Kompromiss zum Whistleblower-Gesetz: Was Sie als Unternehmer jetzt wissen müssen
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9. Mai 2023

Kompromiss zum Whistleblower-Gesetz: Was Sie als Unternehmer jetzt wissen müssen

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Das geplante Whistleblower-Gesetz soll Hinweisgeber:innen, die auf Missstände in ihrem Unternehmen oder in Behörden aufmerksam machen, besser vor negativen Folgen schützen. Deutschland setzt damit eine EU-Richtlinie um, die bereits seit Dezember 2021 gilt. Nach langem Streit zwischen Bund und Ländern wurde nun nach internen Informationen von Beteiligten ein Kompromiss gefunden, der voraussichtlich im Mai 2023 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird. Was das neue Gesetz für Sie als Unternehmer:in bedeutet und warum die Beratung durch eine Wirtschaftskanzlei sinnvoll ist, erfahren Sie hier.

Ziel des geplanten Whistleblower-Gesetzes

Das Whistleblower-Gesetz hat als Ziel, Aufdecken und Handeln von Missständen wie Betrug, Korruption oder Verstöße gegen den Umwelt- oder Verbraucherschutz zu erleichtern. Wer Missstände intern oder extern meldet, soll vor Nachteilen wie Kündigung, Mobbing oder Schadensersatzforderungen geschützt werden. Damit soll das Gesetz einen Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit und zum Schutz des Gemeinwohls leisten.

Das Gesetz setzt die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, der Whistleblower-Richtlinie, in nationales Recht um. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis zum 17. Dezember 2021 nationale Regelungen zum Schutz von Hinweisgebern zu erlassen. Deutschland hat diese Frist nicht eingehalten.

Whistleblower-Gesetz: Das ist der gefundene Kompromiss

Der Kompromiss zwischen Bund und Ländern sieht vor, dass sich Hinweisgeber vorrangig an interne Meldestellen wenden sollen, die Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes einrichten müssen. Kleinere Unternehmen haben dafür bis Dezember 2023 Zeit. Die Meldestellen müssen sicherstellen, dass die Identität der Hinweisgeber geschützt wird und ihnen keine Nachteile entstehen. Zudem soll eine zusätzliche Stelle beim Bundesamt für Justiz als externe Anlaufstelle dienen. An die Medien dürfen sich Hinweisgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen wenden, etwa wenn die interne oder externe Stelle nicht innerhalb einer bestimmten Frist reagiert oder das öffentliche Interesse akut gefährdet ist.

Der Kompromiss verzichtet – wie wir bereits in unserem vorherigen Beitrag zum geplanten Hinweisgeberschutzgesetz vermutet haben – auf die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung zur Einrichtung anonymer Meldewege; das wurde von der Union als bürokratisch und missbrauchsanfällig kritisiert. Die SPD hält diesen Verzicht für vertretbar und geht davon aus, dass viele Unternehmen solche Kanäle freiwillig anbieten werden. Der Kompromiss erweitert zudem den Anwendungsbereich des Gesetzes auf alle Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach deutschem Recht, nicht nur nach EU-Recht. Ferner werden auch Hinweise auf verfassungsfeindliche Äußerungen von Amtsträger:innen geschützt.

Der nun erzielte Kompromiss ersetzt den Regierungsentwurf vom Juli 2022, der im Dezember 2022 vom Bundestag beschlossen wurde, aber im Februar 2023 im Bundesrat scheiterte. Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah unter anderem eine Pflicht zur Einrichtung anonymer Meldekanäle vor und bezog sich nur auf Verstöße gegen EU-Recht.

Welche Konsequenzen ergeben sich, für Sie als Unternehmer:in

Das Whistleblower-Gesetz hat für Unternehmer:innen in Deutschland weitreichende Folgen. Sie müssen nicht nur interne Meldestellen einrichten und betreiben, sondern auch Ihre Compliance-Strukturen und -Prozesse anpassen und Ihre Mitarbeiter schulen und sensibilisieren. Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass vermehrt Hinweise auf Missstände eingehen und diese schnell und professionell bearbeitet werden. Andernfalls drohen Ihnen nicht nur Sanktionen durch die zuständigen Behörden, sondern auch Reputationsschäden und Rechtsstreitigkeiten mit Hinweisgeber:innen oder Dritten.

Das geplante Gesetz sieht vor, dass Sie bei Verstößen gegen das Gesetz mit Bußgeldern bis zu 100.000 Euro belegt werden können. Zusätzlich können Sie sich gegenüber Hinweisgeber:innen schadensersatzpflichtig machen.

Um diese Risiken zu minimieren, können Sie folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Überprüfen Sie Ihr bestehendes Compliance Management System (CMS) auf Wirksamkeit und Aktualität.
  • Richten Sie eine interne Meldestelle ein oder passen Sie Ihre bestehende Meldestelle den neuen Anforderungen an.
  • Informieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Whistleblower-Gesetz und ihre Rechte und Pflichten als Hinweisgeber:in oder Hinweisempfänger:in.
  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit Hinweisen und sensibilisieren Sie sie für Compliance-Themen.
  • Bearbeiten Sie eingehende Hinweise professionell und dokumentieren Sie alle Schritte.

Unsere Einschätzung:

Die Einhaltung der Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes kann für Unternehmen eine komplexe Angelegenheit sein. Die Optimierung der Compliance-Organisation und das Erfüllen gesetzlicher Vorgaben kann das Zurückgreifen auf die Expertise einer erfahrenen Wirtschaftskanzlei erforderlich machen. Hier bekommen Sie Unterstützung bei der rechtssicheren Einrichtung und Betreiben interner Meldestellen. Rechtssicherheit ist auch bei der Erstellung oder Anpassung von Richtlinien und Verfahren sowie der Schulung von Mitarbeiter:innen wichtig.

Sollten Sie Fragen zum Hinweisgeberschutzgesetz und seiner Umsetzung haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir beraten Sie.

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