9. September 2022

Unternehmenssanierung in der Energiekrise

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Auf die Coronakrise folgt die Energiekrise – und bereits jetzt ist absehbar, dass sich viele Betriebe aufgrund der damit einhergehenden, massiven Herausforderungen mit dem Thema Unternehmenssanierung beschäftigen müssen. Lesen Sie hier, was Sie vor dem Hintergrund der Energiekrise dazu konkret wissen sollten.

Unternehmenssanierung in der Energiekrise – der Hintergrund

Neben der steigenden Inflation ist besonders die Energiekrise aktuell die akuteste Herausforderung für die deutsche Wirtschaft.
Deshalb müssen betroffene Unternehmen sich für die damit verbundenen Herausforderungen wappnen. Gelingt dies nicht, droht im schlimmsten Fall die Insolvenz. Durch eine gut geplante und professionell umgesetzte Unternehmenssanierung kann dies allerdings häufig verhindert werden.
In diesem Beitrag widmen wir uns deshalb den Fragen:

  • Welche besonderen Herausforderungen stellen sich an Sanierungskonzepte bei einer Unternehmenssanierung? 
  • Ist die Sanierungsfähigkeit von Krisenunternehmen vor dem aktuellen Zustand der Wirtschaft noch gegeben? 

Warum wir unseren Beitrag neu auflegen

Bereits vor zwei Jahren haben wir an dieser Stelle einen Beitrag zur Sanierung von Unternehmen in der Coronapandemie veröffentlicht. In den letzten beiden Jahren waren Unternehmer mit diversen Lockdowns und anderen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung konfrontiert. Fast nahtlos schließen sich der Ukraine-Krieg und eine drohende Eskalation zwischen China und Taiwan an. Die Maßnahmenpakete, die die Auswirkungen der Krisen mindern, ähneln sich. Eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird auch jetzt wieder diskutiert.

Aufgrund all dieser Entwicklungen gewinnt das Thema Unternehmenssanierung leider wieder an Bedeutung. Wir haben uns deshalb entschlossen, unseren Beitrag über Sanierungskonzepte in etwas abgewandelter Form noch einmal neu zu veröffentlichen.

Was sind die Voraussetzungen für eine Unternehmenssanierung?

Ein Unternehmen ist sanierungsfähig, wenn es eine stabile wirtschaftliche Basis wiedererlangen und dauerhaft erhalten kann. Laut den Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW S6) des Instituts der Wirtschaftsprüfer müssen für die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • die Fortführungsfähigkeit
  • und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

Wenn diese Voraussetzungen wiederherstellbar sind, ist die Sanierungsfähigkeit gegeben. Ist dies nicht der Fall, ist die Sanierung objektiv nicht möglich. Die Liquidation der Gesellschaft ist unvermeidbar.

Pläne der Bundesregierung zum Insolvenzrecht

Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung enthält folgende kurze Ankündigung zum Insolvenzrecht:

“Auch Unternehmen, die im Kern gesund und auch langfristig unter den geänderten Bedingungen überlebensfähig sind, sollten ihre Geschäftsmodelle anpassen können. Daher wird für Erleichterungen bei der Insolvenzantragspflicht gesorgt.” (vgl. Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022, dort Seite 11 unter “16. Flankierende zivilrechtliche Maßnahmen”).

Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens feststellen

Es ist eine umfassende betriebswirtschaftliche Analyse des Unternehmens und dessen Marktumfeldes durchzuführen, um festzustellen, ob ein Unternehmen sanierungsfähig ist. Ebenfalls muss geprüft werden, unter welchen Bedingungen die Fortführungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gegeben ist.
Ausgangspunkt der Analyse ist die Frage nach den Gründen für die Krisensituation und die Identifizierung des Krisenstadiums. Bei den Krisenstadien unterscheidet der IDW S6 zwischen:

  • der Stakeholderkrise,
  • der Strategiekrise,
  • der Produktkrise, 
  • der Absatzkrise

 sowie:

  •  der Erfolgskrise,
  •  der Liquiditätskrise

bis hin zur Insolvenzlage. Je weiter fortgeschritten das Krisenstadium ist, desto größer ist der Grad der Bedrohung, der Handlungsdruck und die Komplexität der Sanierung. Die Anforderungen an das Sanierungskonzept steigen somit.

Welche Krisengründe sind aktuell wahrscheinlich 

Momentan dürften die Krisengründe im Wesentlichen in steigenden Energie– und Beschaffungskosten liegen, die nicht oder nur in geringem Maße an Kund:innen weitergegeben werden können. Somit sinkt die Nachfrage (Strategie-, Produkt- und Absatzkrise, Erfolgskrise). Die Lieferketten aus China nach Europa haben sich von den Lockdowns in der Volksrepublik noch nicht wieder erholt. Durch eine militärische Eskalation im Konflikt mit und um Taiwan (Stakeholderkrise), droht der nächste Abbruch der Lieferketten. Zu dieser Entwicklung kommt unzureichende Liquidität (Liquiditätskrise, Insolvenzlage) für die Überbrückung der Krise(n) hinzu.

Vorbereitungen auf Krisen treffen

Einzelne Geschäftsmodelle sind unterschiedlich von den oben beschriebenen Krisen betroffen. Deshalb sollten sich Unternehmer:innen diese Fragen stellen:

  • Wie gut kann ich die Inflation an Kund:innen weiterreichen?
  • Wie hoch ist mein Energiebedarf?
  • In welchen Lieferketten ist mein Unternehmen eingebunden?

Verkürzt dargestellt: Unternehmen, deren Vorprodukte aus China kommen und die ihre Lieferant:innen kurz- oder mittelfristig nicht wechseln können, werden weiterhin ein hohes Risiko haben, dass sie ihre Produktion infolge abgerissener Lieferketten unterbrechen müssen. Auch sollten sich diese Unternehmen dringend mit der Frage der Menschenrechtslage in China befassen. Die gestiegenen Anforderungen an unternehmerische Sorgfaltspflichten sind hier zu beachten.
Unternehmen, die Kostensteigerungen bei Energie, Vorprodukten oder Personal (Lohn-Preis-Spirale) nicht an ihre Kund:innen weitergeben können, leiden unter sinkenden Erträgen und einer niedrigeren Liquidität.
Im Extremfall sind kurzfristige Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Das Beispiel Uniper und die allgemeine Entwicklung am Erdgasmarkt zeigen dies deutlich. Unternehmen müssen sich mittelfristig fragen: Können die Kostensteigerungen durch andere Maßnahmen, etwa durch Umstellungen in der Beschaffung oder Produktion, abgefedert werden?

Im Falle der Lieferbeziehungen mit China ist die Frage zu beantworten, ob die Umstellung auf Lieferant:innen aus anderen Staaten möglich ist.

Was muss im Sanierungskonzept stehen?

Ein Sanierungskonzept für die Unternehmenssanierung in der Energiekrise muss die folgenden Fragen beantworten:

  • Ist das Geschäftsmodell in der bisherigen Form noch relevant?
    Diese Frage ist für manche Geschäftsmodelle nur schwierig zu beantworten. Je weniger plausibel und fundiert die Frage bejaht wird, umso mehr muss das Sanierungskonzept darauf eingehen, welche Änderungen am Geschäftsmodell vorgenommen werden können, um mit den geänderten Gegebenheiten umzugehen.
  • Wie überbrückt man die Zeit, bis die Krise endet?
    Das Konzept muss darlegen, welche Sanierungsinstrumente schon genutzt werden (staatliche Überbrückungshilfe, Kurzarbeit), welche Sanierungsbeiträge in Aussicht gestellt und welche bereits geleistet worden sind. Zudem müssen die darüber hinaus erforderlichen Sanierungsbeiträge eindeutig benannt werden.
  • Welche Anpassungen werden vorgenommen, damit das Unternehmen für die nächste Pandemie besser gerüstet ist?
    Vorzunehmen ist hierzu eine grundlegende Geschäftsfeldüberprüfung. Das Konzept muss erklären, wie das Unternehmen zukünftige, vergleichbare Ereignisse besser überstehen kann.

Unsere Einschätzung

Unternehmenssanierungen sind ein komplexes Unterfangen. Die detaillierte Analyse des aktuellen Geschäfts und die Beurteilung der Zukunftsfähigkeit einzelner Geschäftsfelder stellt selbst in normalen Zeiten eine Herausforderung dar. Die aktuellen Kostensteigerungen und die weiterhin vorliegende Unsicherheit in den Lieferketten erhöhen den Grad der Unsicherheit enorm. Unternehmen, die durch die Coronakrise(n) entweder nicht beeinflusst wurden oder diese erfolgreich gemeistert haben, sind jetzt vielleicht betroffen. Diesen neuen Gegebenheiten sind in einem Sanierungskonzept entsprechend zu begegnen.

Haben Sie konkrete Fragen zu einer Unternehmenssanierung in der Energiekrise oder benötigen Sie ein Sanierungskonzept? Dann sprechen Sie uns jederzeit gerne an!

 

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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