Umsatzsteuerliche Änderungen für den Betrieb von PV-Anlagen
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17. März 2023

Umsatzsteuerliche Änderungen für den Betrieb von PV-Anlagen

Kategorien: Allgemein

Die Änderungen bei Photovoltaikanlagen im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 haben für viele Fragen bei unseren Mandant:innen gesorgt. Nachdem Sie in der letzten Woche alles Wissenswerte zu ertragsteuerlichen Änderungen lesen konnten, geht es hier um umsatzsteuerliche Änderungen beim Betrieb von Photovoltaikanlagen.

Umsatzsteuerliche Änderungen bei PV-Anlagen

Bei der Umsatzsteuer wurde in § 12 Abs. 3 UStG ein Nullsteuersatz eingeführt. Dieser gilt für

  • die Lieferung,
  • den innergemeinschaftlichen Erwerb,
  • die Einfuhr sowie
  • die Installation 

von Solarmodulen.

Der Vorteil des Nullsteuersatzes gegenüber einer Steuerbefreiung liegt darin, dass es sich weiterhin um steuerbare sowie steuerpflichtige Lieferungen und Leistungen handelt. So ist ein Vorsteuerabzug auf Ebene des Verkäufers oder Handwerkers weiterhin möglich. 

Der Vorteil auf Käuferseite liegt darin, dass keine Umsatzsteuer mehr anfällt. Für Privatbetreiber war diese lediglich über den Verzicht der Anwendung der Kleinunternehmerregelung als Vorsteuer abzugsberechtigt. Von der neuen Regelung profitieren insbesondere Steuerpflichtige, die eine Anlage auf dem Dach des Eigenheimes oder eines vermieteten Objektes betreiben.

Nachweis der sachlichen Voraussetzungen – Risiko des leistenden Unternehmers

Der Nullsteuersatz gilt nur, wenn die Anlage auf oder in der Nähe von Wohngebäuden installiert wird. Hiervon wird aus Vereinfachungsgründen ausgegangen, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage nicht mehr als 30 KWp beträgt oder betragen wird.

Für die leistenden Unternehmen bedeutet dies, dass sie bei jeder Lieferung und Leistung im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 (UStG) überprüfen und im Zweifel dem Finanzamt nachweisen müssen, dass diese Voraussetzungen bei der jeweiligen Anlage erfüllt waren.

Nach Veröffentlichung des Gesetzestextes und der Gesetzesbegründung war unklar, wie genau der Nachweis aussehen muss. Die gestellten Anforderungen wurden nun in Abschnitt 12.18 Abs. 4 bis 6 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) aufgenommen. 

Ein gemischt genutztes Gebäude gilt als begünstigt, wenn der nicht begünstigte Teil (gewerbliche oder sonstige Räumlichkeiten) gegenüber dem begünstigten Teil (Wohnräume)  nicht deutlich überwiegt. Dies ist der Fall, wenn der begünstigte Teil mindestens zehn % der Gesamtnutzfläche des Gebäudes umfasst. Diese Prüfung entfällt, wenn die Gesamtleistung der PV-Anlage nicht mehr als 30 KWp beträgt (Vereinfachungsregelung). 

Für den Nachweis gegenüber dem Finanzamt reicht es aus, wenn der Leistungsempfänger erklärt, dass er Betreiber der Anlage ist und entweder die Voraussetzungen für ein begünstigtes Gebäude vorliegen oder die Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen wird. Diese Erklärung sollte schriftlich erfolgen, kann aber auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abgebildet werden.

Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen und Entnahmen

Es gibt keine Änderungen bei Umsätzen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage. Die Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %. Da bei der Anschaffung von Neuanlagen der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung mangels Umsatzsteuerausweises nicht mehr erforderlich ist, ensteht in den meisten Fällen (Kleinanlagen) keine Umsatzsteuerschuld.

Dies liegt daran, dass die Kleinunternehmerregelung ab Anschaffung der Anlage problemlos angewendet werden kann. Erst wenn die Grenze der Kleinunternehmerregelung überschritten wird, fällt Umsatzsteuer auf die Einnahmen an.

Dies gilt nicht für Entnahmen. Hier ist auch bei Nichtanwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung keine Wertabgabenbesteuerung vorzunehmen, da diese an einen vorherigen Vorsteuerabzug anknüpft. Die Unternehmereigenschaft bleibt bestehen, die umsatzsteuerliche Einordnung erfolgt unabhängig von der ertragsteuerlichen Beurteilung im Sinne des § 3 Nr. 72 EStG.

Wie wirken sich die Änderungen auf bestehende Photovoltaikanlagen aus?

Für Bestandsanlagen ergeben sich keine umsatzsteuerlichen Änderungen. Hat ein Betreiber in der Vergangenheit auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, konnte er die Vorsteuer abziehen und bleibt nach den gesetzlichen Vorgaben des § 19 UStG weiterhin daran gebunden. 

Hat er den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen, unterliegen die Umsätze und Entnahmen als unentgeltliche Wertabgaben der Umsatzsteuer. Gestaltungsüberlegungen bestehen mit Blick auf die Entnahme der PV-Anlage in das Privatvermögen oder die Veräußerung (oder Schenkung) der Anlage. 

Neben bereits geltender Verwaltungsauffassung hat das BMF mit Schreiben vom 27.02.2023 derartige Gestaltungen erschwert. Hier sind eine sorgfältige Analyse und Umsetzung erforderlich.

Sonderfall: Leasing von PV-Anlagen

Der Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG ist grundsätzlich nicht auf Leistungen anwendbar, die aus der zeitlich befristeten Überlassung von PV-Anlagen, gegebenenfalls inklusive Installation und Serviceleistungen, bestehen (Leasing-Modelle). Diese Ausnahme resultiert aus der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, die der Gesetzgeber bei dem Erlass von Gesetzen auf nationaler Ebene  berücksichtigen muss. 

Leasingmodelle sind mittlerweile sehr gefragt und verbreitet. Am Markt gibt es einige Unternehmen, deren Geschäftsmodell ausschließlich darauf beruht. Die Nichtanwendbarkeit des Nullsteuersatzes würde für diese einen deutlichen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Dieser Nachteil kann ausgeglichen werden. Dazu müssen die Leasingverträge so gestaltet werden, dass sie umsatzsteuerlich als Lieferung dargestellt werden.

Maßgeblich hängt dies von

  • der Vertragslaufzeit,
  • den Leasingkosten,
  • dem Wert der Anlage,
  • der Kaufoption am Ende der Vertragslaufzeit und
  • dem Kaufpreis

ab.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann das Leasingmodell dem Nullsteuersatz unterliegen.
Dies hat das BMF mit Schreiben vom 27.02.2023 durch Änderung des Abschnitts 12.18 Abs. 1 UStAE bestätigt. 

Zu beachten ist, dass die Anwendung des Nullsteuersatzes auf das eigentliche Leasingentgelt beschränkt ist. Service- und Versicherungsleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz. Die Leasingrate wird dazu in einzelne Bestandteile aufgeteilt. Hilfsweise kann nach dem BMF-Schreiben ein Ansatz von 90 % für die Überlassung des Wirtschaftsguts und 10 % für die Serviceleistungen gewählt werden, sodass eine Aufteilung nicht notwendig ist. Es wird so die Gleichstellung mit Unternehmern hergestellt, die tatsächliche Lieferungen von PV-Anlagen erbringen.

Es muss beachtet werden, dass die Leasingverträge ordnungsgemäß gestaltet sind und die umsatzsteuerliche Einordnung der Leistung als Lieferung unzweifelhaft gegeben ist. Das Risiko liegt hier beim leistenden Unternehmer.

Hintergrund zu den umsatzsteuerlichen Änderungen für Photovoltaikanlagen

In unseren vorherigen Beiträgen finden Sie die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 geplanten umsatz- und ertragsteuerlichen Änderungen für Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sowie über die finalen Gesetzesänderungen

Unsere Einschätzung:

Aus umsatzsteuerlicher Sicht sind die Fragezeichen deutlich kleiner als aus ertragsteuerlicher Sicht. Mit dem BMF-Schreiben vom 27.02.2023 hat die Finanzverwaltung bereits sehr zeitnah reagiert und die Unklarheiten, insbesondere in der praktischen Umsetzung, weitgehend beseitigt. Die Fallstricke sind auch hier deutlich geringer.

Sollten Sie Fragen zur Anschaffung und zum Betrieb einer Photovoltaikanlage und zur Versteuerung der Einnahmen haben, sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Raphael Niederstraßer

Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. Taxation

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