23. Mai 2022

Der Bundesrat stimmt dem Steuerentlastungsgesetz zu

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Der Bundesrat hat dem Steuerentlastungsgesetz am 20. Mai 2022 zugestimmt. Der Bundestag hatte das Steuerentlastungsgesetz 2022 bereits am 12. Mai 2022 verabschiedet. Im Laufe des Verfahrens kamen zum zweiten Entlastungspaket der Bundesregierung noch weitere Maßnahmen hinzu. Hier behalten Sie den Überblick über den steuerlich korrekten Umgang.

Das Steuerentlastungsgesetz und die Energiepreispauschale (EPP) für Erwerbstätige

Alle aktiven Erwerbstätigen haben Anspruch auf die Energiepreispauschale (EPP). Sie beträgt 300 Euro. Erwerbstätige im sind unbeschränkt Steuerpflichtige, die in 2022 Einkünfte erzielen. Zugrunde liegen §§ 13, 15, 18 oder 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Anspruch auf die Energiepreispauschale gilt am 1. September 2022. Er wird mit der Einkommensteuerveranlagung festgesetzt. Die gilt aber nicht für Arbeitnehmer:innen, denn bei diesen wird die Energiepauschale über den Arbeitgeber ausgekehrt.

Beamtenpensionär:innen und Rentner:innen, die keine der genannten aktiven Einkünfte erzielen, erhalten keine EEP. Das gilt auch für alle, die ausschließlich Vermietungseinkünfte, Kapitaleinkünfte oder sonstige Einkünften erhalten.

So erhalten Arbeitgeber die Energiepreispauschale (EEP)

Arbeitnehmer:innen erhalten ihre Energiepreispauschale vom Arbeitgeber. Diese drei Kriterien gelten in Summe:

  • Der Arbeitnehmer steht in einem Dienstverhältnis und ist in einer Steuerklasse zwischen 1 bis 5 eingestuft.
  • Er erhält einen pauschal besteuerten Arbeitslohn § 40a Abs. 2 EstG. In diesem Fall ist eine schriftliche Bestätigung des Arbeitnehmers nötig.
  • Der Arbeitgeber gibt eine Lohnsteuer-Anmeldung ab.

Arbeitgeber:innen müssen die Energiepreispauschale gesondert vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer entnehmen und an die Arbeitnehmer auskehren. Zum Anmelden und durchführen gelten diese Fristen in diesen Fällen gemäß § 41a Abs. 2 Satz

  1. Einkommensteuergesetz (EStG) bei monatlichem Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum bis zum 10.9.2022
  2. Halbsatz 1 1 Einkommensteuergesetz (EstG) im Kalendervierteljahr bis zum 10.10.2022
  3. Satz 2 Halbsatz 2 1 Einkommensteuergesetz (EstG) für das Kalenderjahr bis zum 10.1.2023

Übersteigt die EPP den Betrag der abzuführenden Lohnsteuer, ersetzt das Finanzamt dem Arbeitgeber den Betrag aus den Einnahmen der Lohnsteuer. Arbeitgeber:innen können die EPP abweichend von Abs. 2 Satz 1 im Oktober 2022 auszahlen, wenn die Lohnsteueranmeldungen vierteljährlich abzugeben sind. Bei jährlicher Abgabe von Lohnsteueranmeldungen können Arbeitgeber:innen auf die Auszahlung der EEP an Arbeitnehmer verzichten.

Die Energiepreispauschale (EPP) im Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren

Nichtarbeitnehmer:innen, die Einkünfte aus §§ 13 (Land- und Forstwirtschaft), 15 (gewerbliche Tätigkeit) oder 18 (selbständige freiberufliche Tätigkeit) erzielen, erhalten die EEP über die Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Wurde für den 10.9.2022 eine Einkommensteuer-Vorauszahlung für Einkünfte aus §§ 13, 15 oder 18 EStG festgesetzt, dann die Festsetzung um die Energiepreispauschale (EPP) zu mindern.

Die Energiepreispauschale (EPP) ist steuerpflichtig

Sie wird mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag fallen zusätzlich an.

Bei Arbeitnehmer:innen, die im Veranlagungszeitraum 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt haben, gilt die EPP im Veranlagungszeitraum 2022 als Einnahme nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Besonderheiten gibt es dann, wenn Versorgungsbezüge ausgezahlt werden.

Bei allen Nichtarbeitnehmern wird die EEP als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022 erfasst. Die Freigrenze nach § 22 Nr. 3 Satz 2 i EStG darf dabei allerdings nicht angewendet werden.

Bei einkommensabhängigen Sozialleistungen ist die EPP kein steuerpflichtiges Einkommen.

Das Steuerentlastungsgesetz sieht einen Kinderbonus vor

Familien erhalten zur Abfederung finanzieller Härten für jedes Kind einen einmaligen Bonus von 100 EUR. Die Auszahlung erfolgt über die Familienkassen und ist ein Zusatz zum Kindergeld.

Der Anspruch besteht für jedes Kind, für das im Juli 2022 ebenfalls ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Für Kinder, die im Juli 2022 keinen Anspruch auf Kindergeld hatten, werden dennoch berücksichtigt. Voraussetzung ist ein Anspruch auf Kindergeld in einem anderen Monat des Jahres 2022.

Der Kinderbonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Die Auszahlung erfolgt ab Juli 2022.

Steuerentlastungsgesetz: die Entfernungspauschale wird angehoben

Die Entfernungspauschale wird angehoben, um die die erhöhten Benzinpreise auszugleichen. Die Pauschale für Fernpendler wird rückwirkend ab 1. Januar 2022 angehoben. Geplant war sie eigentlich zum 1. Januar 2024. Ab dem 21. Entfernungskilometer liegt die Pendlerpauschale nun bei 38 Cent (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Es verbleibt aber weiterhin der Satz von 30 Cent bis zum 20. Entfernungskilometer. Die Erhöhung ist bis 2026 befristet. Vorher betrug die die Pauschale bis zum 20. Kilometer 30 Cent und ab dem 21. Kilometer bei 35 Cent.

Die erhöhte Entfernungspauschale gilt dann auch bei Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung.

Steuerentlastungsgesetz: Arbeitnehmer-Pauschbetrag bald höher

Über einen höheren Arbeitnehmer-Pauschbetrag werden viele weitere Arbeitnehmer:innen auch entlastet. Die Erhöhung erfolgt um 200 Euro auf dann 1.200 Euro und gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022. Darum wirkt sich die neue Entfernungspauschale auch erst dann aus, wenn sie 200 Euro überschreitet.

Steuerentlastungsgesetz: Der Grundfreibetrag steigt

Ein weiterer Entlastungsschritt ist die Erhöhung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer. Auch er steigt rückwirkend zum Jahresanfang 2022 von 9.984 Euro auf 10.347 Euro. Das ist eine Anhebung um 363 Euro.

Eigentlich müsste auch der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen auf 10.347 Euro gehoben werden. Das ist aber im Rahmen dieses Pakets noch nicht der Fall und wird möglicherweise im Zuge einer erneuten Gesetzesänderung noch umgesetzt.

Rückwirkende Neuberechnung des Lohnsteuerabzugs für 2022 notwendig

Die Maßnahmen des Steuerentlastungsgesetzes machen sich direkt bei der Lohnsteuer, dem Solidaritätszuschlag und auch bei der Kirchensteuer bemerkbar. Arbeitgeber müssen den bisherigen Lohnsteuerabzug für 2022 korrigieren, wenn das wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG).

Wie die Neuberechnung durchgeführt wird, ist nicht festgelegt. Sie haben drei Möglichkeiten:

  1. Neuberechnung zurückliegender Lohnzahlungszeiträume,
  2. Differenzberechnung für zurückliegende Lohnzahlungszeiträume oder
  3. Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug.

Technisch bedeutet rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs geänderte Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2022. Hier ist die Finanzverwaltung am Zug. Neue Programmablaufpläne werden aufgestellt und bekannt gemacht.

Unsere Einschätzung

Die Grünen sehen eine höhere Pendlerpauschale kritisch. Es wurde vereinbart, noch in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Entfernungspauschale zu schaffen. Ziel: Ökologisch-soziale Belange besser berücksichtigen.

Die rückwirkenden Änderungen sind grundsätzlich gut, um eine kleine Hilfestellung der Bundesregierung für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Aber wie so häufig verursachen diese Änderungen einen immensen Verwaltungsaufwand, insbesondere für alle Arbeitgeber:innen. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die Software und Berechnungen müssen angepasst werden, es wird nicht überall alles per Knopfdruck möglich sein. Es ist zu bedenken, dass zusätzliche Verwaltung auch immer zusätzliche Kosten nach sich ziehen. So fair muss man sein und auf dieses Problem hinweisen. Auch die Auszahlung der EEP an Nicht-Arbeitnehmer:innen, also beispielsweise an die Selbständigen in Deutschland, wird voraussichtlich nicht überall ohne Probleme funktionieren.

Die aktuelle Lage mit dem Krieg im östlichen Europa sowie die hauptsächlich daraus resultierenden großen Preissteigerungen insbesondere für Engie ist sicherlich für keinen einfach, auch nicht für die Regierung. Den Bürgerinnen und Bürgern wurden nun Hilfen zugedacht, was grundsätzlich positiv ist.

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Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

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