9. November 2022

Was Sie zur Liquidationsbesteuerung wissen müssen

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Die Liquidation von Kapitalgesellschaften, GmbH, AG oder UG, hat steuerliche Folgen. Sie ergeben sich einmal bei der Gesellschaft selbst, aber auch bei den Anteilseignern. Im vierten Teil der Serie zur Liquidation von Kapitalgesellschaften finden Sie die Grundlagen der Liquidationsbesteuerung in einer kurzen Zusammenfassung. Zunächst gehen wir auf die Besteuerung bei der zu liquidierenden Gesellschaft ein. Anschließend erfolgen die Steuerfolgen aufseiten der Anteilseigner bei Auskehrung des Vermögens.

Was versteht man unter Liquidationsbesteuerung?

Die Liquidationsbesteuerung für die zu liquidierende Kapitalgesellschaft ist in § 11 Körperschaftsteuergesetz (KStG) geregelt. Mit Beginn der Liquidation startet ein spezielles Besteuerungsverfahren. Es endet erst dann, wenn die Liquidation endgültig mit der Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens abgeschlossen wird. Zwei Dinge müssen während einer Liquidation beachtet werden:

  1. Auch die im Liquidationszeitraum erzielten laufenden Gewinne müssen besteuert werden.
  2. Die stillen Reserven müssen spätestens bei Auflösung der Gesellschaft versteuert werden.

Ist der Liquidationszeitraum eine eigene Steuerperiode?

Die normale Besteuerung einer Kapitalgesellschaft umfasst in der Regel ein Wirtschaftsjahr. Der Besteuerung zugrunde liegen der Gewinn oder Verlust eines Jahres. Abweichend zur laufenden Besteuerung bildet der gesamte Liquidationszeitraum grundsätzlich eine eigene Steuerperiode.

Der Besteuerungszeitraum beginnt mit dem Wirtschaftsjahr, in dem die Auflösung beginnt. Erfolgt die Auflösung der Gesellschaft im Laufe eines Wirtschaftsjahres, also unterjährig, so kann ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet werden. Das Rumpfwirtschaftsjahr reicht vom Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres bis zur Auflösung. Es wird aber nicht in den Abwicklungszeitraum einbezogen.

Der Abwicklungszeitraum der Liquidation stimmt in der Regel nicht mit dem Kalenderjahr überein. Entweder ist er kürzer oder aber meist länger als ein Kalenderjahr. Der Besteuerungszeitraum der Liquidation soll drei Jahre nicht übersteigen. Dabei handelt es sich um Zeitjahre, also 36 Monate, nicht um Kalenderjahre. Bei Überschreitung des Dreijahreszeitraums sind die danach beginnenden zusätzlichen Besteuerungszeiträume grundsätzlich auf jeweils ein Jahr begrenzt. Wird die Dreijahresfrist bis zum Ablauf der Schlussverteilung nur geringfügig überschritten, ist eine Verlängerung des Dreijahreszeitraums sinnvoll und möglich. 

Endet die Steuerpflicht mit der Liquidation?

Die Steuerpflicht endet erst, wenn die Liquidation rechtsgültig abgeschlossen ist. Zum rechtsgültigen Abschluss der Liquidation gehört bei Kapitalgesellschaften auch der Ablauf des Sperrjahres. Auch wenn die Kapitalgesellschaft vor Ablauf des Sperrjahres ihr Gesellschaftsvermögen vollständig ausgeschüttet hat, ist sie damit noch nicht erloschen. Die Löschung im Handelsregister ist für sich allein ohne Bedeutung.

Abkopplung vom Handelsrecht

Durch die Liquidationsbesteuerung wird die Verbindung zum Handelsrecht gelöst. Das sogenannte Maßgeblichkeitsprinzip hat für die Liquidationsbesteuerung grundsätzlich keine Bedeutung mehr. Abweichend von dem Steuerrecht muss im Handelsrecht weiterhin jährlich und regelmäßig ein Jahresabschluss auf den Bilanzstichtag erstellt werden. Dabei sind weiterhin die handels- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten.

Wie funktioniert die steuerliche Gewinnermittlung in der Liquidation?

Die steuerliche Gewinnermittlung für die Liquidationsbesteuerung ist modifiziert. Gewinne oder Verluste ergeben sich durch Gegenüberstellung von dem Abwicklungs-Anfangsvermögen und dem Abwicklungs-Endvermögen.

Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist. Je nachdem, ob ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet wurde, wird das Betriebsvermögen des letzten (regulären) Wirtschaftsjahrs oder des Rumpfwirtschaftsjahrs für die Ermittlung des Abwicklungs-Anfangsvermögens angesetzt.

Das Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung an die Gesellschafter bestimmte Vermögen; dieses wird vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen, die im Abwicklungszeitraum zugeflossen sind.

Sofern die einzelnen Wirtschaftsgüter oder Vermögensgegenstände noch nicht verkauft worden sind, sind diese mit dem sogenannten gemeinen Wert (Verkehrswert/Marktwert) nach § 9 Bewertungsgesetz (BewG) anzusetzen. Umfasst werden neben den am Schluss der Abwicklung zu verteilenden Vermögen auch die bereits während der laufenden Abwicklung als Vorschüsse auf das Abwicklungsergebnis verteilten oder ausgeschütteten Vermögenswerte.

Neben offenen Gewinnausschüttungen werden auch verdeckte Gewinnausschüttungen während des Abwicklungszeitraums als Vorschüsse erfasst, sodass diese bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens hinzuzurechnen sind. Umfasst werden auch die bereits während der laufenden Abwicklung als Vorschüsse auf das Abwicklungsergebnis verteilten oder ausgeschütteten Vermögenswerte. 

Gewinnermittlungsschema der Liquidationsbesteuerung

Abwicklungs-Anfangsvermögen
Gewinnausschüttungen für Wirtschaftsjahre vor der Auflösung § 11 Abs. 4 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG)
Buchwert der eigenen Anteile
= steuerliches Abwicklungs-Anfangsvermögen gemäß § 11 Abs. 4 KStG


Abwicklungs-Endvermögen
nicht der Körperschaftsteuer unterliegende Vermögensmehrungen oder steuerfreie Vermögensmehrungen
+ verdeckte Vermögensverteilungen
+ nicht abziehbare Betriebsausgaben
+ Spenden
= steuerliches Abwicklungs-Endvermögen gemäß § 11 Abs. 3 KStG


Steuerliches Abwicklungs-Endvermögen
steuerliches Abwicklungs-Anfangsvermögen
= (vorläufiger) Abwicklungsgewinn (-verlust) gem. § 11 Abs. 2 KStG
abzugsfähige Spenden
Verlustabzug i.S.d. § 10d EStG
= zu versteuerndes Einkommen für den Liquidationsbesteuerungszeitraum

Was muss ich bei Körperschafts- und Gewerbesteuer beachten?

Der steuerpflichtige Liquidationsgewinn nach § 11 Abs. 2 und 6 KStG unterliegt dem allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent, zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5% auf die Körperschaftsteuer). Dieser wird auch gewerbesteuerpflichtig. Abweichend zur Körperschaftsteuer muss ein mehrjähriger Liquidationszeitraum im Rahmen der Gewerbesteuer nicht als einheitlicher Besteuerungszeitraum behandelt werden. Er wird entsprechend dem Verhältnis der Kalendermonate auf die Jahre des Abwicklungszeitraums verteilt.

Unsere Einschätzung

Die vorgenannte Ausführung beschreibt die steuerlichen Auswirkungen der Liquidation nur kurz. Die Tücken liegen wie immer im Detail und sind auch nicht außer Acht zu lassen. Im Zusammenspiel mit den handelsrechtlichen Vorschriften der Liquidation sollte eine Liquidation von Fachleuten begleitet werden. Nur so können Sie sicher sein, dass eine Liquidation ordnungsgemäß verläuft und nicht im Nachgang noch zu Ärger führt.

Wir begleiten mit unserem interdisziplinären Team von Steuerberatern, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern Liquidationen von Kapitalgesellschaften, aber auch von Personengesellschaften und Einzelunternehmen, professionell und zielgerichtet. Haben Sie Fragen dazu? Melden Sie sich gerne bei uns.

Unsere Reihe zur Liquidation

Ablauf einer Liquidation

Weitere Schritte zur Liquidation von GmbH oder UG 

Jahresabschlüsse einer in Liquidation befindlichen GmbH 

 

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Paola Koudela

Prokuristin, Rechtsanwältin

Expert:innen zu diesem Thema

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