die Krankenkasse zweifelte jedoch an diesen Angaben. Insbesondere der geringe Stundenlohn sprach dagegen, dass die Klägerin anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wurde. Bereits wenige Wochen nach dem Beschäftigungsbeginn musste die Tochter wegen einer schweren psychischen Krankheit stationär behandelt werden. Sie war längere Zeit arbeitsunfähig. Die Klägerin entband die behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht.
Daher konnten die Richter die medizinischen Aspekte nur auf Indizien gestützt beurteilen.
Die Klägerin und ihr Vater wussten bereits bei Vertragsschluss von der Erkrankung und der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit auf unabsehbare Zeit. Der Vater hatte den Betrieb bisher allein geführt, bevor er die Tochter einstellte.
Die Richter würdigten die Gesamtumstände und gingen davon aus, dass der Arbeitsvertrag nur geschlossen wurde, um einen Krankenversicherungsschutz für die Klägerin zu begründen. Es sei nicht ernstlich angestrebt gewesen, die wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag auch tatsächlich zu erfüllen.
Beweispflicht liegt beim Antragsteller
Wer die Versicherungspflicht begründen will, ist beweispflichtig für die entsprechende Tatsachen. Solche überzeugende Beweise, die die Versicherungspflicht begründen würden, konnte die Familie im vorliegenden Fall nicht beibringen. Folglich bestand kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.