30. Juni 2021

Die steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen – erster Entwurf eines BMF Schreibens erschienen

Am 17. Juni 2021 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf eines BMF-Schreibens zur steuerrechtlichen Behandlung von Kryptowährungen, Token im Allgemeinen und virtuellen Währungen, wie zum Beispiel Bitcoins, veröffentlicht. Den Entwurf haben aktuell verschiedene Verbände zur Stellungnahme vorliegen. In den kommenden Monaten wird das BMF voraussichtlich das finale Schreiben veröffentlichen. Damit wird es die Marschrichtung der Finanzbehörden zur Besteuerung von Kryptowährungen für die nächsten Jahre vorgeben. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie Grundsätzliches zu virtuellen Währungen und Details zum BMF-Schreiben. Besonders im Fokus: Die steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen. 

Hintergründe zu Kryptowährungen

Den Namen Bitcoin wird jede:r Leser:in schon einmal gehört oder gelesen haben. Zumindest grob wissen die meisten Menschen, worum es sich dabei handelt. Der Bitcoin ist eine virtuelle Währung. Allerdings nur eine unter sehr vielen. Neben dem Bitcoin, der ersten im Jahr 2008 entwickelten Kryptowährung, existieren mittlerweile über 2.000 weitere verschiedene „Kryptos“. Zu den bekannteren zählen Ethereum, Ripple oder der Litecoin.
Der BMF-Entwurf definiert virtuelle Währungen als digital dargestellte Werteinheiten von Währungen. Weiter aber auch, dass sie keine Zentralbank oder öffentliche Stelle emittiert oder garantiert. Somit besitzen sie nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld. Gleichwohl sind diese Werteinheiten allgemein als Tauschmittel akzeptiert und können übertragen und gehandelt werden.
Auch Token gehören zu den digitalen Werteinheiten. Sie verkörpern jedoch keinen Gegenwert in Gestalt einer Währung, sondern allgemein Ansprüche oder Rechte. Genau genommen sind Token der Oberbegriff für sämtliche virtuelle Werteinheiten und damit auch für virtuelle Währungen.

In diesem Beitrag widmen wir uns ausschließlich der steuerlichen Einordnung von virtuellen Währungen wie dem Bitcoin.

Blockchain, Wallet, Mining, Staking – das steckt dahinter

In den ersten 22 Randziffern erläutert das BMF die Grundbegriffe im Zusammenhang mit virtuellen Währungen. Wir möchten Ihnen hier kurz die Wichtigsten vorstellen:

  • Die Blockchain ist eine Datenbank ohne zentrale Kontrolle, die aus mehreren Beteiligten besteht. Durch diese Technologie soll jede Veränderung nachvollziehbar auf verschiedenen Rechnern dokumentiert und der Inhalt somit manipulationssicher und unveränderbar werden. Auf der Blockchain-Technologie basieren auch virtuelle Währungen wie der Bitcoin. Vereinfacht bildlich erklärt, besteht jede virtuelle Währung aus einer Kette von Blöcken, die ständig um weitere Blöcke ergänzt wird.
  • Diesen Vorgang nennt man Mining oder auch Schürfen (in Anlehnung an das Goldschürfen). Beim erfolgreichen Mining wird am Ende dieser Kette ein Block erstellt. „Miner:innen“ werden Einheiten einer virtuellen Währung als Belohnung zugewiesen. Dadurch entstehen weitere neue Einheiten einer digitalen Währung, die daraufhin in Umlauf gelangen.
  • Einheiten von virtuellen Währungen können auch auf speziellen Handelsplattformen (sogenannte Exchanges) erworben oder veräußert werden.
  • Für den Erwerb und das Verwahren einer virtuellen Währung benötigen Nutzer:innen ein sogenanntes Wallet (deutsch: Geldbörse, Brieftasche). Die Wallet ist entweder als Softwarelösung auf dem Rechner installiert oder wird als Hardware-Wallet eingesetzt. Dabei kommen in der Regel externe Festplatten oder spezielle USB-Sticks zum Einsatz.
  • Anleger:innen können für das langfristige Halten von Einheiten einer virtuellen Währung belohnt werden (Staking). Dabei sind die Token für eine gewisse Zeit vom Zugriff gesperrt. Dadurch sind sie nicht handelbar. Nach Ablauf der Sperrzeit erhält der Nutzer eine Belohnung für das Halten der Einheiten in Form von zusätzlichen Einheiten der virtuellen Währung.
  • Virtuelle Währungseinheiten können auch durch Lending gegen eine Belohnung verliehen werden. Auch hier erhalten Anleger:innen zusätzliche Einheiten der virtuellen Währung als Gegenleistung für die zeitlich befristete Überlassung.

Erstmals steuerliche Einordnung der Finanzverwaltung

Auf die steuerliche Einordnung der Finanzverwaltung haben viele Menschen lange Zeit gewartet. Nun haben wir mit dem Entwurf des BMF erstmals einen umfassenden Überblick darüber, wie von amtlicher Stelle aus mit den verschiedenen Vorgängen in der Kryptowelt umgegangen werden soll.

Steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen – Mining

Beim Mining handelt es sich im steuerlichen Sinne um einen Anschaffungsvorgang, der sowohl dem privaten Bereich der Vermögensverwaltung als auch einer gewerblichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Das BMF vermutet beim Mining widerlegbar, dass unabhängig von der Höhe der Aufwendungen (zum Beispiel für Hardware oder Strom) eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Das bedeutet, dass das Vorliegen einer reinen vermögensverwaltenden Tätigkeit durch Steuerpflichtige nachgewiesen werden muss. Allerdings wird die Finanzbehörde bei hohen Kosten regelmäßig die Gewinnerzielungsabsicht prüfen. Um als gewerbliche Tätigkeit anerkannt zu werden, muss das Mining nämlich auf Dauer gesehen dazu geeignet sein, aus dieser Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen.

Bedeutung gewerbliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Kryptowährung

Bei einer gewerblichen Tätigkeit stellen die Einheiten der virtuellen Währung Betriebsvermögen dar. Der Entwurf des BMF-Schreibens stellt klar, dass Kryptowährungen ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut darstellen, welches bei Zugang mit dem durchschnittlichen Marktkurs zu bewerten ist.

Steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen – Veräußerungsgewinn

Bei Kryptowährungen im Betriebsvermögen sind Wertsteigerungen und damit ein späterer Veräußerungsgewinn stets steuerbehaftet. Auf der anderen Seite sind jedoch unter Umständen auch etwaige Verluste aus der Veräußerung mit operativen Gewinnen verrechenbar.
Auch die Einnahmen aus der Überlassung (Lending) oder dem Halten (Staking) von dem Betriebsvermögen zuzuordnenden Einheiten virtueller Währungseinheiten sind betrieblich veranlasst und stellen einen Zugang zum Betriebsvermögen (Betriebseinnahmen) dar.

Steuerliche Behandlung von Kryptowährung als Privatvermögen

Bei steuerlicher Behandlung als Privatvermögen sind virtuelle Währungseinheiten als sonstiges Wirtschaftsgut im Sinne des § 23 EStG anzusehen. Gewinne aus der Veräußerung sind in diesem Fall grundsätzlich nur dann zu versteuern, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung weniger als ein Jahr beträgt.

Steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen – FiFo

Für die Bestimmung der Jahresfrist ist grundsätzlich die Zuordnung und Identifizierung der einzelnen Einheiten einer virtuellen Währung vorzunehmen. Das bedeutet, die veräußerten Einheiten sind bis auf ihren Anschaffungsvorgang zurück zu verfolgen und der Veräußerungsvorgang ist danach entsprechend zu bewerten. Aus Vereinfachungsgründen ist jedoch die Anwendung der First in First out („FiFo“)-Methode zulässig. Das heißt, es ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Einheiten auch zuerst veräußert wurden.
Zu beachten ist: Die einmal gewählte Methode – Einzelbetrachtung oder „FiFo“ – ist beizubehalten. Das gilt für die gesamte im Wallet gehaltene virtuelle Währung bis zur vollständigen Veräußerung sämtlicher Einheiten dieser virtuellen Währung in diesem Wallet. Beim Halten von Einheiten mehrerer virtueller Währungen besteht für jede virtuelle Währung in einem Wallet ein gesondertes Wahlrecht.

Steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Kryptowährungen – Lending und Staking

Einkünfte aus dem Lending und Staking sind nach dem BMF-Entwurf gemäß § 22 Nummer 3 EStG auch dann steuerbar, wenn es sich um Privatvermögen handelt.
Achtung! Die Veräußerungsfrist verlängert sich nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 4 EStG auf zehn Jahre, wenn die Währungseinheiten als Einkunftsquelle genutzt worden sind. Die Verlängerung der Haltefrist greift auch dann noch, wenn die Einkunftserzielung erst nach Ablauf eines Jahres nach Anschaffung der Kryptowährung beginnt.

Unsere Einschätzung

Viele Detailfragen werden im neuen BMF Schreiben angesprochen und beantwortet. Beispielsweise zur Verbrauchsreihenfolge oder dem Mining. Gleichzeitig versucht das BMF mit dem Entwurf, möglichst vielen Bereichen des Kryptohandels steuerrechtliche Relevanz beizuordnen. So ist nach dem Entwurf auch der vermeintlich unentgeltliche Erhalt von Kryptowährungen mittels „Airprop“ als tauschähnlicher Vorgang zu werten, da Anleger:innen für diesen Vorgang in der Regel mindestens ihre Daten preisgeben, was das BMF als Leistung gem. § 22 Nr. 3 EStG für den Erhalt der Kryptowährungen wertet. Diese Qualifizierung als sonstige Einkünfte kann man durchaus kritisch sehen. Da das BMF-Schreiben die Finanzverwaltung und ihre Behörden bindet, schafft es zunächst einmal Klarheit. Klarheit darüber, wie der Fiskus bei der Besteuerung von Kryptowährungen verfahren möchte. Darüber hinaus wird es in einigen Bereichen die Aufgabe der Gerichte sein, festzustellen, ob die Auslegung der Finanzverwaltung rechtmäßig ist.

Einige Anleger:innen dürften sich außerdem aufgrund der verlängerten Haltefristen die Frage stellen, ob Sie zu einer Berichtigung ihrer bisherigen Angaben verpflichtet sind. Und zwar dann, wenn sie Veräußerungsgewinne aus Krypto-Verkäufen bisher als “steuerfrei” behandelt haben, obwohl sie durch diese mittels Lending oder Staking weitere Einkünfte erzielt haben und damit laut BMF die verlängerte Haltefrist von zehn Jahren gilt.
Dies dürfte unserer Einschätzung nach wohl der Fall sein. Erkennt ein:e Anleger:in eine unzutreffende oder gänzlich fehlende Angabe in einer Steuererklärung nachträglich, dürfte von einer steuerlichen Berichtigungspflicht nach § 153 AO auszugehen sein.

Finanzbehörden in Zukunft aktiver

Aufgrund der baldigen amtlichen Veröffentlichung des BMF-Schreibens ist davon auszugehen, dass die Finanzbehörden in Zukunft aktiver werden. Konkret also vermehrt die Besteuerung von Kryptowährungen überprüfen und auch verfolgen. Wenn Sie in der Vergangenheit Gewinne aus der Veräußerung von virtuellen Währungen gegenüber dem Finanzamt verschwiegen haben, kann eine Selbstanzeige sinnvoll sein. Wir empfehlen daher dringend, sich in solchen Angelegenheiten beraten zu lassen.

Das Thema Kryptowährung ist äußerst komplex. Haben Sie Fragen zur steuerlichen Behandlung oder Einordnung? Sprechen Sie unsere Expert:innen gerne dazu an.

 

 

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

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