30. Juni 2022

Unternehmenswerte unter Druck

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Unternehmenswerte sind wegen der steigenden Zinsen aktuell unter Druck. Hier erfahren Sie die Hintergründe und was Sie als Unternehmer:in bei der Bewertung Ihres Unternehmens tun können.

Die aktuelle Zinssituation

Die jahrelange Niedrigzinsphase ist mittlerweile Geschichte. Immobilienkredite haben sich in den letzten zwölf Monaten bereits verteuert und die EZB hat die Zinswende ausgerufen. Aber nicht nur für die Finanzierung des Eigenheims ergeben sich massive Folgen. Auch die Unternehmenswerte sinken infolge steigender Zinsen.

Der Unternehmenswert als Zukunftserfolgswert hängt vom Zinsniveau ab

Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer hat festgelegt, das sich der Wert eines Unternehmens als Zukunftserfolgswert ermitteln lässt. Das geschieht, indem man die Cashflows für die Zukunft plant und diese dann mit einem risikoadjustierten Zinssatz auf den Bewertungszeitpunkt abzinst.

Somit wird der Unternehmenswert zum einen durch die Entwicklung der zukünftigen, prognostizierten Cashflows beeinflusst. Schlechte Aussichten aufgrund von Krieg und Pandemie werden in niedrigeren Cashflows berücksichtigt.

Die zweite Komponente ist der risikoadjustierte Zinssatz, mit dem die Plan-Cashflows zu einem Barwert abgezinst werden. Dieser Zinssatz setzt sich aus dem risikolosen Zins und einem Risikozuschlag zusammen. Der Risikozuschlag berücksichtigt das Umfeld des Unternehmens und inwieweit dieses mit einem höheren Risiko behaftet ist.

Anstieg des risikolosen Zinssatzes

Beim risikolosen Zinssatz wird in der Regel auf die Verzinsung langlaufender Staatsanleihen zurückgegriffen. Diese war in den letzten Jahren ebenfalls immer weiter gesunken und zuletzt auch negativ.

Dies hat sich in den letzten eineinhalb Jahren geändert. Ein Blick in die auf der Website der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinsstrukturkurven zeigt dies. Während der risikolose Zinssatz am 31. Dezember 2020 bei -0,14 Prozent lag, so ist dieser bis zum 31. Dezember 2021 auf +0,14 Prozent angestiegen. Seit Jahresbeginn hat sich diese Entwicklung weiter fortgesetzt. Im Juni lag der durchschnittliche Zins bei 1,62 Prozent und betrug in der Spitze 1,88 Prozent.

Wie hoch ist der Einfluss auf den Unternehmenswert?

Um ein Gefühl dafür zu gewinnen, wie sich diese Zinsänderung auf den Unternehmenswert auswirkt, betrachten wir ein Beispiel-Unternehmen, für das eine Bewertung nach dem IDW S1 auf den Bewertungsstichtag 31. Dezember 2020 vorgenommen wurde. Unter Berücksichtigung eines risikolosen Zinssatzes von -0,14 Prozent ergibt sich ein Wert von ca. 3,2 Millionen Euro. Steigt der Zinssatz auf +0,14 Prozent, so sinkt der Wert auf 3,0 Millionen Euro, wenn alle anderen Prämissen unverändert bleiben. Das Unternehmen verliert also 200.000 Euro an Wert, allein aufgrund der Entwicklung des Zinssatzes.

Wenden wir nun das aktuelle Zinsniveau an und berechnen den Unternehmenswert unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen risikolosen Zinses von 1,62 Prozent im Juni 2022, so sinkt der Unternehmenswert auf 2,4 Millionen Euro. Ein Viertel des Unternehmenswerts ist also verloren gegangen, ohne dass sich etwas an den geplanten Ertragschancen, den Cashflows in der Zukunft, geändert hat.

Auch wenn in der Praxis regelmäßig mit Durchschnittswerten gearbeitet wird, so verlangsamt sich hier die Entwicklung insgesamt vielleicht. Solange aber keine Trendumkehr eintritt, bleiben die Auswirkungen bestehen.

Für wen ist das relevant?

Bewertungen nach dem IDW S1 werden in der Regel immer dann durchgeführt, wenn Unternehmenstransaktionen anstehen. Sie sind jedoch keinesfalls vorgeschrieben. Wer also sein Unternehmen verkaufen oder in ein anderes einbringen will, für den kann der IDW S1 zwar relevant werden – allerdings nicht zwingend.

Allerdings werden die Bewertungsgrundsätze für die Überprüfung von Beteiligungsbuchwerten in handelsrechtlichen Jahresabschlüssen herangezogen. Wenn die Werte da nun ordentlich sinken, ergeben sich unter Umständen hohe Abschreibungsbedarfe.

Im Rahmen der erbschaft- und schenkungssteuerlichen Beratung spielt die Unternehmensbewertung nach dem IDW S1 ebenfalls eine große Rolle. So können sinkende Unternehmenswerte zur Minderung von steuerpflichtigem Erwerben grundsätzlich von Vorteil sein – im Hinblick auf die Gewährung steuerlicher Verschonungsregelungen können fallende Unternehmenswerte jedoch auch sehr nachteilige Folgen haben.

Gibt es Alternativen zur Bestimmung von Unternehmenswerten?

Die im IDW S1 aufgeführten Verfahren sind nicht für alle Anwendungsfälle geeignet und können auch zur Unterbewertung führen. Ein Beispiel sind vermögensverwaltende Unternehmen, deren Beteiligungen keine Gewinne ausschütten. Hier kann der Substanzwert der bessere Indikator für den Unternehmenswert darstellen, wobei die Verwaltungskosten weiterhin abgezinst und vom Substanzwert abgezogen werden.

Unsere Einschätzung

Steigende Zinsen gehören momentan zur Realität, und in den nächsten Jahren dürfte ein insgesamt höheres Zinsniveau herrschen. Somit werden die Zukunftserfolgswerte niedriger ausfallen, als in den Jahren zuvor. Teilweise können auch andere Bewertungsverfahren zu höheren Werten führen – wie oben erwähnt.

Für alle anderen Unternehmen ist es aber umso wichtiger, sich auf die konsequente Ausrichtung auf Rentabilität und Effizienz zu fokussieren, um die Cashflows entsprechend zu erhöhen. Hier kann jede:r Unternehmer:in etwas bewirken und den Unternehmenswert positiv beeinflussen.

Haben Sie Fragen zu den Themen Unternehmenswerte, Unternehmensbewertung, Substanzwert oder zur Planung des eigenen Cashflows? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

Thomas Müller

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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