10. August 2021

Arbeitszimmer und Steuern – das müssen Sie beim Verkauf des Eigenheims beachten 

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Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten viele Arbeitnehmer:innen aus dem Homeoffice. Wenn vorhanden, ist das häusliche Arbeitszimmer so zum Dreh- und Angelpunkt während der Bürozeiten geworden. Aber auch schon vor Beginn der Corona-Pandemie hat das häusliche Arbeitszimmer für viele Arbeitnehmer:innen aus bestimmten Branchen bereits den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit gebildet. Was Sie im Zusammenhang von Arbeitszimmer und Steuern wissen müssen, lesen Sie in unserem Beitrag. Das Thema Verkauf des Eigenheims werden wir dabei besonders für Sie in den Blick nehmen.

Arbeitszimmer und Steuern: Richter:innen, Lehrer:innen und der Höchstbetrag von 1.250 Euro

Einige Berufsgruppen wie zum Beispiel Lehrer:innen oder Richter:innen benötigen schon immer ein häusliches Arbeitszimmer. Darin bereiten sie ihre Arbeit außerhalb ihrer regelmäßigen Tätigkeitsstätte vor oder auch nach. Die Aufwendungen, die den Steuerpflichtigen für das häusliche Arbeitszimmer entstehen, können sie im Rahmen der privaten Einkommensteuererklärung als Werbungskosten absetzen. Hierfür sind jedoch bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Bildet das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit, greift ein Höchstbetrag von 1.250 Euro pro Jahr. Ansonsten gilt ein unbegrenzter Abzug. Was passiert aber, wenn sich das Arbeitszimmer in einem selbstgenutzten Eigenheim befindet und dieses innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert wird? Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) vor kurzem ein interessantes Urteil gefällt, welches wir Ihnen im nachfolgenden Blogbeitrag gerne genauer vorstellen möchten.

Wann liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor?

Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn bestimmte Wirtschaftsgüter des Privatvermögens innerhalb kurzer Zeit wieder veräußert werden. Liegt der erzielte Gewinn hierbei über einem Betrag in Höhe von 600 Euro (Freigrenze), löst der gesamte Veräußerungsgewinn eine Versteuerung auf privater Ebene aus. Grundsätzlich ist für den Zeitraum zwischen An- und Verkauf eine einjährige Frist zu beachten. Beim An- und Verkauf von Grundstücken und Rechten verlängert sich dieser Zeitraum auf zehn Jahre (sogenannte „Spekulationsfrist“). Eine Ausnahme hiervon greift, wenn die innerhalb der Spekulationsfrist veräußerten Wirtschaftsgüter im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Arbeitszimmer und Steuern – der Urteils-Fall

In dem Urteils-Fall hatte eine Lehrerin mit notariellem Kaufvertrag vom 29. Juni 2012 eine Eigentumswohnung gekauft, die sie am 11. Juli 2017 wieder veräußert hat. In dieser Wohnung nutzte die Klägerin ein häusliches Arbeitszimmer für berufliche Zwecke. Die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Kosten machte sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die beantragten Werbungskosten bis zum Höchstbetrag von  1.250,00 Euro an. Kauf und Verkauf der Wohnung liegen somit innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist gemäß § 23 EStG. Da die Wohnung in der Zeit zwischen An- und Verkauf durchgehend für private Wohnzwecke genutzt wurde, liegt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (Fassung 2017) kein privates Veräußerungsgeschäft vor.

Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Teil von dieser Befreiungsvorschrift ausgeschlossen sei, da diesbezüglich keine Nutzung zu privaten Wohnzwecken, sondern vielmehr eine berufliche Nutzung vorläge. Somit hat das Finanzamt den auf das häusliche Arbeitszimmer anteilig entfallenden Veräußerungsgewinn der Besteuerung unterworfen mit der Begründung, es würde sich um sonstige Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG handeln. Hiergegen legte die Lehrerin Einspruch ein, beziehungsweise wurde nach einer Einspruchsentscheidung des Finanzamts Klage dagegen erhoben. Das Finanzamt Baden-Württemberg urteilte daraufhin bereits zu Gunsten der Steuerpflichtigen.

BFH entscheidet für Steuerpflichtige

Der BFH entschied im Nachgang hierzu mit Urteil vom 1. März 2021 (Az. IX R 27/19) ebenfalls für die Steuerpflichtige. In der Urteilsbegründung hieß es, dass wenn eine zu Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Behaltensfrist veräußert wird, der Veräußerungsgewinn auch insoweit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen ist, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.

Unsere Einschätzung

Mit seinem Urteil hat sich der Bundesfinanzhof klar gegen die Auffassung der Finanzverwaltung und das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 (BStBl I 2000, 1383, Rz 21) gestellt. Es hat somit zu Gunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Diese Entscheidung ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen. Zu beachten ist jedoch, dass es im vorliegenden Urteilsfall um ein Arbeitszimmer ging, welches zu beruflichen Zwecken im Rahmen einer Tätigkeit als Arbeitnehmerin genutzt wurde. Wird das Arbeitszimmer beispielsweise im Rahmen einer selbständigen oder gewerblichen Tätigkeit durch Steuerpflichtige genutzt, ist das Urteil des BFH nicht anwendbar. Grund dafür ist, dass der auf das Arbeitszimmer entfallende Anteil unter Umständen ein Betriebsvermögen darstellt. Gleiches kann bei der Nutzung eines Arbeitszimmers durch Gesellschafter-Geschäftsführer:innen einer GmbH gelten.

Haben Sie Fragen zum häuslichen Arbeitszimmer? Dann sprechen Sie uns an!

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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