2. November 2022

Jahressteuergesetz und die Änderungen für Photovoltaikanlagen 

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Die steuerlichen Regelungen für den Betrieb von Photovoltaikanlagen (PV- Anlagen) sind bisher leider wenig praxistauglich und fortschrittlich – doch jetzt könnte es Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 geben. Lesen Sie hier, was geplant ist und wie es sich auswirken könnte.

Steuerlicher Hintergrund: Betrieb einer Photovoltaikanlage

Besonders für private Betreiber:innen mit kleinen oder mittelgroßen Anlagen ist die steuerliche Würdigung und die optimale Ausgestaltung oft unklar. Steuerliche Unklarheiten und etwaige Steuer(erklärungs)pflichten hemmen den im Rahmen der Energiewende zwingend notwendigen Ausbau von Photovoltaikanlagen.

Das Jahressteuergesetz 2022

Wenn der Bundesrat zustimmt, werden die im Entwurf des Jahressteuergesetzes aufgeführten Änderungen grundsätzlich ab dem 1. Januar 2023 gelten. Betroffen sind davon nicht nur neue, in 2023 in Betrieb gehende Anlagen, sondern auch bestehende.

Ertragsteuerliche Neuerungen beim Betrieb einer Photovoltaikanlage

Steuerfreie Einnahmen

Die Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 Kilowattpeak (kWp – also maximale Leistung) sollen nach einer neu zu fassenden Nummer 72 in § 3 EStG künftig steuerfrei sein. Dies gilt für PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern und nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden.

Für PV-Anlagen auf sonstigen, überwiegend zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden gilt eine Grenze von 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit.
Die Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen können höchstens in Summe einer Leistung von 100 kWp pro Steuerpflichtigen steuerfrei sein. Darüber hinausgehende Einnahmen sind grundsätzlich weiterhin steuerpflichtig.

Die Befreiung ist unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms durch Einspeisung, Eigenverbrauch oder Nutzung durch Mieter:innen.
Sofern die Befreiung greift, muss für die PV-Anlagen keine Gewinnermittlung mehr aufgestellt und kein Ergebnis mehr erklärt werden.

Die derzeitige Formulierung lässt darauf schließen, dass es sich um eine Freigrenze handelt, nicht um einen Freibetrag. Sofern die Leistung der Anlage also nur geringfügig über der Maximalleistung liegt, werden sämtliche Einnahmen steuerpflichtig.

Infektion von Einkünften

Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage handelt es sich grundsätzlich um eine gewerbliche Tätigkeit. Wurde diese bislang neben weiteren, originär nicht gewerblichen Tätigkeiten in einer rechtlichen Einheit, beispielsweise einer Vermietungs-GbR, ausgeübt, hat die gewerbliche Tätigkeit die übrigen Tätigkeiten (Vermietung) infiziert. Es lagen in Gänze gewerbliche Einkünfte vor. Die Einkünfte unterlagen folglich grundsätzlich der Gewerbesteuer und das Vermögen wurde zu Betriebsvermögen mit der Konsequenz der steuerlichen Verhaftung.

Eine weitere Neuerung zielt darauf, dass der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigte Anlagengröße nicht überschreiten, zu keiner Infektion mehr führt (§ 3 Nr. 72 S. 3 EStG-E). Somit könnten auch vermögensverwaltende Personengesellschaften zukünftig ohne negative steuerliche Konsequenzen in dem genannten Rahmen Photovoltaikanlagen auf ihren Objekten betreiben.

Umsatzsteuerliche Änderungen

Hinsichtlich der Umsatzsteuer soll für die Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen ein Nullsteuersatz eingeführt werden. Dies soll durch die Einführung eines Absatzes 3 in § 12 UStG erfolgen. Ebenfalls soll die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr von Solarmodulen, welche größtenteils aus dem asiatischen Raum importiert werden, auf null Prozent reduziert werden. Ergänzend zu den Solarmodulen und deren Installation soll dies auch für entsprechende Speichermodule gelten.

Ein möglicher Vorsteuerabzug des ausführenden Handwerksbetriebes wird durch den Nullsteuersatz auf die Ausgangsleistungen nicht berührt.

Sonstige Neuerungen im Jahressteuergesetz

Der Umfang der Befugnisse der Lohnsteuerhilfevereine ist durch § 11 Steuerberatungsgesetz begrenzt. Dieser Umfang soll nunmehr um die Betreuung und Hilfeleistung hinsichtlich Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 30 kWp erweitert werden. Dadurch haben Steuerpflichtige die Möglichkeit, sich für ihre steuerlichen Angelegenheiten kostengünstig Hilfeleistung zu holen beziehhungsweise werden nicht allein aufgrund einer installierten PV-Anlage dazu gedrängt, eine:n Steuerberater:in zu beauftragen.

Unsere Einschätzung

Die ertragsteuerlichen Neuerungen im Jahressteuergesetz werden in einer Vielzahl von Fällen zu bürokratischen Vereinfachungen hinsichtlich der steuerlichen Verpflichtungen führen. Das führt dazu, dass Betreiber:innen bares Geld sparen werden. Auch erübrigen sich zukünftig Diskussionen mit dem Finanzamt um Gewinnermittlungen, Eigenverbräuche oder Liebhaberei. Der festgelegte Rahmen für die Begünstigungen erscheint ausreichend und sinnvoll, da davon der Großteil aller klein- und mittelgroßen Anlagen betroffen sein sollte. So entspricht eine Leistung von 30 kWp im Durchschnitt rund 70-80 Solarmodulen.

Die umsatzsteuerlichen Maßnahmen können im Optimalfall zu einer deutlichen Reduzierung der Kosten für die Installation einer Photovoltaikanlage führen. Das sollte dazu führen, dass sich mehr Eigenheimbesitzer:innen eine Photovoltaikanlage leisten können. Voraussetzung ist jedoch, dass die Handwerksbetriebe den Vorteil an die Verbraucher:innen weitergeben.

Der Nullsteuersatz führt dazu, dass die Kleinunternehmerregelung ohne Nachteile in Anspruch genommen werden kann. Mangels abziehbarer Vorsteuer erübrigt sich de facto der Verzicht auf die Anwendung. Dies führt zu erheblichen Vereinfachungen und Bürokratieabbau.

Die durch den starken Anstieg der Energiepreise verursachte erhöhte Nachfrage nach Photovoltaikanlagen kann durch die steuerlichen Maßnahmen weiteren Aufwind erhalten. Es ist daher zu hoffen, dass diese Änderungen bei potenziellen Betreiber:innen auch spürbar werden und somit die Nachfrage nachhaltig erhöht werden kann.

Ein wesentlicher Kritikpunkt an dem Entwurf des Jahressteuergesetzes ist, dass keine vergleichbaren Regelungen hinsichtlich der mietsweisen Überlassung von Photovoltaikanlagen geschaffen wurden. Es gibt mittlerweile Unternehmen am Markt, die ihr Geschäftsmodell darauf ausgerichtet haben, Verbraucher:innen Photovoltaikanlagen im Komplettpaket mietweise zu überlassen. Dies betrifft Solarmodule, Speichermodule, Ladesäulen für Kraftfahrzeuge sowie Serviceleistungen. Mit diesen Modellen sollen Verbraucher:innen keine kostspielige Erstinstallation finanzieren müssen, sondern die laufende Miete durch die ersparten Energiekosten finanzieren können. Nach dem bisherigen Entwurf ist davon auszugehen, dass diese Modelle nicht unter die Neuregelungen der Umsatzsteuer fallen, da hiervon lediglich die Lieferung umfasst wird. Dies hätte durchaus Berücksichtigung finden müssen.

Für Betreiber:innen von Photovoltaikanlagen bedeuten die Änderungen

Die Anschaffung einer PV-Anlage ab dem Jahr 2023 ist kostengünstiger und der Betrieb aus steuerlichen Gesichtspunkten deutlich einfacher und unbürokratischer. Vor der Anschaffung gilt es, den von der Art des Gebäudes abhängigen Leistungsrahmen zu bestimmen und darauf beim Erwerb der Anlage zu achten.
Für diejenigen, die ihre PV-Anlage bereits bestellt haben oder bei denen die Montage noch in 2022 begonnen werden soll: Maßgeblich für den Umsatzsteuersatz ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Im Falle der PV-Anlage bedeutet dies der Tag der Fertigstellung der Montage und der Abnahme durch den Auftraggeber oder die Auftraggeberin. Erfolgt dies in 2023, ist der Nullsteuersatz anzuwenden.

Das Jahressteuergesetz wurde inzwischen vom Bundestag beschlossen.

Haben Sie Fragen rund um die geplanten gesetzlichen Änderungen für den Betrieb einer Photovoltaikanlage? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Raphael Niederstraßer

Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. Taxation

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