13. September 2022

Nachweispflichten bei Kryptowährungen: Neues BMF Schreiben in Planung

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Nach der Veröffentlichung des BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen und sonstigen Token vom 10. Mai 2022 ist der erste Entwurf eines Ergänzungsschreibens im Umlauf. Das neue BMF-Ergänzungsschreiben soll unter anderem Nachweispflichten bei Kryptowährungen und andere Token regeln. Enthalten sind auch Mitwirkungs- und Aufbewahrungsregelungen. Wir haben uns den Entwurf des Ergänzungsschreibens anschauen können.

Das beinhaltet das BMF-Ergänzungsschreiben im Entwurf

Der Entwurf des BMF-Schreibens geht auf die allgemeingültigen Steuererklärungs- und Mitwirkungspflichten ein. So sind etwa Angaben gegenüber den Finanzbehörden wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen, so wie es bereits das Gesetz in § 150 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) vorschreibt.

Laut Entwurfsschreiben soll für Kryptowährungen, welche über eine Handelsplattform einer ausländischen Betreiber:in gehandelt werden, eine erweiterte Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsermittlung und der Beschaffung von Nachweisen gelten. Gesetzlich verankert ist dies im § 90 Absatz 2 AO, wodurch sich der Fiskus bei Sachverhalten außerhalb seiner Verwaltungshoheit gegen die Beschränkung seiner Hoheitsrechte absichern möchte.

Nachweispflichten bei Kryptowährungen im Privatvermögen

Im Privatvermögen gelten grundsätzlich lediglich die allgemeinen Mitwirkungspflichten. Die Finanzämter können im Rahmen der allgemeinen Beweislastregeln jedoch zur Nachweisführung auffordern. Kann das Finanzamt die Angaben in den Steuererklärungen anhand Ihrer Unterlagen nicht überprüfen, droht im schlimmsten Fall die Schätzung der Gewinne aus dem Kryptohandel.

Damit dies nicht eintritt, sollten bei einem umfangreicheren Handel mit Kryptowährungen und anderen Krypto-Assets eine möglichst vollumfängliche Dokumentation und weitere Unterlagen zur Überprüfung der Sachverhalte zur Verfügung gestellt werden. Diese sollten insbesondere beinhalten:

  • Wallet-Adressen und genutzte (Handels-)Plattformen
  • Wallet-Bestände zum 31.12. des Veranlagungszeitraums und des Vorjahres
  • Anschaffungszeitpunkt und Art des Anschaffungsvorgangs (Kauf/Tausch, ICO, Mining/Forging, Staking, Lending, etc.)
  • Anschaffungskosten in Euro, ggf. mit Angabe des Marktkurses
  • Anschaffungsneben- (z.B. Transaktionsgebühren) und sonstige Kosten (z.B. für die Einrichtung eines Accounts) in Euro
  • Veräußerungszeitpunkt und Veräußerungserlös in Euro, ggf. mit Angabe des Marktkurses
  • Veräußerungskosten (z.B. Transaktionsgebühren) in Euro
  • Dokumentation der gewählten Einzelbetrachtung, Durchschnitts- oder First-in-first-out-Methode „FIFO“ (je Wallet)

Besondere Regelungen im Privatvermögen nur für Spitzenverdiener

Betragen Einkünfte von Privatpersonen aus Arbeitslohn, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen oder den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG (z.B. Renten) mehr als 500.000 € im Kalenderjahr, haben diese darüber hinaus besondere Aufbewahrungsvorschriften zu beachten. Das bedeutet unter anderem, dass die bestehenden Aufzeichnungen und Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren sind.

Sofern ein Datenverarbeitungssystem oder eine spezielle Software zur Erfüllung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eingesetzt wird, ist der Finanzbehörde, ein Datenzugriff zu ermöglichen.

Erweiterte Nachweispflichten bei Kryptowährungen im Betriebsvermögen

Bei Kryptowährungen im Betriebsvermögen erweitern sich die allgemeinen Pflichten um die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für Gewerbetreibende und Selbstständige. So sind neben den handelsrechtlichen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB) beispielsweise auch einkommens- sowie umsatzsteuerliche Sondervorschriften zu beachten. 

Alle analogen und digitalen Unterlagen aufbewahren

Auch beim Kryptohandel müssen alle Unterlagen aufbewahrt werden. Dies betrifft alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind. 

Dazu zählen:

  • Unterlagen in Papierform,
  • Unterlagen in Form von Daten,
  • Unterlagen in Form von Datensätzen,
  • jegliche elektronische (digitale) Dokumente.

Die Belege und Unterlagen können Sie, wenn keine anderen Möglichkeiten bestehen, auch in Form von Screenshots oder Ausdrucken aufzeichnen. In der Regel sollte jede digitale Unterlage jedoch möglichst im Original aufbewahrt werden.

Pflicht zur Aufstellung einer Verfahrensdokumentation vorgesehen

Wenn Sie für die Ermittlung der Kryptogewinne oder -verluste spezielle Software verwenden, soll laut Entwurf des BMF Schreiben eine Verfahrensdokumentation zu erstellen sein. Weiterhin sind die Anforderungen an die Unveränderbarkeit (Revisionssicherheit) zu beachten.

Kritik aus dem Berufsverband der Steuerberater

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt in seiner DStV-Stellungnahme S 15/22 die zügige Fortentwicklung des Anwendungsschreibens. Der Verband gibt jedoch zu bedenken, dass unangemessen hohe Anforderungen an etwaige Nachweispflichten weder den Steuerpflichtigen noch der Finanzverwaltung „helfen“.

Steuerpflichtige könnten diese Forderung nach einer vollumfänglichen Verfahrensdokumentation für diese Fälle nicht erfüllen, so der DStV. Sie haben als Anwender:innen weder Informationen noch Zugang zu den erforderlichen Datenaggregationsschritten. Derart überschießende Anforderungen, die ggf. noch an etwaige Sanktionen bei Nichterfüllung geknüpft sind, verfehlten ihr Ziel. Hier bräuchte es deutlich anwenderfreundliche Lösungen. Der DStV spricht sich daher für die Möglichkeit einer „vereinfachten Verfahrensdokumentation“ aus.

Probleme weise auch das Thema Unveränderbarkeit bzw. Revisionssicherheit auf, so der DStV. Aktuell böte der Markt keine Software-Lösung an, die eine solche Unveränderbarkeit der Daten in den entsprechenden Vorsystemen umsetzt. Die Steuerpflichtigen als Nutzer:innen könnten somit die geforderten Softwaregegebenheiten nicht beeinflussen. Es stehe damit außer Frage, dass ihnen dieser Umstand nicht zum Nachteil ausgelegt werden dürfe. Hinzu käme, so der DStV, dass sämtliche Transaktionen bereits in der Blockchain festgeschrieben und entsprechend nachprüfbar seien. Der DStV fordert daher die Schaffung einer angemessenen Übergangsregelung, bis entsprechende Lösungen vorliegen.

Auch die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) äußert sich in ihrer Stellungnahme DOK 2022/0711261 vom 25.08.2022 entsprechend.

Unsere Einschätzung

Wir begrüßen die Fortentwicklung zu diesem Thema und schließen uns unseren Berufsverbänden an: Es müssen praktikable Lösungen her.

Das Thema Verfahrensdokumentation, eines unserer Schwerpunktthemen im steuerlichen Compliance-Bereich, taucht hier auch wieder auf. Steuerpflichtige, die Gewinneinkünfte erzielen, die für steuerliche Zwecke auch generell Aufzeichnungspflichten erfüllen müssen, haben lt. Finanzverwaltung eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Diese wird im Rahmen einer Betriebsprüfung angefordert und muss vorgelegt werden können. Jetzt müssten, nach den Ideen des BMF, auch Steuerpflichtige eine Verfahrensdokumentation bereithalten, die Einkünfte aus dem Kauf und Verkauf von Kryptowährung oder sonstige Token erzielen. Das greift aus unserer Sicht zu weit. Hier sollten, wenn unbedingt gewünscht, entsprechende Standards vorgegeben werden, um die nur allernotwendigsten Unterlagen bereitzustellen.

Wir werden Sie über den Fortgang der Diskussionen auf dem Laufenden halten und verweisen auch gerne auf die vorherigen Artikel zum Thema Kryptowährungen, die wir in unserem Blog veröffentlicht haben.

Haben Sie Fragen zur steuerlichen Einordnung von Kryptowährungen, NFTs oder zu anderen Themen rund um Krypto und Blockchain? Sprechen Sie uns dazu gerne an.

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Expert:innen zu diesem Thema

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