22. Juli 2021

Angepasstes Umsatzsteuergesetz – Margenbesteuerung auch auf B2B-Reiseleistungen

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Das System der Umsatzsteuer ist theoretisch so aufgebaut, dass nur Endkonsument:innen belastet werden sollen. In Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmer:innen wird durch das System des Vorsteuerabzugs eine Belastung mit Umsatzsteuer vollständig vermieden. Nun gibt es allerdings ein angepasstes Umsatzsteuergesetz. Konkret: Anpassungen im § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Besteuerung von B2B-Reiseleistungen. Wie die Änderungen konkret aussehen und was Sie als Unternehmer:in beachten müssen, erfahren Sie hier.

Wann greift die Margenbesteuerung bei Reiseleistungen?

Erbringen Unternehmer:innen Reiseleistungen, kommt die sogenannte Margensteuer zum Zuge. Dabei wird auf die Marge des Reisedienstleisters pauschal die Umsatzsteuer von 19 Prozent erhoben. Einen Vorsteuerabzug erhalten Reisedienstleister:innen dabei nicht.

Angepasstes Umsatzsteuergesetz – Margenbesteuerung früher nur bei B2B-Reiseleistungen

In der Vergangenheit galt diese Sonderregelung nur für den B2C-Bereich, also bei Umsätzen an Endverbraucher:innen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Bundesrepublik im Februar 2018 verurteilt, die Regelungen zur Margenbesteuerung auch beim Verkauf von Reiseleistungen an andere Unternehmen (B2B) anzuwenden. Als Folge dieses Urteils erfolgte nunmehr eine entsprechende Umsetzung der Vorgaben zur Margenbesteuerung im deutschen Umsatzsteuergesetz.
Davon betroffen sind alle Unternehmen, die im eigenen Namen Reiseleistungen an andere Unternehmer:innen verkaufen.

BMF-Schreiben soll Klarheit zur konkreten Anwendung der Margenbesteuerung auf B2B-Reiseleistungen schaffen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun in einem Schreiben vom 24. Juni 2021 zur konkreten Umsetzung Stellung genommen. Aus dem Schreiben sind besonders diese Punkte erwähnenswert:

  • Nichtbeanstandungsregelung bis Ende 2021. Reisedienstleister:innen können für die in den Jahren 2020 und 2021 erbrachten Reiseleistungen altes Recht (im B2B-Bereich also die Regelbesteuerung) anwenden. Durch diese Regelung soll den betroffenen Unternehmen Zeit zur Umstellung von erforderlichen Systemen eingeräumt werden.
  • Der Begriff der Reiseleistung wurde angepasst. In der Regel handelt es sich um ein Bündel aus Einzelleistungen, bestehend aus Reiseleitung, Transport, Übernachtung, Verpflegung und Unterhaltung.

Folgende wichtige Ausnahmen sind zu beachten:

  1. Beherbergungsleistungen erfüllen auch als Einzelleistung die Voraussetzung einer Reiseleistung, und somit der Margensteuer.
  2. Die Einräumung von Eintrittsberechtigungen für Messen oder ähnliche Veranstaltungen und damit im Zusammenhang erbrachte Beförderungs-, Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen, die von Veranstalter:innen als einheitliche Leistung angeboten werden, sind keine Reiseleistungen.

Angepasstes Umsatzsteuergesetz und der Wettbewerbsnachteil für EU-Reiseanbieter

Hervorzuheben ist auch, dass Reiseleistungen von in Drittländern ansässigen Reisedienstleister:innen von der Margensteuer ausgenommen sind.
Insbesondere aus der zuletzt genannten Regelung ergibt sich ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber im Drittland ansässigen Reisedienstleister:innen.

Unsere Einschätzung

Insbesondere die mit der Verpflichtung zur Anwendung der Margensteuer für EU-ansässige Unternehmen verbundenen Wettbewerbsnachteile gegenüber Nicht-EU-Unternehmen ist ein Ärgernis.
Darüber hinaus zwingt der Ausweis der Margensteuer auf Rechnungen Reisedienstleister:innen zur Offenlegung seiner bzw. ihrer Margen. Ohne offenen Steuerausweis, aus dem die Marge für Wettbewerber:innen berechenbar wird, hätten Kund:innen zukünftig keinen Vorsteuerabzug. Dies würde Reiseleistungen wieder erheblich verteuern. Ein weiterer Wettbewerbsnachteil.

Haben Sie konkrete Fragen zur Margenbesteuerung von Reiseleistungen im B2B-Bereich? Wir beraten Sie gerne bei der optimalen Struktur zur Beseitigung entsprechender Nachteile.

 

 

Andreas Claes

Partner, Diplom-Kaufmann (FH), Diplom-Wirtschaftsjurist (FH), Steuerberater

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