29. November 2021

Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung bei Betriebsaufgabe

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Damit Unternehmer:innen einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung im Sinne des § 7g des Einkommensteuergesetz in Anspruch nehmen können, müssen sie eine Vielzahl von Voraussetzungen erfüllen.

So muss das angeschaffte Wirtschaftsgut unter anderem mindestens bis zum Ende des Wirtschaftsjahres, das dem Jahr der Anschaffung oder Herstellung folgt, vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte (fast) ausschließlich betrieblich genutzt werden. Im Falle der Betriebsaufgabe hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 28. Juli 2021 (Az. X R 30/19) jetzt ein interessantes Urteil gefällt. Hier erfahren Sie, wie Sie als Unternehmer:in mit dem gebildeten Investitionsabzugsbetrag und der beanspruchten Sonderabschreibung bei einem durch Betriebsaufgabe entstandenem Rumpfwirtschaftsjahr umgehen müssen.

Die Entscheidung des BFH  zum Investitionsabzugsbetrag und der Sonderabschreibung bei Betriebsaufgabe

Der zehnte Senat des Bundesfinanzhofs hat entschieden, dass es bei Betriebsaufgaben bereits genügt, wenn das begünstigte Wirtschaftsgut bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Rumpfwirtschaftsjahr in der inländischen Betriebsstätte (nahezu) ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Wird der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben, wird das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr, beziehungsweise einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum (Rumpfwirtschaftsjahr) nach dem Investitionsjahr genutzt. Laut Urteil findet die Regelungen zum Rumpfwirtschaftsjahr nach § 8b Satz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung für den Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung Anwendung. Ein Rumpfwirtschaftsjahr gilt also auch in diesem Fall stets als Wirtschaftsjahr. Somit ist für die Erfüllung der Nutzungsvorgabe unerheblich, dass der Zeitraum weniger als zwölf Monate beträgt.
Das bedeutet, dass gebildete Investitionsabzugsbeträge und beanspruchte Sonderabschreibungen im Falle der Betriebsaufgabe rückwirkend nicht gewinnerhöhend korrigiert werden müssen.

Wie begründet der Bundesfinanzhof seine Entscheidung?

Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur früheren Ansparabschreibung und dem früheren Gewinnzuschlag nach § 7g EStG alte Fassung. Die Heranziehung des § 8b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, welcher den Begriff des Wirtschaftsjahres definiert, fand für diese bereits Anwendung. Dahingehend wurde entschieden, dass dies für die neue Fassung des § 7g des Einkommensteuergesetzes entsprechend zu übernehmen ist.

Investitionsabzugsbetrag und seine Voraussetzungen

Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags soll der Förderung von Investitionen bei kleinen und mittleren Betrieben dienen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um künftige Anschaffungen von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handeln muss, die der Abnutzung unterliegen. Ob dies ein neues oder gebrauchtes Wirtschaftsgut sein wird, ist irrelevant. Das Wirtschaftsgut muss jedoch mindestens bis zum Ende des auf die Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder (nahezu) ausschließlich betrieblich in einer inländischen Betriebsstätte genutzt werden.

Des Weiteren muss die Gewinnermittlung des Betriebs durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder Bilanzierung erfolgen. Der Gewinn darf im Abzugsjahr nicht mehr als 200.000 Euro betragen.
Zu beachten ist auch, dass die Investition innerhalb von drei Jahren nach dem Jahr der Rücklagenbildung zu erfolgen hat. Andernfalls muss der beanspruchte Investitionsabzugsbetrag rückwirkend im Jahr der Bildung wieder aufgelöst werden.

Konkrete Auswirkung des Urteils auf den Investitionsabzugsbetrag im Falle der Betriebsaufgabe

Erhebliche Auswirkungen zeigen sich gerade im Jahr der Bildung des Investitionsabzugsbetrags.
Grundsätzlich können für die künftige Investition in dem Jahr, wo feststeht, dass eine solche Investition getätigt werden soll, bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd berücksichtigt werden. Die Summe sämtlicher Investitionsabzugsbeträge darf im Jahr der Bildung und den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren den Betrag von 200.000 Euro allerdings nicht übersteigen.

Der Bundesfinanzhof geht in seinem Urteil nicht von einem vollen Zwölf-Monats-Zeitraum aus. Damit ist das durch eine Betriebsaufgabe möglicherweise entstehende Rumpfwirtschaftsjahr unerheblich. Die Vorgaben zur Nutzung des Wirtschaftsguts werden stets erfüllt. Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsjahr weniger als zwölf Monate enthält. Es muss jedoch mindestens bis zum Ende des auf die Anschaffung oder Herstellung folgenden Rumpfwirtschaftsjahres (nahezu) ausschließlich betrieblich genutzt worden sein.

Der gebildete Investitionsabzugsbetrag muss somit nicht rückwirkend wieder aufgelöst werden. Bei gegenteiliger Entscheidung hätte dies zu einem steuerlichen Nachteil geführt. Der Gewinn hätte so um den Abzugsbetrag nachträglich erhöht werden müssen.

Auswirkungen des BFH-Urteils auf das Investitionsjahr

Weitere Auswirkungen hat das Urteil auch auf das Investitionsjahr und die dort gewinnmindernde Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrags.
Kommt es zur Investition, muss grundsätzlich im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der gebildete Investitionsbetrag in voller Höhe wieder aufgelöst und dem Gewinn hinzugerechnet werden. Im Gegenzug ist aber auch ein Herabsetzungsbetrag von bis zu 50 Prozent der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgesehen. Dieser darf jedoch maximal in Höhe des gebildeten Investitionsabzugsbetrags gewinnmindernd berücksichtigt werden. Dies birgt einen steuerlichen Vorteil, da der Herabsetzungsbetrag als voll abzugsfähige Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann und sich gewinnmindernd auswirkt.

Sonderabschreibung und ihre Voraussetzungen

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung decken sich mit denen für den Investitionsabzugsbetrag.
Grundsätzlich können insgesamt 20 Prozent der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Sonderabschreibung beansprucht werden. Das gilt im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren.

Konkrete Auswirkung des Urteils auf die Sonderabschreibung im Falle der Betriebsaufgabe

Die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag und für die Sonderabschreibung sind identisch. Daher hat die Entscheidung auch erhebliche Auswirkungen auf die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung.
Die oftmals im Anschaffungsjahr voll beanspruchte Sonderabschreibung führt so zu weiteren Vorteilen. Der Betrag von 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann als voll abzugsfähige Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Auch das dadurch verminderte Abschreibungsvolumen bietet Spielraum für zeitnahe Neu-Investitionen.

Unsere Einschätzung

Wir begrüßen das neue Urteil vom Bundesfinanzhof. Geben Sie als Unternehmer:in – geplant oder ungeplant – Ihren Betrieb auf, müssen Sie die steuerlichen Konsequenzen einer rückwirkenden Auflösung des Investitionsabzugsbetrags nicht befürchten.
Sollten in den kommenden drei Jahren Investitionen anstehen, so können Sie gerne jederzeit auf uns zukommen und sich beraten lassen.

Gemeinsam werden wir sämtliche Voraussetzungen für Sie prüfen und klären, ob eine Beanspruchung des Investitionsabzugsbetrags sowie der Sonderabschreibung für Sie möglich ist.

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