8. August 2022

 Verfahrensdokumentation bei (Zahn-) Ärzt:innen

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In unserem ECOVIS NRW-Blog berichten wir regelmäßig über die Notwendigkeit für Unternehmer:innen zur Anfertigung einer Verfahrensdokumentation. Auch (Zahn-) Ärzt:innen sind, trotz ihrer – im Regelfall freiberuflichen Tätigkeit – hiervon betroffen. Im nachfolgenden Blogbeitrag durchleuchten wir das Thema Verfahrensdokumentation, insbesondere aus dem Blickwinkel der Zahnärzt:innen und Ärzt:innen.

Grundlage für die Verfahrensdokumentation:

Den Ursprung für die Erforderlichkeit einer Verfahrensdokumentation bilden die beiden Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 14.11.2014 und 28.11.2019 („Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung“).

Zudem ergibt sich die Notwendigkeit einer Verfahrensdokumentation anhand des „Grundsatzes der Nachvollziehbarkeit von Unterlagen und Verfahren“, welcher sich aus den Vorschriften gemäß §§ 145 ff. AO und §§ 238 ff. HGB ergibt.

Es besteht somit eine faktische Verpflichtung zur Vorlage einer Verfahrensdokumentation durch den Unternehmer bzw. die Unternehmerin im Rahmen einer Betriebsprüfung.

Betroffen hiervon sind sämtliche Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften, und zwar unabhängig von Größe, Komplexität oder Branche. Zudem spielt es auch keine Rolle, ob die steuerpflichtigen Unternehmen bilanzieren oder eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen, um ihren Gewinn zu ermitteln.

Somit müssen auch Zahnärzt:innen und Ärzt:innen, die oftmals eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen (sofern aufgrund der Rechtsform zulässig), eine Verfahrensdokumentation für ihre Praxis erstellen und im Falle einer Betriebsprüfung vorlegen können.

Erfordernis Erstellung Verfahrensdokumentation für Zahnärzt:innen und Ärzt:innen

Konkretisiert wird die Ordnungsmäßigkeitsanforderung der Finanzverwaltung an den Einsatz von IT bei der Buchführung und sonstigen Aufzeichnungen.

Der Einsatz von IT erfolgt zweifelsfrei auch in Arztpraxen, da die Praxisabläufe unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik abgebildet werden.

Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, die durch das Bundesministerium für Finanzen veröffentlicht wurden, sind grundsätzlich von allen Buchführungs- aber auch Aufzeichnungspflichtigen zu beachten. Somit sind ausdrücklich die steuerlichen Aufzeichnungspflichtigen eingeschlossen, denen bspw. Einnahmen-Überschuss-Rechnungen unterliegen. Hierdurch ergibt sich auch für Zahn:ärztinnen und Ärzt:innen die Notwendigkeit, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen.

Was sind die Bestandteile der Verfahrensdokumentation?

Generell gibt es leider keine amtliche Vorlage der Finanzverwaltung, aus der die Pflichtangaben hervorgehen, welche eine Verfahrensdokumentation enthalten muss. 

In der Verfahrensdokumentation einer Arztpraxis sollte auf folgende Hauptthemen eingegangen werden, die sich auch noch einmal in verschiedene Unterbereiche aufteilen und je nach Praxis und Praxisstruktur unterschiedlich umfangreich sein können:

  •   Beschreibung der Praxis
  •   Technische Systemdokumentation
  •   Anwenderdokumentation
  •   Praxisdokumentation

Zu den weiteren Bestandteilen der Verfahrensdokumentation zählen auch der Datenschutz (insbesondere vor dem Hintergrund der Datenschutzgrundverordnung – DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes – BDSG), das Geldwäschegesetz etc. 

Risiken/ Konsequenzen bei fehlender Verfahrensdokumentation

Bei einer fehlenden, nicht plausiblen oder nicht sachgerechten Verfahrensdokumentation kann sich die Betriebsprüferin bzw. der Betriebsprüfer keinen richtigen Einblick über die (Zahn-) Arztpraxis verschaffen. Dies stellt einen Verstoß gegen die durch die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung formulierten Anforderungen dar. Die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Rechnungssystems (inkl. der eingesetzten Vorsysteme) ist hierdurch beeinträchtigt.

Hierdurch liegt ein formeller Mangel vor. Stellt die Betriebsprüferin oder der Betriebsprüfer im Rahmen der Betriebsprüfung weitere formelle Mängel fest, ist sie oder er dazu befähigt, eine Hinzuschätzung (bis zu 10 Prozent der Umsätze p.a.) vorzunehmen. Dies kann für die (Zahn-) Ärztin bzw. den (Zahn-) Arzt schnell zu hohen Nachzahlungen zzgl. Nachzahlungszinsen führen.

Chancen für die (Zahn-) Arztpraxis

Durch die Erstellung einer Verfahrensdokumentation ergeben sich unter anderem folgende Chancen für die (Zahn-) Arztpraxis:

  •   Vorantreiben der Digitalisierung in der (Zahn-) Arztpraxis
  •   Ersetzendes Scannen = Finanzbuchhaltungsbelege in Papierform können vernichtet werden, sofern sie digitalisiert und revisionssicher abgelegt sind
  •   Reibungsloserer Ablauf der Betriebsprüfung, da sich die Betriebsprüferin bzw. der Betriebsprüfer bereits einen Überblick über die Praxisprozesse und die eingesetzten Systeme verschaffen kann

Praxisinhaber:in setzt sich wieder mit der eigenen Praxis und deren Abläufen auseinander

Weiterer klarer Vorteil für die (Zahn-) Ärztin oder den (Zahn-) Arzt ist, dass sie oder er sich zwangsläufig noch einmal genau mit den Praxisabläufen auseinandersetzen muss. Hierdurch ergibt sich oftmals auch die Notwendigkeit zur Überdenkung der bisherigen Prozesse bzw. zur Schaffung neuer Prozesse, gerade bei Praxen, die schon etwas länger bestehen. Während des stressigen Praxisalltags bleibt hierfür oftmals wenig bis keine Zeit.

Durch die Beschäftigung mit der eigenen Praxis ergeben sich bspw. folgende Vorteile für die Praxisinhaberin bzw. den Praxisinhaber:

  •   Praxiseigenes Interesse, Optimierungsgedanke
  •   Transparenz der eigenen Prozesse und Strukturen
  •   Schaffung von Arbeitsanweisungen
  •   Hilfe bei Vertretungsregelungen
  •   Hilfe bei Steuerung und Organisation
  •   Vorteile im Falle der Veräußerung der (Zahn-) Arztpraxis

Diese Vorteile können für die (Zahn-) Ärztin bzw. den (Zahn-) Arzt einen echten Mehrwert neben den steuerlichen Gründen schaffen. 

Unsere Einschätzung:

Eine fehlende, fehlerhafte oder unvollständige Verfahrensdokumentation kann im Rahmen einer Betriebsprüfung schnell zu hohen Hinzuschätzungen und somit empfindlichen Steuernachzahlungen führen. Daher sollten sich (Zahn-) Ärzt:innen rechtzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen und eine Verfahrensdokumentation anfertigen (lassen). Das Erfordernis zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation sollte von den Zahnärzt:innen und den Ärzt:innen nicht als lästiges Übel angesehen werden, um den Vorgaben der Finanzverwaltung gerecht zu werden. Vielmehr sollte die Verfahrensdokumentation als Chance gesehen werden, um sich noch einmal aktiv mit der eigenen Praxis und deren Abläufen auseinanderzusetzen und diese ggf. zu ändern bzw. modernisieren.

Sollten Sie zum Thema „Verfahrensdokumentation“ Rückfragen haben oder Hilfe bei der Erstellung einer Verfahrensdokumentation benötigen, können Sie sich gerne bei uns melden.Unser Expertenteam zeigt Ihnen in diesem Zusammenhang auch evtl. Schwachstellen in Ihrer Praxis auf und liefert Ihnen Optimierungsmöglichkeiten. Weitere Informationen zum Thema Verfahrensdokumentation haben wir für Sie auf unserer Übersichtsseite zusammengefasst.

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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