Virtuelle Hauptversammlung 2023– Für wen gilt Anwesenheitspflicht?
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7. Februar 2023

Virtuelle Hauptversammlung 2023– Für wen gilt Anwesenheitspflicht?

Aktiengesellschaften können  ihre Hauptversammlungen nun zum dritten Mal in Folge digital abhalten. Ursprünglich war das eine Notlösung wegen der Corona-Pandemie.  Seit Juli 2022 ist das virtuelle Format fest im Aktiengesetz verankert. Allerdings dürfen nicht alle Teilnehmer zuhause bleiben. Was gesetzlich geregelt ist, findenSie hier. 

Keine Rückkehr zu analogen Präsenzveranstaltungen trotz Ende der Pandemie

Die Pandemie ist unter Kontrolle und Präsenzversammlungen sind auch in größerem Umfang wieder möglich. Trotzdem haben bereits über die Hälfte der Dax- und MDax-Unternehmen die Planung einer digitalen Jahreshauptversammlung für 2023 angekündigt. Aus der Notlösung wird ein neuer Standard.

Es sprechen viele Punkte für eine virtuelle Hauptversammlung:

  • Kostenersparnis, 
  • höhere Reichweite,
  • ökologische Aspekte
  • Zeitersparnis bei der Durchführung 

Diese Aspekte sind für viele Unternehmen ausschlaggebende Argumente.

Für wen gilt bei virtuellen Hauptversammlungen eine Anwesenheitspflicht? 

Die rechtliche Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung bedeutet nicht, dass alle Teilnehmer von zu Hause aus teilnehmen können. Der neue § 118a Abs. 2 AktG legt fest, wer am Ort der Hauptversammlung anwesend sein muss und wer online teilnehmen kann.

Die Mitglieder des Vorstands müssen persönlich am Ort der Hauptversammlung teilnehmen. Für den Versammlungsleiter sowie für den Abschlussprüfer besteht, sofern ein solcher gesetzlich vorgeschrieben ist, Anwesenheitspflicht. Die Mitglieder des Aufsichtsrats müssen ebenso anwesend sein. Für diese kann jedoch in der Satzung eine abweichende Regelung getroffen werden. 

Der Notar muss gemäß § 130 Abs. 1a AktG anwesend sein und die Gesellschaft muss ihm die, zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen, notwendigen technischen Mittel und Informationen, einschließlich vollständiger Bild- und Tonübertragung, bereitstellen (§ 118a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG).

Wie muss die Satzung 2023 für virtuelle Hauptversammlungen angepasst werden? 

Neben der Befreiung der Aufsichtsratsmitglieder von der Anwesenheitspflicht ist es erforderlich, eine satzungsmäßige Grundlage für virtuelle Hauptversammlungen zu schaffen. Dazu muss entweder in der Satzung selbst festgelegt werden, dass die Hauptversammlung online abgehalten wird, oder der Vorstand muss dazu ermächtigt werden. Die Regelungen in der Satzung sind auf 5 Jahre befristet und müssen danach erneuert werden. Als Übergangsregelung können Hauptversammlungen bis zum 31.08.2023 ohne die im neuen § 118a AktG vorgesehene Satzungsgrundlage einberufen werden.

Unsere Einschätzung

Virtuelle Hauptversammlungen werden auch im Jahr 2023 die Norm sein. Aus improvisierten Konzepten müssen nachhaltige Lösungen entwickelt werden, um den gesetzlichen Anforderungen und den Ansprüchen der Aktionäre gerecht zu werden.  Weiterführende Beiträge über die Entwicklungen seit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung der Hauptversammlungen und die Auswirkungen auf das Auskunfts- und Rederecht der Aktionäre, finden Sie bereits in unserem Blog.  Haben Sie Fragen zur Gesetzesnovelle oder zum Aktienrecht allgemein? Möchten Sie die Satzung Ihrer Aktiengesellschaft rechtssicher modernisieren? Dann sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne!

Paola Koudela

Prokuristin, Rechtsanwältin

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