5. Oktober 2021

Steuerliche Fallstricke bei Photovoltaikanlagen

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In unseren bisherigen Beiträgen (hier, hier und hier) haben wir Sie über die allgemeine einkommen- und umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen informiert. Im letzten Beitrag unserer Reihe zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen beleuchten wir für Sie verschieden steuerliche Fallstricke bei Photovoltaikanlagen.
 

Infektionstheorie – So werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu gewerblichen Einkünften

Grundsätzlich können Steuerpflichtige verschiedene Einkünfte erzielen. So kann er oder sie ein Gebäude vermieten und daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung generieren. Gleichzeitig können Steuerpflichtige durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerbliche Einkünfte erzielen. Beide Einkunftsquellen können unabhängig voneinander betrieben werden.
Problematisch wird es, wenn die Einkünfte nicht durch eine einzelne natürliche Person, sondern durch einen Zusammenschluss mehrerer Personen in einer Personengesellschaft erzielt werden: Übt die Personengesellschaft im Wesentlichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit aus und erzielt daneben durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerbliche Einkünfte, erzielt sie aufgrund einer gesetzlichen Regelung insgesamt gewerbliche Einkünfte (Infektionstheorie).

Infektionstheorie bedeutet, dass es zu einer gewerblichen Infizierung aller Einkünfte kommt. Gleiches gilt, wenn diese vermögensverwaltende Personengesellschaft ihrerseits an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligt ist. Die Beteiligung selbst reicht dabei aus – ohne Rücksicht auf die Höhe der Gewinne oder Verluste.
Die Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte hat insbesondere zur Folge, dass sämtliche Einkünfte der Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen und nicht nur die originär gewerblichen Einkünfte.
Dies führt auch zur vollständigen Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen, auch wenn die Veräußerung erst nach Ablauf von zehn Jahren nach Kauf erfolgte – und ansonsten steuerfrei wäre.

Eine Ausnahme ergibt sich lediglich aus der Rechtsprechung. Übersteigen die Erlöse aus der originär gewerblichen Tätigkeit nicht drei Prozent der Gesamtnettoumsatzerlöse (relative Bagatellgrenze) und gleichzeitig nicht den Betrag von 24.500 Euro, kommt es nicht zur Infizierung. Beim Betrag von 24.500 Euro spricht man von der “absoluten Bagatellgrenze”.

Gewerbesteuerliche Behandlung der Photovoltaikanlage

Wie bereits in unserem zweiten Beitrag beschrieben, begründet der Betrieb einer Photovoltaikanlage einen stehenden Gewerbebetrieb. Der wiederum löst eine grundsätzliche Gewerbesteuerpflicht aus. Der Gewerbebetrieb ist von der Gewerbesteuer befreit, wenn er ausschließlich aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage besteht, die auf, an oder in einem Gebäude angebracht ist, und deren Leistung auf bis zu zehn Kilowatt beschränkt ist. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Steuerbefreiung zum Beispiel bei der oben dargestellten Personengesellschaft nicht zum Tragen kommt.

Der Betrieb einer Photovoltaikanlage kann auch zur Versagung eines gewerbesteuerlichen Privilegs führen. Konkret: der sogenannten erweiterten Grundbesitzkürzung.  Eine vermögensverwaltende Gesellschaft, die nur kraft Gesetz gewerbliche Einkünfte erzielt, kann die erweiterte Grundbesitzkürzung in Anspruch nehmen. Diese bewirkt, dass der Gewerbeertrag insoweit gekürzt wird, als er auf die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes entfällt. Dadurch kann die Gewerbesteuerlast oft auf Null reduziert werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erweiterten Grundbesitzkürzung war bislang, dass neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes keine schädliche Nebentätigkeit ausgeübt wird. So hat der Betrieb der Photovoltaikanlage durch eine grundbesitzverwaltende Gesellschaft stets zur Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung geführt. Durch das Fondsstandortgesetz wurden die Ausnahmeregelungen dieser Regelung erfreulicherweise erweitert; lesen Sie Genaueres dazu hier.

Sanierung gegen Vermietung

Gebäude müssen früher oder später saniert werden. Das Problem kann größer werden, umso größer die Gebäude sind. Das betrifft vor allem das Dach eines Gebäudes. Die Kosten für eine Dachsanierung können schnell in den sechs- bis siebenstelligen Bereich schnellen. In Zeiten der immer größer werdenden Nebenkosten wäre so eine Investition für viele Besitzer:innen großer Gebäude teils nicht mehr zu realisieren.
Aufgrund dessen haben sich bestimmte Unternehmen darauf spezialisiert, Gebäudeeigentümer:innen eine kostenlose Dachsanierung anzubieten. Im Gegenzug vermieten die Gebäudeeigentümer:innen ihre Dachflächen an das jeweilige Unternehmen, welches dann Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen anbringt.

Durch die Überlassung des Daches erzielen Steuerbürger:innen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das gilt auch dann, wenn ihm oder ihr hierfür kein gesondertes Entgelt gezahlt wird. Die von Pächter:innen getragenen Sanierungskosten sind bei Steuerbürger:innen als Miete zu erfassen und über die Dauer der Nutzungsüberlassung zu verteilen. Gleichzeitig sind sie als Erhaltungsaufwendungen für das vermietete Objekt zu erfassen.

Bürgerbeteiligungsmodell – Photovoltaikanlage als Sonderbetriebsvermögen

Es gibt verschiedene praktikable Lösungen für die kollektive Stromerzeugung mit Photovoltaik-Beteiligungsanlagen. Eine davon ist das Bürgerbeteiligungsmodell in Form einer Kommanditbeteiligung. Sie eignet sich insbesondere bei größeren Projekten. Die Bürger:innen zahlen hier eine Kommanditeinlage und werden Kommanditisten der Gesellschaft. Der Kraftwerksbetreiber oder die Kraftwerksbetreiberin – beispielsweise die Gemeinde – ist dann persönlich haftende Gesellschafter:in, also Komplementär:in. Die beteiligten Bürger:innen werden am Gesellschaftsgewinn beteiligt und erhalten keine feste Verzinsung ihrer Einlage.

Durch den Betrieb der Photovoltaikanlage erzielt die Kommanditgesellschaft gewerbliche Einkünfte und die Photovoltaikanlage gehört zu ihrem Betriebsvermögen. Zum steuerlichen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehört aber neben dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft auch das sogenannte Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter:innen. Dabei handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die zwar im Eigentum des Gesellschafters stehen, von diesem aber an die Gesellschaft unmittelbar zur Nutzung überlassen werden. Überlässt ein Bürger oder eine Bürgerin der Gesellschaft zum Beispiel einen Teil des eigenen Grundstücks zur Nutzung, wird dieser Teil Sonderbetriebsvermögen. Anders als ein im Privatvermögen gehaltenes Grundstück, kann dieses dann nicht mehr nach Ablauf von zehn Jahren steuerfrei veräußert werden.

Photovoltaikanlagen im Unternehmensvermögen

Wie wir bereits in unserem letzten Beitrag erläutert haben, können viele Photovoltaikanlagenbetreiber:innen von der sogenannten Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Wird Unternehmer:innen mehr Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, als er oder sie durch die Lieferung von Strom an das Finanzamt abzuführen haben, kann es sinnvoll sein, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass Unternehmer:innen im Sinne des Umsatzsteuerrechts nur ein umsatzsteuerliches Unternehmen betreiben können. Das heißt, dass die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit in den Rahmen desselben Unternehmens fällt. Das gilt unabhängig davon, ob völlig verschiedene Tätigkeiten unabhängig voneinander ausgeübt werden.

Betreibt also ein Rechtsanwalt auf dem Dach seiner Anwaltskanzlei eine Photovoltaikanlage, umfasst sein umsatzsteuerliches Unternehmen die Umsätze der Anwaltskanzlei sowie die Umsätze aus den Stromlieferungen. Übersteigt die Summe der Umsätze aus beiden Tätigkeiten die Grenzen der Kleinunternehmerregelung, kann diese nicht mehr in Anspruch genommen werden. Das gilt auch, wenn die Umsätze aus den Stromlieferungen allein die Grenzen nicht überschreiten.

Unsere Einschätzung

Die dargestellten Beispiele sind nur eine Auswahl an möglichen Fallstricken. Aber das ist noch längst nicht alles. So können die zusätzlichen Einnahmen aus der Photovoltaikanlage zu zusätzlichen Beiträgen zur Krankenversicherung oder zur Kürzung von Rentenansprüchen führen. Letztendlich sind bei der Investitionsplanung viele Faktoren und insbesondere auch die steuerlichen Folgen zu berücksichtigen. Um sicher planen zu können, sollten Sie sich unbedingt Rat von einem Steuerberater oder einer Steuerberaterin einholen.

Haben Sie Fragen rund um das Thema Photovoltaikanlagen und zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen im Besonderen?

Dann sprechen Sie uns an.

Sven Rücker

Associate Partner, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

Eva-Maria Klassen

Prokuristin, Steuerberaterin, LL.M.

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