21. Januar 2022

So funktioniert die Besteuerung von Kryptowährungen im Privatvermögen

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Kryptowährungen sind in den letzten Jahren zu einer eigenen, sehr gefragten Anlageklasse geworden. Aufgrund rasanter Kursanstiege konnten mit Bitcoin und Co. traumhafte Renditen erzielt werden. Doch wie funktioniert die Besteuerung von Kryptowährungen im Privatvermögen und wann ist ein Gewinn zu versteuern?

Voraussetzung für steuerfreie Gewinne aus dem Verkauf von Kryptowährungen

Kryptowährungen gelten aktuell als „anderes Wirtschaftsgut“ im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG. Damit sind sie in der steuerlichen Behandlung mit Kunstgegenständen vergleichbar. Gewinne aus der Veräußerung von Bitcoins im Privatvermögen sind nach aktueller Rechtslage zu versteuern, wenn sie nicht länger als ein Jahr im Eigentum gehalten wurden. Beträgt der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung mehr als ein Jahr, ist ein Veräußerungsgewinn steuerfrei.

Spekulationsfrist bei der Besteuerung von Kryptowährungen entscheidend, wenn der Gewinn über 600 Euro beträgt

Der Gesetzgeber unterstellt bei einer Veräußerung innerhalb des ersten Jahres eine bereits beim Ankauf bestehende Veräußerungs- und Einkunftserzielungsabsicht. Ausnahme von der Regel: Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Darunter fallen Kryptowährungen trotz ihrer grundsätzlichen Eignung als Zahlungsmittel – wie auch andere Fremdwährungen – nicht.

Der Gewinn aus Spekulationsgeschäften ist nur zu versteuern, wenn er im Kalenderjahr über 600 Euro beträgt. Die Spekulationsfrist verlängert sich auf zehn Jahre, wenn Sie die virtuelle Währung aktiv als Einkunftsquelle nutzen. Dies ist der Fall, wenn Sie ihre Bitcoins anderen durch sogenanntes „Lending“ gegen eine Gebühr überlassen.

Einzelrückverfolgung oder First In, First-Out-Methode: Bei Besteuerung von Kryptowährungen sind die Zeitpunkte von Ankauf und Verkauf entscheidend

Bei Kunstgegenständen lassen sich die Zeitpunkte von Anschaffung und Verkauf leicht nachvollziehen. Bei Kryptowährungen ist die genaue Zuordnung der Transaktionen schwieriger. Um die Spekulationsfrist zu bestimmen, spielt bei Kryptogeschäften die Verbrauchsfolgetheorie eine entscheidende Rolle. Für die Berechnung der Jahresfrist ist grundsätzlich der im Einzelfall veräußerte Coin bis auf seinen Anschaffungsvorgang zurückzuverfolgen. Da dies in den meisten Wallets und Depots nicht ohne weiteres möglich ist, können Sie aus Vereinfachungsgründen die „FiFo“-Methode (First in, First out) anwenden. Diese unterstellt, dass der erste angeschaffte Coin auch als erstes wieder veräußert wird.

Wenn Sie sich für eine Methode – sei es Einzelrückverfolgung oder „FiFo“ – entscheiden, müssen Sie diese Wahl für die betroffene virtuelle Währung in diesem Wallet beibehalten. Dies gilt bis zur vollständigen Veräußerung sämtlicher Einheiten dieser virtuellen Währung in diesem Wallet. Halten Sie verschiedene virtuelle Währungen in einem Wallet, haben Sie für jede virtuelle Währung ein gesondertes Wahlrecht.

Spekulationsfrist gilt auch bei Verlusten

Verluste aus dem Handel mit Kryptowährungen werden nur dann steuerlich berücksichtigt, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist realisiert wurden. Daher kann sich unter Umständen ein zwischenzeitlicher Verkauf von Kryptowährungen steuerlich lohnen, die sich aktuell im Minus befinden. Beachten Sie jedoch, dass bei einem eventuellen Nachkauf der Kryptowährung zu einem niedrigeren Kurs wieder eine neue Spekulationsfrist für folgende Veräußerungen beginnt.

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie durch den Handel mit Kryptowährungen Verluste erlitten haben, können die mit anderen Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden. Damit können Sie ihren zu versteuernden Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften des jeweiligen Jahres verringern. Haben Sie keine anderen Gewinne gemacht, können Sie die Verluste in die folgenden Jahre vortragen oder auf das vorhergehende Jahr zurücktragen und dort verrechnen.

So werden Einkünfte aus Lending-Geschäften mit Kryptowährungen besteuert

Beim Lending werden Einheiten einer virtuellen Währung anderen gegen eine Vergütung zur Nutzung überlassen. Diese Kryptoleihe kann über spezielle Lendingplattformen abgewickelt werden. Als Entgelt erhält die verleihende Person in der Regel weitere Einheiten der Kryptowährung.

Private Einkünfte aus dem Lending sind nach Ansicht der Finanzverwaltung gem. § 22 Nummer 3 EStG steuerbar. Diese Norm umfasst zum Beispiel die gelegentliche Vermietung von Wohnwagen oder anderen beweglichen Gegenständen.
Erhalten Sie für das Lending weitere Einheiten der virtuellen Währung, sind diese mit dem Marktkurs im Zeitpunkt des Zuflusses zu bewerten und stellen entsprechend ihre Einnahme dar. Etwaige Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Einnahmen können Sie hiervon abziehen. Betragen Ihre Einkünfte aus dem Lending unterm Strich weniger als 256 Euro im Kalenderjahr, sind diese steuerfrei.

Auch hier sind noch einige rechtliche Fragen höchstrichterlich ungeklärt. Zum Beispiel, ob sich die Haltefrist durch Lending auf zehn Jahre verlängert.

Steuererklärungspflicht bei Gewinnen aus Kryptowährungen

Anders als bei Einkünften aus Kapitalvermögen, zum Beispiel aus dem Handel mit Aktien oder aus Dividenden, wird beim Handel mit Bitcoin keine Kapitalertragsteuer einbehalten. Wenn Sie durch die Veräußerung von Kryptowährungen steuerpflichtige Gewinne über 600 Euro im Kalenderjahr erzielt haben, sind Sie zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung und zur Deklaration Ihrer Gewinne verpflichtet.

Der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf von Bitcoin und Co. errechnet sich grundsätzlich durch Abzug der Anschaffungskosten vom erzielten Verkaufspreis. Doch auch Kosten, die mit der Anschaffung oder dem Verkauf in Verbindung stehen, können Sie berücksichtigen. Beispielsweise Händlerprovisionen sind als Kosten beim Verkauf von Bitcoin abzugsfähig.
Möchten Sie einen Verlust geltend machen, ist dies ebenfalls nur möglich, wenn Sie für das betreffende Jahr eine Steuererklärung abgeben.

Unsere Einschätzung

Die Besteuerung von Kryptowährungen hat Besonderheiten. Viele Fragen sind noch offen und werden erst in Zukunft durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt werden. Wir gehen davon aus, dass die Veräußerung von Kryptowährungen aus dem Privatvermögen innerhalb der Spekulationsfrist steuerpflichtig ist. Auch wenn der Bundesfinanzhof hier in einem aktuell anhängigen Revisionsverfahren das letzte Wort hat, rechnen wir nicht mit einem abweichenden Urteil.

Ob sich die Spekulationsfrist beim Lending von Kryptowährungen auf zehn Jahre verlängert, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die Finanzverwaltung positioniert sich in dieser Diskussion naturgemäß pro-fiskalisch und bejaht diese Frage in ihrem Entwurf des BMF-Schreibens. Ob ein Finanzgericht die Auffassung teilt oder nicht, wird sich zeigen müssen. Gegebenenfalls müssen Sie Gewinne aus einer Veräußerung von Bitcoin, die zuvor zum Lending eingesetzt wurden, nacherklären, auch wenn Sie diese außerhalb der 1-Jahres-Frist veräußert haben.

Wir raten Ihnen unbedingt, sich für den steuerlichen Umgang mit Kryptowährungen auch jetzt schon professionellen Rat zu suchen. Wir stehen gerne zur Verfügung.

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

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