22. März 2022

Grundsteuerreform: Auswirkungen auf Landwirtschaft und Forstwirtschaft 

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Die Grundsteuerreform betrifft auch die Betriebe der Landwirtschaft und Forstwirtschaft.  Erfahren Sie hier alles zur Berechnung der Grundsteuer A für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und welche Besonderheiten und Fallstricke das Gesetz bereithält. 

Durch die Grundsteuerreform müssen Grundstücksbesitzer:innen nach derzeitigem Stand zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 Feststellungserklärungen zur Neubewertung ihres Grundvermögens oder ihres land- und forstwirtschaftlichen Vermögens beim Finanzamt einreichen. Die Grundsteuerwerte sind hierbei auf den Hauptfeststellungszeitpunkt, den 1. Januar 2022, zu ermitteln.

Bund entschließt sich zur Anpassung der Grundsteuer A für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft

Mit Urteil vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Ermittlung des Einheitswerts von bebauten und unbebauten Grundstücken nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung zu vereinbaren ist. Das BVerfG bemängelte hierbei, dass die Grundstücke und Gebäudeeinheiten in den neuen Bundesländern anhand der Werte aus 1964 und in den alten Bundesländern sogar auf der Grundlage der Werte von 1935 berechnet werden. Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber daher auf, bis zum 31. Dezember 2019 eine neue gesetzliche Regelung für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zu treffen. Das BVerfG hat in seinem Urteil jedoch keinen Bezug zur Vereinbarkeit der Bestimmungen zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens getroffen. Dennoch hat sich der deutsche Gesetzgeber dazu entschlossen, die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögen umfassend neu zu regeln.

Neue Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach dem Ertragswertverfahren

Die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens erfolgt zukünftig durch Anwendung des sog. durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Die Bemessungsgrundlage für die neue Grundsteuer A wird zukünftig somit nicht mehr die Vermögenssubstanz, sondern der laufende Ertrag sein. Stark vereinfacht bedeutet dies, dass den nachfolgend genannten Nutzungsformen

  • Landwirtschaftliche Nutzung
  • Forstwirtschaftliche Nutzung
  • Weinbauliche Nutzung
  • Gärtnerische Nutzung

verschiedene Bewertungsfaktoren zugeordnet werden, die den durchschnittlichen Ertrag je Flächeneinheit wiederspiegeln sollen. Hierzu wird die jeweilige Grundstücksfläche der Nutzung mit einem Bewertungsfaktor multipliziert, sodass sich der Reinertrag ergeben wird. Die Summe aller Reinerträge der jeweiligen Nutzungen wird in der Folge kapitalisiert und ergibt den Grundsteuerwert.

Betrieb der Landwirtschaft und Forstwirtschaft erstreckt sich nach Grundsteuerreform nicht mehr auf den Wohnteil

Nach dem neu erlassenen Abschnitt des Bewertungsgesetzes (BewG) werden Grund und Boden sowie Gebäude und Gebäudeteile, die zu Wohnzwecken oder anderen nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, nicht mehr zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gezählt. Aus dem neuen Gesetz folgt, dass Wohnteile, Altenteile, Betriebsleiterwohnungen und Arbeiterwohnungen vielmehr dem Grundvermögen zugerechnet werden und mit der Grundsteuer B eigenständig besteuert werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass in solchen Fällen zwei separate Feststellungserklärungen abzugeben sind. Eine für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft und eine weitere Erklärung für das entsprechende Wohngebäude.

So funktioniert die separate Besteuerung mit der Grundsteuer B nach der Grundsteuerreform

Hierbei sollen in den Grund und Boden der Wohngebäude nicht nur die bebauten Flächen, sondern auch die Nebenflächen wie zum Beispiel Stellplätze oder Gärten einbezogen werden. Für die Zuordnung des anteiligen Grund und Bodens ist hierbei grundsätzlich die Verkehrsauffassung maßgeblich. Eine verbleibende Fläche, also eine Fläche die weder den Wohnzwecken noch den land- und forstwirtschaftlichen Zwecken eindeutig zugeordnet werden kann, wird hilfsweise nach dem Verhältnis der jeweiligen bebauten Fläche des Wohngebäudes zur bebauten Fläche aller Gebäude (Wohngebäude und land- und forstwirtschaftlich genutzte Gebäude) aufgeteilt.

Kritik des Deutschen Bauernverbandes an der Grundsteuerreform

Der deutsche Bauernverband („DBV“) kritisiert in seiner Stellungnahme zum Grundsteuergesetz aus 2019 diese Herausnahme der Wohngebäude aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, da diese ihrer Meinung nach zu großen Abgrenzungsschwierigkeiten führen wird.

Neue Steuernummern für nun eigenständige Gebäudeteile nötig

Damit eine reibungslose Abgabe der Feststellungserklärungen erfolgen kann ist es notwendig, dass die Finanzämter für die eigenständigen Gebäude und Gebäudeteile neue Steuernummern bzw. Aktenzeichen vergeben. Diese sollen dem Steuerpflichtigen in einzelnen Bundesländern – nach jetzigem Sachstand – im Rahmen eines Informationsschreibens zur Verfügung gestellt werden. Die Informationsschreiben sollen je nach Bundesland im Zeitraum zwischen April und Juli versendet werden. Sollte die Steuernummer respektive das Aktenzeichen nicht im Informationsschreiben aufgeführt sein, ist diese(s) im Zweifel beim zuständigen Finanzamt zu beantragen.

Auch Kleingärten gelten als Betriebe der Land- und Forstwirtschaft

Gemäß § 240 Abs. 1 BewG unterliegen auch die Flächen eines selbständigen Kleingartens der gärtnerischen Nutzung und sind in der Folge als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Ein Kleingarten ist hierbei ein Garten, welcher

  • Nutzer:innen zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung und zur Erholung dient und
  • in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefasst sind.

Die Bewertung von Kleingartenland erfolgt gem. § 240 Abs. 2 BewG abweichend von § 237 BewG mit dem Reinertrag für den Nutzungsteil Gemüsebau der gärtnerischen Nutzung. Zwar wurden selbständige Kleingärten auch nach der bisherigen Verwaltungsregelung als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft qualifiziert, jedoch sichert die Einführung des § 240 BewG die bisherige Rechtspraxis ab.

Unsere Einschätzung

Wie auch bei der Grundsteuer A gilt: Viele Angaben sind gesondert für jeden Einzelfall zu klären. Eine automatisierte Erfassung der Daten für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen ist daher nur schwer möglich. So wird insbesondere die Zuordnungsfrage von Flächen zu Wohn- oder land- und forstwirtschaftlichen Zwecken in der Praxis mit einigem Abstimmungsbedarf und Unwägbarkeiten verbunden sein.

Um alle Erklärungen dennoch fristgerecht bearbeiten zu können und den Abstimmungsbedarf zu minimieren, arbeiten wir für Sie mit SmartGrundsteuer zusammen. SmartGrundsteuer kommt mit einem einfachen und digitalen Workflow.

Dank ELSTER-Schnittstellen sind alle notwendigen Arbeitsabläufe genau da, wo sie hingehören. Außerdem ist SmartGrundsteuer zertifizierter Schnittstellen-Partner der DATEV.

Weitere Informationen zur Grundsteuerreform

Informationen zu Erlassen und Vordrucken finden Sie außerdem hier.

Gerne können Sie uns auch telefonisch unter: +49 211-90 86 7 0 oder über unser folgende Kontaktformular kontaktieren.

 

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