22. Dezember 2021

Kein Ersatz für Urlaub bei Quarantäne wegen Corona

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– UPDATE –

Es gibt ein Update zur Nichtanrechnung von Urlaub aufgrund einer behördlichen Quarantäne-Anordnung: Entgegen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln vom 13. Dezember 2021, um die es in diesem Beitrag geht, hat das Landesarbeitsgericht Hamm im Januar 2022 geurteilt, die Zeit der Quarantäne nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen. Es war der Ansicht, dem Kläger seien die Urlaubstage zu einem späteren Zeitpunkt nachzugewähren. Zur Begründung führte das Gericht an, der Arbeitnehmer sei während der Anordnung einer Quarantäne daran gehindert, seine Urlaubszeit frei und selbstbestimmt zu gestalten. 

Hier finden Sie unseren aktuelle Beitrag dazu!

Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung der Gerichte bleibt abzuwarten, wie eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aussehen wird.

Unser usprünglicher Artikel:

Wenn Arbeitnehmer:innen während ihres Urlaubs Corona-bedingt in Quarantäne müssen, haben sie im Anschluss keinen Anspruch auf Ersatz der Urlaubstage. 

Das gilt zumindest dann, wenn die betreffenden Arbeitnehmenden keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeitgeberin vorlegen.

Landesarbeitsgericht Köln: Kein neuer Urlaubsanspruch bei Quarantäne wegen Corona

Das hat das Landesarbeitsgericht Köln in seinem  Urteil vom 13. Dezember 2021, (AZ.: 2 Sa 488/21) entschieden. Zum Hintergrund: Eine Arbeitnehmerin hatte zwischen dem 30. November 2020 und dem 12. Dezember 2020 Urlaub. Als sich das Kind der Arbeitnehmerin mit dem Coronavirus infizierte, ordnete die Stadtverwaltung am 27. November 2020 Quarantäne für die Arbeitnehmerin an. Grund: Sie war Kontaktperson ersten Grades ihres infizierten Kindes. Die Quarantäne endete am 7. Dezember 2020. Für die Zeit vom 30. November bis 4. Dezember 2020 machte die Arbeitnehmerin die Nachgewährung von 5 Urlaubstagen gegen ihren Arbeitgeber geltend. Als dieser die Nachgewährung ablehnte, zog die Arbeitnehmerin vor das Arbeitsgericht Bonn. Sowohl das Arbeitsgericht Bonn als auch das in zweiter Instanz angerufene Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.

Kein Ersatz für Urlaubstage nach § 9 BUrlG

Das Landesarbeitsgericht Köln ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen von § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegen. Diese Regelung bestimmt, dass bei einer Erkrankung während des Urlaubs die nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Das bedeutet, Arbeitnehmer:innen bekommen die Urlaubstage, an denen sie krank waren, gutgeschrieben. Allerdings muss die Krankheit durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung belegt werden.

Eine behördliche Quarantäneanordnung steht nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gleich. Denn eine Erkrankung mit dem Coronavirus bedeutet nicht zwangsläufig, dass jemand arbeitsunfähig ist. Bei einem symptomlosen Verlauf bleiben Arbeitnehmende grundsätzlich arbeitsfähig. Da eine Infektion mit dem Coronavirus nicht zwingend mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit einhergeht, läge hier keine vergleichbare Interessenlage vor. Eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG entfällt daher. Das Gericht hat es somit abgelehnt, Krankheit und Quarantäneordnung gleichzusetzen.

Unsere Einschätzung

Im beschriebenen Fall geht es um eine wichtige Entscheidung. Nämlich darum, ob der § 9 BUrlG auf behördliche Quarantäneanordnungen anwendbar ist. Da das weitreichende Folgen haben kann, haben die Richter eine Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen. Fraglich bleibt, ob sich ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin  auch in häuslicher Isolation erholen kann. Das nämlich ist der Zweck von Urlaub. Grundsätzlich könnte man vermuten, die Beeinträchtigung durch die Quarantäne sei mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar. Denn Arbeitnehmer:innen sind immerhin an einer freien Gestaltung ihrer Urlaubszeit gehindert. Das Landesarbeitsgericht sah dies aber anders.

Die Folgen für die Praxis sind zu erahnen. Künftig werden sich auch symptomlose Arbeitnehmer:innen, die sich in behördlich angeordnete Quarantäne begeben müssen, welche entsprechende Urlaubszeiten erfasst, rein präventiv um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bemühen. Diese Bescheinigung zu erlangen, dürfte angesichts einer bereits vorliegenden Infektion mit dem Coronavirus oder dem engen Kontakt mit einer infizierten Person für den betroffenen Arbeitnehmer:innen leicht sein. Denn noch immer ist es nach telefonischer Anamnese möglich, eine ärztliche Bescheinigung bis zu einer Höchstdauer von 14 Tagen zu erhalten, ohne überhaupt bei einem Arzt vorstellig zu werden.

Arbeitgeber:innen, die berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmer:innen haben, können von der Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nach § 275 SGB V zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholen. Die Krankenkasse darf dieses Verlangen nur dann ablehnen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

Haben Sie Fragen zu den Themen Urlaubstage und Corona-Quarantäne? Dann sprechen Sie uns jederzeit gerne an!

P.S.: Mit dem Thema “Kein Geld für ungeimpfte Arbeitnehmer in Quarantäne ab 1. November 2021” haben wir uns ebenfalls beschäftigt. Den Beitrag vom 15. Oktober 2021 finden Sie hier.

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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