10. Mai 2022

Virtuelle Hauptversammlung laut Gesetzentwurf bald dauerhaft möglich

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Nachdem während der Corona-Pandemie viele Aktionärsversammlungen als virtuelle Hauptversammlung stattgefunden haben, gibt es nun einen Gesetzentwurf zur zukünftigen Regelung.

Hintergrund zum Gesetzentwurf und zur virtuellen Hauptversammlungen

Durch eine gesetzliche Sonderregelung während der Pandemie gab es die Möglichkeit, Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften ausschließlich virtuell abzuhalten. Das Format wurde grundsätzlich gut angenommen. So waren etwa steigende Präsenzraten in den Versammlungen zu beobachten. Nach den positiven Erfahrungen und mit Rücksicht auf die zunehmende Digitalisierung soll die virtuelle Hauptversammlung nun als dauerhafte Regelung in das Aktiengesetz aufgenommen werden. Das Bundeskabinett hat am 27. April 2022 den entsprechenden vom Bundesminister der Justiz vorgelegten Gesetzentwurf beschlossen.

Die Hauptversammlung im Aktienrecht

Der Begriff der Hauptversammlung bezeichnet zunächst die Zusammenkunft aller Aktionäre einer Aktiengesellschaft an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit zur Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte. Die Hauptversammlung ist neben Vorstand und Aufsichtsrat zudem ein gesetzliches Organ der Aktiengesellschaft, durch das die Aktionär:innen kraft ihres Mitgliedschaftsrechts die Willensbildung der Gesellschaft betreiben. Im Rahmen der Machtverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung regelt § 119 Abs. 1 AktG die Fälle, in denen ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich ist.

Inhalt des Gesetzentwurfs zur virtuellen Hauptversammlung

In dem beschlossenen Gesetzentwurf ist die Einführung eines neuen § 118a im Aktiengesetz als zentrale Vorschrift der virtuellen Hauptversammlung vorgesehen. Die Entscheidung für die virtuelle Hauptversammlung bedürfe einer Grundlage in der Gesellschaftssatzung, sodass die Aktionär:innen über deren Format entscheiden. Die Regelung in der Satzung oder eine entsprechende Ermächtigung des Vorstands müsse auf bis zu fünf Jahre befristet werden. Grund: die Legitimation regelmäßig erneuern.

Aktionär:innen sollen beim Abhalten der Versammlung als virtuelle Hauptversammlung besonders geschützt sein. Deshalb sind unter anderem die folgenden Voraussetzungen geplant:

  • Die gesamte Versammlung ist in Bild und Ton zu übertragen.
  • Den Aktionär:innen ist die elektronische Stimmrechtsausübung und Antragstellung zu ermöglichen.
  • Die Aktionär:innen erhalten ein Auskunftsrecht im Wege elektronischer Kommunikation, das ihnen im Versammlungstermin gewährt werden kann.
  • Der Bericht des Vorstands oder dessen wesentlicher Inhalt ist den Aktionär:innen bereits vor der Versammlung zugänglich zu machen.
  • Es ist den Aktionär:innen zu ermöglichen, Stellungnahmen im Vorfeld der Versammlung einzureichen, die den Aktionären zugänglich zu machen sind.
  • Für die elektronisch zugeschalteten Aktionär:innen ist ein Rederecht und eine Widerspruchsmöglichkeit vorzusehen.

Um Anfechtungsrisiken für die Gesellschaften abzumildern, sollen die bestehenden Vorschriften des Aktiengesetzes, die die Anfechtungsmöglichkeiten im Falle technischer Störungen begrenzen, auf die virtuelle Hauptversammlung ausgedehnt werden. Über solche technischen Störungen hinaus bleibe das Anfechtungsrecht eröffnet. Eine gesetzliche Begrenzung bezüglich der in einer virtuellen Hauptversammlung behandelten Gegenstände ist nicht vorgesehen, die Satzung könne aber Einschränkungen vorsehen. Neben Aktiengesellschaften erfasse das Gesetz auch die Versammlungen der verwandten Rechtsformen Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), Europäische Aktiengesellschaft (SE) und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

Unsere Einschätzung

Der vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf wird nun dem Bundeskabinett zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten. Wir gehen davon aus, dass das Gesetz so kommt.

Wenn dies so geschieht, dürfen (und sollten auch) insbesondere große Aktiengesellschaften die Möglichkeit der virtuellen Hauptversammlung nutzen.
Falls es so kommt, würden wir das begrüßen, denn die Möglichkeit, eine Hauptversammlung rechtssicher virtuell stattfinden zu lassen, ist längst überfällig.

Haben Sie Fragen rund um Aktienrecht? Möchten Sie die Satzung Ihrer AG modernisieren? Benötigen SieBeratung zur konkreten Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung?

Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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