6. Juli 2020

Steuern sparen beim E-Commerce

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Ein Beitrag in Zusammenarbeit mit Dr. Roger Gothmann – dem Umsatzsteuer-Experten und Gründer von Taxdoo.

Wir erleben aktuell eine Turbo-Digitalisierung in beinahe allen Bereichen unseres Lebens. Die Erschließung neuer Geschäftsfelder ist ein schnelles und probates Mittel, das Kerngeschäft anzukurbeln. Viele Unternehmen erweitern ihre bestehenden Marketing- und Verkaufskanäle um E-Commerce-Plattformen oder einen eigenen Online-Shop. Richtig eingesetzt erweitern eigene Online-Shop-Lösungen oder Amazon, eBay und Co. den Einflussbereich des eigenen Unternehmens. Hier erfahren Sie unter anderem, wie Sie Steuern sparen beim E-Commerce.

Amazon, eBay und Co.: Steuern sparen beim E-Commerce

Der Online-Riese Amazon ist nicht nur ein attraktiver Market-Place für Start-ups, sondern auch für etablierte Unternehmen. Fast 70 Prozent des Onlinehandels findet mittlerweile über elektronische Marktplätze wie z.B. Amazon, eBay oder Zalando statt. Marktführer bei vielen Produkten – und oft mit großem Abstand – ist Amazon. Dieser Marktplatz verkauft nicht nur Waren und Dienstleistungen im eigenen Namen. Amazon ermöglicht es auch externen Händlern, ihre Waren auf den sogenannten Amazon Marketplaces anzubieten.

Steuern sparen mit dem Verkaufsmodell Seller

Im ersten Artikel dieser Reihe betrachten wir zunächst nur den Verkauf über Amazon.de – den größten Marketplace in Europa. Außerdem beschäftigen wir uns mit der für Onlinehändler wichtigsten Steuer: der Umsatzsteuer. Wollen Sie mit dem Verkauf Ihrer Produkte über Amazon.de beginnen, haben Sie zunächst zwei Möglichkeiten.

Möglichkeit 1: Fulfillment by Merchant (FbM)

Dabei listen Sie Ihre Produkte auf Amazon.de, sodass Kunden diese bei ihrer Suche dort finden können. Kauft ein Kunde Ihr Produkt, erhalten Sie von Amazon ein Signal, um die Ware selbst verschicken zu können. Dabei nutzen Sie einen Logistiker Ihrer Wahl. Sollte der Kunde die Ware anschließend zurückgeben sollen, schickt er diese an Sie zurück.

Die gesamte Logistik obliegt also Ihnen, was somit auch den Begriff Fulfillment by Merchant erklärt.

Umsatzsteuer: Was ist zu beachten?

  1. Für jede Lieferung, die Sie tätigen, wird regelmäßig Umsatzsteuer anfallen. In Deutschland sind das aktuell 16 bzw. 5 Prozent. Diese Umsatzsteuer schulden Sie – das heißt, Sie müssen diese Steuer an das Finanzamt abführen – und nicht etwa Amazon.
  2. Dadurch, dass Sie Ihre Produkte auf Amazon listen, erbringt Amazon eine sogenannte Vermittlungsleistung für Sie. Diese Vermittlungsleistung – am Ende ist das die enorme Reichweite von Amazon – kostet im Durchschnitt 15 Prozent vom Bruttobetrag. Diesen Betrag behält Amazon unmittelbar vom Bruttoerlös ein. Das führt bei vielen Händlern nicht selten zu Fehlern in der Buchhaltung. Wir erklären das am folgenden Beispiel.
  • Kunde zahlt Bruttoverkaufspreis: 116 Euro
  • Nettoverkaufspreis: 100 Euro
  • Umsatzsteuer 16 Prozent: 16 Euro.
  • Vermittlungsprovision: 17,40 (15 Prozent von 116 Euro).
  • Betrag, den Amazon Ihnen auszahlt: 98,60

Oftmals wird jetzt im Rahmen der Buchhaltung dieser Auszahlungsbetrag – bzw. die Summe über den gesamten Monat – als Erlös deklariert und dann fälschlicherweise nur 13,60 Euro (16 Prozent von 98,60 Euro brutto) an das Finanzamt abgeführt anstelle der korrekten 16 Euro.

Dass Amazon die Provision einbehalten hat, nennt man einen abgekürzten Zahlungsweg. Theoretisch hätten Sie auch die 116 Euro vom Kunden erhalten können und daraus 16 Euro an das Finanzamt sowie 13,60 Euro an Amazon abführen müssen.

Darüber hinaus schulden Sie auch die Umsatzsteuer aus der Vermittlungsleistung. Warum?

Das gilt bei fast allen Dienstleistungen, die ein Unternehmer aus dem Ausland an Sie erbringt. Da auch für Dienstleistungen Umsatzsteuer anfällt und ausländische Unternehmen für den deutschen Fiskus nur schwer zu greifen sind, gibt es das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren. Das bedeutet nichts anderes, als dass ausnahmsweise der Leistungsempfänger – in dem Fall Sie – die Umsatzsteuer schuldet und abführen muss.

Da Amazon in Luxemburg sitzt, gilt das auch für die Vermittlungsprovision. (Hinweis: Eine Ausnahme bilden sogenannte Werbeleistungen, die Amazon über eine deutsche Tochtergesellschaft erbringt.)

Da Sie als Unternehmerin oder Unternehmer aber regelmäßig das Recht haben, sich für Eingangsleistungen die Umsatzsteuer als sogenannte Vorsteuer erstatten zu lassen, werden Sie damit effektiv nicht belastet, müssen aber zwingend alles im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Umsatzsteuer-Jahreserklärung an Ihr Finanzamt melden.

Die zweite Möglichkeit, auf bzw. über Amazon Produkte zu verkaufen, ähnelt von den bislang genannten Grundsätzen 1:1 dem Fulfillment by Amazon. Es kommt jedoch eine Besonderheit hinzu.

Fulfillment by Amazon

Möglichkeit 2: Fulfillment by Amazon (FbA)

FbA ist ein Service, um den viele Händler auf den Amazon-Marketplaces kaum noch herumkommen. Hinter FbA steht die Übernahme der gesamten Logistik inkl. der Lagerung, des Versands sowie der Bearbeitung von Retouren durch Amazon.

Teilweise kommt man im Rahmen von FbA mit den eigenen Produkten kaum noch in Kontakt. Amazon fördert FbA auch indirekt. So werden Kunden, die bei der Produktsuche den Haken bei “Prime” setzen, damit die Ware möglichst am nächsten Tag bei ihnen ist und die Retoure problemlos klappt, überwiegend nur Produkte von Händlern angezeigt, die FbA nutzen – von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Ändert das aus umsatzsteuerlicher Sicht etwas? Kaum! Allerdings steigt der Anteil der Gebühren, welche Amazon – wie oben beschrieben – vom Bruttopreis einbehält. Dafür gibt es eine Vielzahl an FbA-Gebühren, welche regelmäßig auch dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen.

Im Rahmen von FbA steigt der Anteil der Gebühren nicht selten auf bis zu 45 Prozent vom Bruttoverkaufspreis. Das ist erheblich. Auf der anderen Seite müssen Sie sich als Händler keine eigenen Logistikstrukturen aufbauen.
In einem unserer nächsten Blog-Beiträge erklären wir Ihnen den Begriff der Lieferschwelle – relevant, wenn Sie grenzüberschreitend verkaufen. Und welche umfassenden Konsequenzen es haben kann, wenn Amazon Ihnen im Rahmen von FbA anbietet, 50 Cent pro Lieferung zu sparen. Hier sei bereits das Kürzel CEE genannt.

Büsra Karadag

Associate Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht, LL.M.

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