22. Juni 2021

Kontoführungsgebühren bei Banken unwirksam – BGH entscheidet gegen stillschweigende Zustimmung bei AGB-Anpassungen

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Der BGH hat kürzlich entschieden, dass AGB-Klauseln, welche durch das Schweigen des Kunden auf eine Vertragsanpassung als Zustimmung gedeutet werden, unwirksam sind. Dadurch sind besonders viele der letzten Gebührenerhöhungen in Bankverträgen rechtswidrig. Solche Klauseln werden von sehr vielen Banken und vergleichbaren Unternehmen verwendet. Die Konsequenzen für die Wirtschaft sind deshalb enorm. Erfahren Sie hier, was es bedeutet, dass Kontoführungsgebühren bei Banken unwirksam sind.

Strenge Anforderungen an die Vertragsanpassung durch Banken

Bankverträge sind typischerweise Dauerschuldverhältnisse und werden deshalb regelmäßig angepasst. Um diese Anpassungen nicht mit allen Kund:innen einzeln zu vereinbaren, bieten Banken ihren Kunden Vertragsanpassungsverträge an. Dies muss nach dem Gesetz zwei Monate vor Inkrafttreten der Änderung geschehen.
Dabei bedienten sich viele große Banken bis zuletzt einer Klausel, nach der ein Schweigen von Kundinnen und Kunden auf eine solche Vertragsanpassung als Zustimmung angesehen wird (Zustimmungsfiktion).

„Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat.“ In seinem Urteil entschied der BGH (Urt. v. 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20) nun, dass eine solche Klausel unwirksam ist.

Kontoführungsgebühren bei Banken unwirksam – Zustimmungsfiktion weicht von grundlegenden Rechtsmaßstäben ab

Der BGH führte aus, dass diese Klausel Kund:innen unangemessen benachteiligt. Durch die Zustimmungsfiktion werde unangemessen zu ihren Lasten vom wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken abgewichen, dass ein Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung ist. Außerdem könne dadurch die von Kund:innen geschuldete Hauptleistung geändert werden, ohne dass dafür Einschränkungen vorgesehen sind.
Die Bank würde so eine Handhabe erhalten, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben. Dadurch entwertet sie gleichzeitig die Position ihres Vertragspartners, beziehungsweise ihrer Vertragspartnerin. Im Klartext: Ein „Nichtstun“ von Kund:innen kann keine wirksame Vertragsänderung begründen!

Banken müssen diese Klausel daher für die Zukunft ändern.

Kontoführungsgebühren bei Banken unwirksam – Rückforderung von Gebühren jedoch nur im Einzelfall

Durch die unwirksame Klausel sind allein darauf gestützte Gebührenerhöhungen unwirksam. Kund:innen haben in solchen Fällen grundsätzlich die Möglichkeit, zu viel gezahlte Beträge von der Bank zurückzuverlangen. Dadurch könnte der Bankwirtschaft ein Schaden im dreistelligen Millionenbereich entstehen. Während Verbraucherschützer:innen jubeln, ist aus rechtlicher Sicht zunächst Zurückhaltung geboten.
Denn der Rückforderungsanspruch muss für jeden Kunden und jede Kundin gesondert geprüft werden. Zum einen ist davon auszugehen, dass Ansprüche für Gebühren aus den Jahren vor 2018 inzwischen verjährt sind. Zum anderen muss die Unwirksamkeit der Gebührenerhöhung gerade auf der – nunmehr – unwirksamen AGB-Klausel beruhen.
Es ist durchaus realistisch, dass Kund:innen dieser Erhöhung bereits auf anderem Wege und eben nicht durch Schweigen zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung könnte aktiv erfolgt sein, beispielsweise durch explizite Wahl eines Entgeltmodells.

Denkbar ist auch eine Annahme durch schlüssiges Verhalten des Kunden. So könnte es sein, dass Gerichte die Weiternutzung bestehender oder die Inanspruchnahme neuer Leistungen durch Kund:innen als konkludente Annahme ausgen. Im Zweifel werden darüber noch Gerichte zu entscheiden haben. Denn in dieser Frage ist mit einer zögerlichen Herangehensweise der Banken zu rechnen.

Unsere Einschätzung

Die Entscheidung des BGH ist ein Paukenschlag für die Bankwirtschaft und hat mit Sicherheit auch Auswirkungen auf andere Branchen, die sich bisher einer „Zustimmungsfiktion“ bedient haben. Der BGH schiebt dieser Fiktion entschieden einen Riegel vor und fordert ausdrücklich mehr Transparenz bei Vertragsanpassungen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten. In erster Linie steigt dadurch der Bürokratieaufwand der Banken enorm. Für Vertragsanpassungen ist fortan von jedem einzelnen Kunden eine aktive Zustimmung einzuholen.
Für Kund:innen ändert sich dagegen nicht allzu viel. Bei Vertragsanpassungen besteht schon länger die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen. Widerspricht der Kunde in Zukunft einer Vertragsanpassung, werden die Banken vermutlich von ihrem eigenen Kündigungsrecht Gebrauch machen. Frei nach dem Motto „Take it or leave it“ werden die Banken wohl das Fortbestehen des Vertrages von einer Zustimmung des Kunden abhängig machen.

Haben Sie Fragen? Dann kommen Sie jederzeit gern auf uns zu!

 

 

 

Paola Koudela

Prokuristin, Rechtsanwältin

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