22. Oktober 2021

Nachbearbeitungspflicht von Maklerpools gegenüber Versicherungsmaklern

Im Versicherungsvertrieb kann Versicherer eine Nachbearbeitungspflicht gegenüber Handelsvertreter:innen treffen. Das gilt auch für einen Maklerpool gegenüber Makler:innen. Dazu hat der Bundesgerichtshof am 08. Juli 2021 (Az. I ZR 248/19) ein Urteil gefällt. Erfahren Sie hier alles rund um die Nachbearbeitungspflicht von Maklerpools gegenüber Versicherungsmakler:innen.

Stornohaftungszeiten und Nachbearbeitungsbemühen im Vertriebsrecht

Im Rahmen der Vermittlung von Versicherungen werden Provisionen in der Regel nach Abschluss des Versicherungsvertrags mit dem Kunden (nahezu vollständig) an die Vermittler:innen ausgezahlt. Über die Grundsätze der Rückforderung von Handelsvertreterprovisionen sowie die sogenannte “Stornohaftungszeit”, haben wir Sie bereits in unserem Beitrag vom 20. August 2021 informiert. Hintergrund der Thematik ist der Umstand, dass die durch die Vermittlung eines Vertrages aus den Sparten Lebens- oder Krankenversicherung anfallende Provision erst nach Ablauf von regelmäßig 60 Monaten als vollständig verdient gilt, obgleich aus Liquiditätsgründen die Vergütung bereits nahezu vollständig an den/die Vermittler:in ausgezahlt worden ist.

Mit anderen Worten: Während dieser sogenannten Haftungszeit steht die an Versicherungsvermittler:innen gezahlte Provision letztlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Wann und in welchem Umfang gezahlte Provision letztlich zurückgefordert werden kann, ist Gegenstand zahlreicher juristischer Auseinandersetzungen und ebenso vieler Urteile.

Überdauert ein vermittelter Versicherungsvertrag die Stornohaftungszeit nicht, ist der Versicherer berechtigt, die geleistete Provision zurückzufordern, wenn die Nichtausführung des Versicherungsvertrages auf Umständen beruht, die das Unternehmen nicht zu vertreten hat. Dies wiederum hängt maßgeblich von der Frage ab, ob beziehungsweise in welchem Umfang Unternehmer:innen sich um die Rettung eines stornogefährdeten Vertrages bemüht haben. Auch hierüber findet eine breite juristische Auseinandersetzung statt, die dank einer aktuellen Entscheidung zwei nicht unwesentliche Punkt klargestellt hat.

Nachbearbeitungspflicht trifft gleichermaßen Maklerpool

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) stellt zunächst klar, dass die Grundsätze zur Stornohaftung und Nachbearbeitung auch auf das Verhältnis zwischen Maklerpool und Makler:in übertragbar sind. Im Urteil war konkret zu klären, ob die Nachbearbeitungspflicht, die aus § 87a Abs. 3 Handelsgesetzbuch folgt und die grundsätzlich für Handelsvertreter:innen gilt, überhaupt auf den Maklerbereich anwendbar ist. Außerdem musste das Gericht klären, wie weit diese Pflichten im Maklerbereich gehen.

Schutzwürdigkeit von Makler:innen durch den Pool folgt aus Treu und Glauben

Im Fall war der klagende Makler an den beklagten Pool angebunden, wobei vertraglich vereinbart war, dass vermittelte Geschäfte im Rahmen eines Kontokorrentkontos abgerechnet werden. Zusätzlich vereinbart war, dass Courtagen vorschüssig gezahlt werden und dass der Pool den Makler bei Vertragsstörungen rechtzeitig über Stornogefahren informiert.

Der BGH ließ letztlich offen, ob sich die Nachbearbeitungspflicht auch des Maklerpools unmittelbar aus § 87 a HGB entnehmen lässt. Das Gericht stellte aber fest, dass sich jedenfalls im Einzelfall nach den Grundsätzen aus Treu und Glauben eine ähnliche Schutzwürdigkeit des Maklers ergebe. Und zwar entsprechend einer solchen des/der Handelsvertreter:in gegenüber seinem/ihrem Versicherer. Dies begründet der BGH mit der besonderen Beziehung zwischen Makler:in und Maklerpool und der starken Annäherung von Makler:innen an die Stellung von Versicherungsvertreter:innen. Die Annäherung beziehungsweise Vertreter:innen ähnliche Stellung von Makler:innen resultiere unter anderem daraus, dass sie laufende Courtagevorschüsse erhalten. Zusätzlich auch, dass sie ein „Bestandspflegegeld“ ausgezahlt bekommen sowie Stornomitteilungen erhalten.

Einzelfallgestaltung entscheidend für Art und Umfang der Nachbearbeitungspflicht

Schließlich stellte der BGH fest, dass es entscheidend auf die Einzelfallgestaltung für die Art und den Umfang des Nachbearbeitungsbemühens des Maklerpools ankomme. Widerruft beispielsweise ein Kunde oder eine Kundin den Versicherungsvertrag innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen, nehme dieser bzw. diese lediglich ein ihm oder ihr gesetzlich eingeräumtes Recht wahr. In diesem Fall überwiege das Widerrufsrecht der Kund:innen die Fürsorgepflicht des Maklerpools gegenüber den Makler:innen. Dann bestünde allerdings auch keine Pflicht des Pools zur rechtzeitigen Übersendung von Stornogefahrmitteilungen. Anders sei es jedoch im Fall einer Beitragsfreistellung, also wenn Antragsteller:innen aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse mit den Beiträgen aussetzen wollen. Der BGH urteilte, dass der Maklerpool zwar auch hier nicht zu verantworten habe, dass sich die finanzielle Situation des Versicherten ändere. Allerdings gehört es laut BGH zu seiner Fürsorgepflicht, sich um eine Weiterführung des Vertrags zu kümmern. Notfalls auch unter anderen Konditionen.

Unsere Einschätzung

Der BGH führt mit dem aktuellen Urteil seine bisherige Rechtsprechung fort. Er bestätigt, dass Makler:innen nach Treu und Glauben in die Kooperation mit dem Pool ähnlich eingebunden sind wie Versicherungsvertreter:innen. Der Rechtsgedanke des § 87a Abs. 3 HGB wird also als übergeordnet angesehen. Sind Makler:innen ähnlich Handelsvertreter:innen in die Organisationsstruktur eines Maklerpools eingebunden, besteht für diesen die Pflicht, rechtzeitig Stornogefahrmitteilungen zu erbringen.

Geschieht dies nicht, ist eine vermeintlich strittige Courtage dem Makler oder der Maklerin zuzusprechen. Offen bleibt in der vorliegenden Konstellation die Pflichtenstellung des Versicherers, der unstreitig eigene Verpflichtungen zur Stornoabwehr hat. Das spielt allerdings maßgeblich im Verhältnis der Vertragsbeziehung zum Maklerpool eine Rolle.

Haben Sie Fragen zum Thema? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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