So vermeiden Sie eine Doppelbesteuerung bei Share Deals
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7. März 2023

So vermeiden Sie eine Doppelbesteuerung bei Share Deals

Kategorien: Allgemein

Share Deals sind Anteilskäufe an Unternehmen, in deren Vermögen sich auch Grundstücke befinden können. Share Deals können auch ein Gestaltungselement zur Einsparung von Grunderwerbsteuern bei der Übertragung von Grundvermögen sein. Was Sie zu Share Deals wissen sollten und wie Sie eine mögliche Doppelbelastung verhindern, erfahren Sie hier.

Share Deals sind relevant für die Grunderwerbsteuer

Meistens ist die Übertragung von Grundbesitz gar nicht das primäre Ziel eines Anteilskaufs. Erstes Ziel ist meistens die Übernahme eines operativen Unternehmens in seiner bisherigen Gesamtstruktur. Dennoch sind Share Deals grunderwerbsteuerrelevant, sobald Grundstücke zum Vermögen der anzukaufenden Gesellschaft zählen. Durch eine Änderung der Verwaltungsauffassung und des Grunderwerbsteuergesetzes droht nun sogar eine doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer.

Warum droht eine Doppelbesteuerung bei der Grunderwerbsteuer?

Der Erwerb von mindestens 90 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft löst Grunderwerbsteuer aus. Seit Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG gilt dies unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft sowohl für Personengesellschaften als auch für Kapitalgesellschaften. Im Zuge der Gesetzesänderung wurde auch die vorherige Beteiligungshürde von 95 auf 90 Prozent abgesenkt. Der Gesetzgeber will damit die gestalterische Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Share Deals erschweren.

Bei einer Anteilsübertragung wird die Grunderwerbsteuer nach der Gesetzessystematik zweifach ausgelöst:

1.)   im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes, dem Signing nach § 1 Abs. 3 oder 3a GrEStG sowie

2.) im Zeitpunkt der tatsächlichen Anteilsübertragung, also der Erfüllung des Verpflichtungsgeschäftes (sog. Closing), nach § 1 Abs. 2a oder 2b GrEStG

So handhabte die Finanzverwaltung Share Deals bisher

Um keine doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer bei Anteilskäufen auszulösen, verzichtete die Finanzverwaltung bisher regelmäßig auf die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG für das Signing. Dies war mit dem gesetzlichen Vorrang der Closing-Tatbestände begründet. In § 1 Abs. 3 GrEStG heißt es nämlich, dass eine Besteuerung nur vorzunehmen ist, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a oder 2b GrEStG nicht in Betracht kommt.

Share Deals: Das ändert sich durch das Jahressteuergesetz 2022

Die Finanzverwaltung vertritt mittlerweile die umstrittene Auffassung, dass sowohl Signing-Tatbestand als auch Closing-Tatbestand separat anwendbar seien. Ein Ausschluss des § 1 Abs. 3 GrESt aufgrund des Vorrangs der Closing-Besteuerung soll nur vorliegen, sofern – was in der Praxis äußerst selten der Fall ist – Signing und Closing zeitlich zusammenfallen. Nur dann würde der Gesetzesvorrang des § 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG den Signing-Tatbestand verdrängen. Bei der Mehrzahl der Fälle wird die Grunderwerbsteuer aufgrund der neuerlichen Auffassung der Finanzverwaltung bei Share Deals jedoch grundsätzlich doppelt ausgelöst.

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde daher der § 16 GrEStG um die Absätze 4a und 5 erweitert. Nach Absatz 4a soll eine Doppelbesteuerung rückgängig gemacht werden, wenn es zum Closing der Transaktion gekommen ist und bereits eine Steuer für das Signing festgesetzt wurde. Im Ergebnis soll die Grunderwerbsteuer beim Share Deal also weiterhin nur einmal anfallen und die für das Signing erhobene Grunderwerbsteuer erstattet werden.

Immerhin soll auch laut Erlass der Länder vom 10.05.2022 eine Festsetzung nach § 1 Absatz 3 GrEStG grundsätzlich nur erfolgen, wenn „bis zu einem Jahr nach Kenntnisnahme der Finanzverwaltung von dem steuerbegründenden Sachverhalt eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht zu erwarten ist“. Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Grundstücksbestand der Gesellschaft zwischen Signing und Closing nicht geändert hat.

Share Deal: Beachten Sie die Frist zur Rückgängigmachung der Doppelbesteuerung

Entscheidend für die Rückgängigmachung ist die Vorgabe des § 16 Abs. 5 GrEStG. Demnach ist eine Anwendung des Absatzes 4a und damit die Aufhebung der Signing-Grunderwerbsteuer nur möglich, wenn sowohl nach dem Signing als auch nach dem Closing der Transaktion eine rechtzeitige und vollständige Anzeige der jeweils grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestände gegenüber dem Finanzamt erfolgt sind.

Die Grunderwerbsteuer-Anzeige muss grundsätzlich innerhalb von nur zwei Wochen nach Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes, also Signing oder Closing, erfolgen. Enthalten muss die Anzeige sämtliche relevanten Informationen über die betroffenen Grundstücke

  •   Grundbuch
  •   Adresse
  •   Größe
  •   und Bebauung

Sie müssen auch die betroffene Gesellschaft und den Veräußerer bzw. die Veräußerin der Anteile nennen.

Gehen diese Anzeigen verspätet oder unvollständig bei der Finanzverwaltung ein, droht die Gefahr der Doppelbesteuerung mit Grunderwerbsteuer, da die Rückabwicklung der „zweifachen“ Grunderwerbsteuer nicht mehr hinreichend sicher begehrt werden kann.

Unsere Einschätzung

Die neue Auffassung der Finanzverwaltung bei Share Deals sorgt für erhebliches Risiko bei der Grunderwerbsteuer. Eine rechtzeitige Abgabe der Grunderwerbsteueranzeigen kann wegen der kurzen Frist von zwei Wochen eine große Herausforderung sein. Das gilt besonders dann, wenn beim Anteilskauf nicht alle zwingend notwendigen Informationen vorliegen.

Zur Vermeidung einer doppelten Grunderwerbsteuerbelastung ist eine fristgerechte und vollständige Anzeige unverzichtbar. Also Vorsicht bei Unternehmenstransaktionen, wenn sich Grundstücke im Unternehmensvermögen befinden. Sollten Sie den Erwerb eines Unternehmens planen, empfehlen wir Ihnen den fachkundigen Rat eines interdisziplinären Teams. Dafür stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Peter Kollenbroich

Partner, Steuerberater, Fachberater für Immobilienbesteuerung, LL.M.

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