Hinweisgeberschutzgesetz_ Im Bundesrat zunächst gescheitert
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14. Februar 2023

Hinweisgeberschutzgesetz: Im Bundesrat zunächst gescheitert

Inhaltsverzeichnis

Am 10. Februar 2023 hat der Bundesrat seine Zustimmung zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verweigert. Das HinSchG wurde am 16.12.2022 durch den Deutschen Bundestag beschlossen und soll mit einiger Verspätung die Whistleblowing-Richtlinie (EU) 2019/1937 der Europäischen Union in nationales Recht umsetzen. Die verweigerte Zustimmung hat weitere Anpassungen durch den Vermittlungsausschuss zur Folge. Was Sie jetzt wissen müssen, finden Sie hier?

Hinweisgeberschutzgesetz: Welche Funktion hat die interne Meldestelle?

Den Beschäftigten kommt eine besondere Rolle bei der

  • Aufdeckung,
  • Untersuchung
  • und Verfolgung von Rechtsverstößen in Unternehmen und Behörden zu.

Bei ihrer täglichen Arbeit nehmen sie Verstöße oft als erste wahr und können zur Behebung beitragen. Beschäftigte fürchten aber auch Repressalien durch ihre Arbeitgeber:innen. Darum hat der Deutsche Bundestag mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ein Regelwerk mit besserem Schutz für Hinweisgeber beschlossen.

In erster Linie erfolgt der Hinweisgeberschutz nach dem HinSchG unternehmensintern durch interne Meldestellen. Erst auf zweiter Ebene können durch den Hinweisgeber externe Meldestellen wie  Behörden hinzugezogen werden. Schließlich liegt es im Unternehmensinteresse, dass Missstände zuerst intern behandelt und behoben werden. Die Einrichtung einer internen Meldestelle ist der wichtigste Schutz für den Hinweisgeber auf Unternehmensebene. Sie betreibt Meldekanäle, über die Beschäftigte vertraulich Hinweise auf Verstöße abgeben können. Sie prüft die Meldungen und ergreift, falls nötig, Folgemaßnahmen. Während des Verfahrens muss der Schutz des Hinweisgebers stets gewährleistet sein.

Welche Unternehmen betrifft das Hinweisgeberschutzgesetz?

Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle ist gestaffelt: Ab Inkrafttreten des Gesetzes soll sie zunächst Beschäftigungsgebern mit mindestens 250 Mitarbeiter:innen betreffen. Ab dem 17. Dezember 2023 gilt das Whistleblower-Gesetz auch in Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeiter: innen. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiter:innen sind nicht zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtet.

Wie wird das Hinweisgeberschutzgesetz in bestehende Compliance-Strukturen eingebettet?

Die Klärung dieser Fragen ist im Interesse von Unternehmen; sie können aber auch selbst Maßnahmen zur rechtssicheren Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes treffen. Vor dem Hintergrund steigenden Anforderungen durch immer neue Compliance-Vorschriften, stellt sich in der Praxis die Frage, ob sich die Vorgaben des Whistleblower-Gesetzes nicht bereits mit anderen gesetzlichen Anforderungen überschneiden. Kostenintensive und umständliche Doppelstrukturen sollten durch vereinheitlichte Verfahrensabläufe vermieden werden. Die Verschlankung und Vereinheitlichung interner Abläufe haben Unternehmen selbst in der Hand. Häufig bestehen bereits ausgeprägte Compliance-Strukturen. Mithilfe eines qualifizierten Rechtsrats können die rechtssicher an die erweiterten Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes angepasst und genutzt werden.  

Viele neuere Compliance-Regelungen ähneln sich und Synergieeffekte liegen nahe. So stellt zum Beispiel, das Anfang des Jahres in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ganz vergleichbare Anforderungen und verlangt die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie die schriftliche Niederlegung des Verfahrensgangs. Abgesehen von zu prüfenden Detailfragen können die Meldeverfahren im Rahmen des HinSchG und des LkSG zusammengeführt werden. Das beugt einem unübersichtlichen Wust unternehmensinterner Vorschriften vor und macht das Meldeverfahren effektiv und effizient. Es gibt auch die Möglichkeit zur Bündelung verschiedene Funktionen in einer zuständigen Stelle; auch das kann im Einzelfall zu Vereinfachungen führen.

Welche Bußgelder drohen bei Missachtung des Hinweisgeberschutzgesetzes?

Die Verpflichtungen nach HinSchG sind bußgeldbewehrt. Verstöße stellen Ordnungswidrigkeiten dar. Wer nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist, den erwarten Bußgelder von bis zu 20.000 EUR. Auch Verstöße gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) können mit Bußgeldern geahndet werden.

Unsere Einschätzung: Diese Änderungen sind nach verweigerter Zustimmung des Bundesrats möglich

Aufgrund der verweigerten Zustimmung durch den Bundesrat ist es möglich, dass weitere Änderungen am HinSchG vorgenommen werden. Die CDU/CSU-Fraktion hatte in einem eigenen Entschließungsantrag eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen geäußert, die nun wieder auf den Tisch kommen. Besonders zwei Punkte sind relevant:

Zum einen verlangte die CDU/CSU, die Möglichkeit für Konzerngesellschaften, eine unabhängige Stelle bei einer anderen Konzerngesellschaft mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragen zu können, unionsrechtlich abzusichern. Die Vereinbarkeit des HinSchG mit der Whistleblowing-Richtlinie der Union wird nämlich teilweise infrage gestellt. Für Konzernunternehmen geht es hier darum, ob sie durch die Einrichtung einer zentralen Meldestelle für den gesamten Konzern die Einrichtung einer Vielzahl von Meldestellen in den einzelnen Konzernunternehmen vermeiden können. Vielfach geht es hier um erheblichen Mehraufwand. Hier die Unionsrechtskonformität abzusichern, ist also wünschenswert. Der Regierungsentwurf hatte eine solche lediglich behauptet.

Zum anderen wurde verlangt, die Pflicht zur Gewährung anonymer Kontaktmöglichkeiten und anonymer Kommunikation zwischen Meldestelle und Hinweisgeber zu streichen. Diese bedeutet für Unternehmen einen Mehraufwand, da sie anonymisierte Meldekanäle vorhalten muss. Viele Pflichten nach dem HinSchG, etwa die Pflicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung oder zur Rückmeldung nach Verfahrensabschluss, lassen sich bei anonymisierten Meldungen nicht in gleicher Weise erfüllen, wie es für offene Meldungen vorgesehen ist. Exemplarisch wird ein anonymer Hinweisgeber in aller Regel keine Kontaktdaten hinterlassen, die eine spätere Kontaktaufnahme zur Sachverhaltsaufklärung ermöglichen.

Um bei der Ausschöpfung bestehender Gestaltungsspielräume ebenso rechtssicher wie effizient vorzugehen, empfehlen wir professionellen Rechtsrat. Sprechen Sie uns daher gerne an – wir beraten Sie.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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