"Gewinnabführungsvertrag und ertragsteuerliche Organschaft – das Urteil des Finanzgerichts Köln"
© Stockwerk-Fotodesign / Adobe Stock

22. Februar 2023

Gewinnabführungsvertrag und ertragsteuerliche Organschaft – das Urteil des Finanzgerichts Köln

Kategorien: Unkategorisiert

Inhaltsverzeichnis

In der Unternehmenspraxis und Gestaltungsberatung erfreuen sich Gewinnabführungsverträge oder Ergebnisabführungsverträge zur Bildung von ertragsteuerlichen Organschaften großer Beliebtheit. Das Finanzgericht Köln hat dazu ein Urteil gesprochen, das Sie kennen sollten.

Finanzgericht Köln Urteil: Erfüllung der Abführungsverpflichtung in angemessener Zeit

In einer ertragsteuerlichen Organschaft verpflichtet sich eine Gesellschaft (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag dazu, ihren gesamten Gewinn an ein anderes Unternehmen (Organträger) abzuführen. Gleichzeitig verpflichtet sich die Organträgerin zur Übernahme sämtlicher Verluste der Organgesellschaft. Der Gewinn oder Verlust der Organgesellschaft wird in der Folge bei der Organträgerin versteuert. So können insbesondere in größeren Unternehmensgruppen gesellschaftsübergreifende Gewinn- und Verlustverrechnungen für Zwecke der Ertragsteuern erreicht werden. Nur wenn ein solcher Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt wird, erkennt das zuständige Finanzamt dies für steuerliche Zwecke an. Das Finanzgericht Köln hat sich in einem Urteil kürzlich mit der Frage nach der tatsächlichen Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags beschäftigt. Nach Ansicht des Gerichts ist eine Erfüllung der Abführungsverpflichtung “in angemessener Zeit” erforderlich. Andernfalls droht die Nichtanerkennung des Gewinnabführungsvertrags und damit der ertragsteuerlichen Organschaft.

Was sind die Voraussetzungen für eine ertragsteuerliche Organschaft?

Eine ertragsteuerliche Organschaft setzt einen zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag voraus. Dieser muss mindestens über einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt werden, ansonsten wird die Organschaft von der Finanzverwaltung nicht anerkannt. Ein von der Organgesellschaft abgeführter Gewinn würde bei einem Scheitern der Organschaft als Gewinnausschüttung an das Mutterunternehmen mit steuerlichen Folgen gewertet werden. Konkrete gesetzliche Vorgaben zur Durchführung, besonders der Gewinnabführung, enthält der Gesetzeswortlaut nicht. Daher hatte das Finanzgericht Köln zu entscheiden, ob eine Organschaft anzuerkennen oder diese mangels tatsächlicher Durchführung gescheitert ist.

Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Finanzgerichts Köln zugrunde?

Im Streitfall wurde für die betroffenen Steuerjahre nur die Gewinnabführungspflicht gegenüber der Organträgerin auf einem laufenden Verrechnungskonto bei der Organgesellschaft gebucht. Gegenläufige Forderungen oder (Pauschal-)Zahlungen der Organgesellschaft sind auf diesem Konto nicht erfasst worden. Laut dem Finanzamt konnte die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto daher nicht als Erfüllung des Gewinnabführungsvertrags angesehen werden. Die klagende Gesellschaft vertrat die Auffassung, dass es ausreicht, die Gewinnabführungsverpflichtung auf einem Verrechnungskonto namens „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter“ zu erfassen. Hierdurch sei eine Umwandlung in ein Darlehen erfolgt und die Gewinnabführung damit erfüllt.

Verbuchung als Verbindlichkeit reicht für tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags nicht aus

Das Finanzgericht Köln schloss sich der Auffassung der Finanzverwaltung an und urteilte am 21.06.2022, dass der Gewinnabführungsvertrag von der klagenden Gesellschaft nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Organschaft daher nicht anerkannt wird. Damit folgt es der wohl herrschenden Meinung in der Fachliteratur, nach der ein Gewinnabführungsvertrag nur durch Begleichung der Abführungsverpflichtung innerhalb angemessener Zeit auch tatsächlich durchgeführt wird.

Im Urteilsfall ist die Verpflichtung nicht innerhalb angemessener Zeit beglichen worden, da die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto nicht ausreicht. Die Verbuchung der Gewinnabführungsverpflichtung kam lediglich dem Ausweis der nämlichen Verbindlichkeit gegenüber dem Organträger gleich. Entscheidend war, dass es im Streitfall an einer tatsächlichen Verrechnung und damit einem Ausgleich mit Forderungen der Organgesellschaft gegen die Organträgerin auf dem Verrechnungskonto fehlte.

Aufrechnung mehrere Jahre später führt ebenfalls zu keiner tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags

Bei der tatsächlichen Aufrechnung im Jahr 2017 betreffend die Gewinnabführungszeiträume 2009 bis 2011 verneinte das FG Köln die Durchführung innerhalb angemessener Zeit. Das Finanzgericht erkannte folglich die ertragsteuerliche Organschaft für die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer nicht an und erklärte die vom Finanzamt erlassenen Bescheide für rechtmäßig. Die Richter ließen jedoch gegen das Urteil Revision zu. Diese ist beim BFH anhängig (Az.: I R 37/22). Es bleibt daher abzuwarten, wie sich der erste Senat des BFH zu dieser Frage äußert.

Tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags durch Zahlung oder Aufrechnung sicherstellen

Das Urteil des Finanzgerichts Kölns zeigt, dass Sie auf die tatsächliche Durchführung von Gewinnabführungsverträgen unbedingt achten sollten. Dies kann durch zeitnahe Zahlung der Tochtergesellschaft erfolgen. Alternativ können Forderungen gegenüber der Organträgerin mit der Gewinnabführungsverpflichtung verrechnet werden. Hierfür ist jedoch zwingend eine entsprechende und eindeutige Buchung auf dem Verrechnungs- oder Verbindlichkeitskonto notwendig.

Wären im Fall des FG Köln regelmäßige Gegenforderungen oder Zahlungen auf dem Verrechnungskonto verbucht worden und hätten diese so zum (teilweisen) Ausgleich des Verrechnungskontos geführt, wäre eine Gewinnabführung dadurch auch (zumindest teilweise) tatsächlich erfolgt.

Unserer Einschätzung

Um ungewollte steuerliche Folgen aus der Nichtanerkennung der Organschaft zu verhindern, ist eine Überprüfung der tatsächlichen Durchführung der Gewinnabführung und des Verlustausgleichs innerhalb ertragsteuerlicher Organschaften unbedingt notwendig. Werden diese Verpflichtungen nicht zeitnah durch Zahlungen erfüllt, sollten Sie genau prüfen, ob eine Begleichung durch Verrechnung mit regelmäßigen gegenläufigen Ansprüchen erfolgt ist.

Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung? Dann sprechen Sie unser Team gerne jederzeit an.

Peter Kollenbroich

Partner, Steuerberater, Fachberater für Immobilienbesteuerung, LL.M.

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

Tags

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Gilt das Homeoffice als Betriebsstätte?

    Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 05.02.2024 eine Neufassung des Anwendungserlasses (AEAO) zu den Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte (§ 12 AO) sowie dem Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) erlassen. Der Ort der Geschäftsleitung und die Betriebsstätte [...]

    Christian Kappelmann

    26. Apr 2024

  • Jahresabschluss: Handelsrechtliche Pflichten, Grundsätze und Fristen

    Jeder, der ein Unternehmen betreibt oder eine Organisation als Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand leitet, weiß, dass der Jahresabschluss eine wichtige Rolle spielt. Handelsrechtliche Aufstellungspflichten sind gesetzliche Anforderungen, die Unternehmen zu Jahresabschlüssen gemäß den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) verpflichten. Sie dienen der [...]

    Lars Rinkewitz

    25. Apr 2024

  • Say-on-Climate: Die Rechte der Hauptversammlung bei nachhaltiger Unternehmensführung

    Die Unternehmensführung hat gemäß den gesetzlichen Bestimmungen Mitspracherechte bei der nachhaltigen Führung des Unternehmens. Dabei ist als Ausgangspunkt festgehalten, dass das aktienrechtliche Kompetenzgefüge Fragen des Klimaschutzes – als Teil der Geschäftsführung – dem Vorstand überantwortet. Die Frage ist, ob  die [...]

    Paola Koudela

    24. Apr 2024