18. Juli 2022

Instandhaltungskosten durch Unwetter 2021 von der Steuer absetzen

Die Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit ihrer schlimmsten Ausprägung im Ahrtal ist nunmehr bereits ein Jahr her. Dennoch sind längst nicht alle Unwetterschäden beseitigt, alle Gebäude wieder hergerichtet und längst nicht alle Fördertöpfe von Bund und Ländern ausgeschöpft. Die derzeitige mediale Präsenz des Ereignisses nehmen wir zum Anlass, die Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung der durch die Instandsetzung der zerstörten Immobilien entstandenen oder noch entstehenden Kosten zu beleuchten.

Unwetterschäden: Anpassung an eine neue Realität

Umweltschäden und Unwetterschäden durch Überschwemmungen, Stürme und Dürren nehmen zu. Durch den Klimawandel kommt es immer häufiger zu Starkregenereignissen mit Überschwemmungen, zu Stürmen oder Dürren und Waldbränden – wie aktuell in vielen Teilen Südeuropas.

Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) geht so weit, dass er bestimmte Flächen in Deutschland wegen solch extremer Wetterereignisse zukünftig für nicht mehr besiedelbar hält. Zeitungen der Funke Mediengruppe zitierten ihn mit den Worten: “Als Bevölkerungsschützer sage ich, dass manche Flächen aufgrund des Klimawandels und der akuten Bedrohung durch Unwetterkatastrophen und Flutkatastrophen nicht wieder besiedelt werden sollten. Auch an den Küsten stellt sich diese Frage.” Gefragt wurde er vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021. Damals spielten sich besonders dramatische Szenen im Ahrtal ab. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung eine “Resilienzstrategie” (Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen) beschlossen. Sie soll der “neuen Realität” Rechnung tragen und das Land krisenfester machen.

Gibt es noch Fördermöglichkeiten von Bund oder Ländern?

Eingehend informieren sollten sich Betroffene der Unwetterkatastrophe des letzten Jahres über die Fördermöglichkeiten des Bundes und der Länder. Die entsprechenden Fördertöpfe sind nicht vollständig abgerufen. Dies ist zwar auch bedingt durch unverhältnismäßige Bürokratisierung der zugrundeliegenden Antragsverfahren, dennoch stehen den Betroffenen weiterhin finanzielle Hilfen offen. So läuft das Programm Wiederaufbauhilfe des Landes NRW weiter bis zum 30. Juni 2023. Hier können Betroffene Entschädigungen für die Instandsetzung ihrer zerstörten Immobilien, ihres zerstörten Hausrats oder für entgangenen Mieteinnahmen beantragen. Bis zu 80 Prozent des entstandenen Schadens, sofern dieser nicht durch eine Versicherung abgedeckt ist, kann so erstattet werden.

Was muss man beim Versicherungsschutz beachten?

Ein ausreichender Versicherungsschutz ist für die Zukunft dringend zu empfehlen. Mit diesem Thema hatte sich unser Experte Jens Bühner Anfang und Ende August 2021 bereits beschäftigt.

Wie kann man vom Katastrophenerlass in NRW und Rheinland-Pfalz profitieren?

Um die finanziellen Schäden der vom Hochwasser Betroffenen abzumildern, haben NRW und Rheinland-Pfalz den Katastrophenerlass auf den Weg gebracht. Neben den grundsätzlichen Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung entsprechender Kosten wurden dadurch weitere Optionen geschaffen, um Betroffenen im Rahmen ihrer Steuererklärungen eine finanzielle Entlastung zu ermöglichen.

Was gilt bei selbstgenutzten Immobilien?

Wie kann ich Kosten der Instandsetzung bei selbstgenutzten Immobilien geltend machen?

Entstandene Kosten können nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden, da keine Einkunftserzielung besteht. Es bleibt die Möglichkeit, Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden als außergewöhnliche Belastungen und/oder Handwerkerleistungen geltend zu machen. Ein fehlender Versicherungsschutz ist hierbei nicht schädlich. Zu berücksichtigen sind Erstattungen seitens einer Versicherung. So kann für die angefallenen Lohnkosten eine Tarifermäßigung in Höhe von bis zu 20 Prozent der Kosten bis maximal 1.200 Euro erzielt werden. Außergewöhnliche Belastungen können sich unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung ebenfalls mindernd auf die Steuerbelastung auswirken. 

Wie kann ich Kosten bei Abriss bei selbstgenutzten Immobilien geltend machen?

Im Falle einer nicht mehr sanierungsfähigen Immobilie gibt es aus steuerlichen Gesichtspunkten keine Berücksichtigungsmöglichkeit des Wertverlustes der zerstörten Immobilie oder der Herstellung einer neuen im Rahmen des Katastrophenerlasses. In diesem Fall bleibt die Möglichkeit, die entsprechenden Förderungen des Bundes bzw. der Länder zu beantragen.

Was gilt bei vermieteten Immobilien

Wie kann ich Kosten der Instandsetzung bei vermieteten Immobilien geltend machen?

Kosten zur Beseitigung von Schäden und zur Wiederherstellung der Substanz sollen bis zu einem Betrag von 70.000 Euro ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwendungen behandelt werden. Größere Aufwendungen können wie üblich über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren verteilt werden.

Welche Möglichkeiten bietet eine Sonderabschreibung?

Sofern entstandene Kosten steuerlich nicht als Erhaltungsaufwand eingestuft werden können, sondern Anschaffungs- oder Herstellungskosten darstellen, ist ein sofortiger Abzug nicht möglich. In diesen Fällen sieht der Katastrophenerlass jedoch eine Sonderabschreibung von bis zu insgesamt 30 Prozent der zugrundeliegenden Kosten im Jahr der Fertigstellung der Maßnahme und den beiden Folgejahren vor. Es sind Höchstbeträge für eine maximale Überschussminderung in Höhe von insgesamt 600.000 Euro bzw. jährlich 200.000 Euro vorgesehen. In Ausnahmefällen kann hier mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen auch ein höherer Abzug gewährt werden.Zu beachten ist, dass für die entstehenden Erhaltungsaufwendungen nicht die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz Anwendung findet, wonach Erhaltungsaufwendungen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung der Immobilie als Anschaffungskosten einzuordnen sind, wenn diese mehr als 15 Prozent der ursprünglichen Anschaffungskosten betragen. 

Wie kann ich Kosten bei Abriss von vermieteten Immobilien geltend machen?

Lässt sich eine Immobilie nach Unwetterschäden nicht wirtschaftlich reparieren beziehungsweise sanieren, bleibt manchmal leider nur der Abriss. In diesem Fall finden die üblichen Abschreibungsregeln Anwendung. Das heißt, der Restwert der Immobilie kann als außerplanmäßige Abschreibung steuerlich geltend gemacht werden.

Reparaturen von Unwetterschäden unbedingt in den ersten drei Jahren starten

Um von den Regelungen profitieren zu können, muss mit den entsprechenden Maßnahmen bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem Schadensereignis begonnen werden.

Unsere Einschätzung

Umweltschäden wie auch Unwetterschäden und die damit verbundenen Kosten durch Überschwemmungen, Stürme und Dürren nehmen zu. Deshalb raten wir Ihnen grundsätzlich dazu, eine Elementarschadenversicherung abzuschließen, wenn dies wirtschaftlich in Ihrer Region möglich ist. Nutzen Sie außerdem die grundsätzlichen und einmaligen Möglichkeiten der ins Leben gerufenen Fördermaßnahmen sowie der steuerlichen Erleichterungen, die Politik und Finanzverwaltungen bieten. 

Sofern Sie persönlich betroffen sind und Hilfe bei der Deklarierung der Ihnen entstandenen Kosten im Rahmen der Erstellung Ihrer Einkommensteuererklärung benötigen, sprechen Sie uns jederzeit gerne an!

Bruno Höveler

COO, CTO, Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V)

Raphael Niederstraßer

Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. Taxation

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