17. Juni 2021

Praxisfragen zur Kostenerstattung für bauliche Hygiene- und Digitalisierungsmaßnahmen im Rahmen der Überbrückungshilfe 3

Kategorien: Unkategorisiert

Zur Überbrückungshilfe 3 und der Ansetzung von Digitalisierungskosten und durch Hygienemaßnahmen bedingte Umbaukosten hat die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt für die Praxis relevante Fragen zu klären. Wir hatten zu den Grundsätzen auch bereits berichtet. Lesen Sie hier Details zur Kostenerstattung bei Überbrückungshilfe 3 für Digitalisierungsmaßnahmen und baulichen Hygienemaßnahmen.

In der Pandemie hat die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt erstklassige Arbeit geleistet. Immer wieder hat sie sich für den Berufsstand der Steuerberater:innen eingesetzt, konstruktive Ideen eingebracht und die richtigen an Problemlösung orientierten Fragen gestellt. Den prüfenden Dritten hat die Berufskammer stets schnell und fachkundig relevante Informationen bereitgestellt. Dafür sprechen wir an dieser Stelle ein großes Lob aus und sagen Danke.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Infomaterial der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt. Die Kammer hat Fragen an regionale Stellen gestellt und entsprechende Antworten veröffentlicht. Wichtig zu wissen ist, dass diese Antworten nicht rechtsverbindlich sind. Die jeweiligen Bewilligungsstellen in den Bundesländern haben die Entscheidungshoheit und sind letzten Endes für eine Ermessensentscheidung verantwortlich.

Grundsätzlich sind Maßnahmen in Unternehmen im Rahmen der Überbrückungshilfe 3 förderfähig wenn,

  • sie den gültigen FAQ entsprechen,
  • die Kosten in angemessenem Verhältnis zu den Zielen stehen,
  • die Maßnahme primär der Existenzsicherung des Unternehmens dient,
  • Hygienemaßnahmen Teil eines schlüssigen Hygienekonzeptes sind,
  • eine Begründung vorliegt und eine Einzelfallprüfung vorgenommen wurde.

Ob diese Bedingungen erfüllt sind, prüfen die Bewilligungsstellen, bevor sie Anträgen stattgeben oder diese ablehnen. Steuerberater:innen als prüfende Dritte, die in der Praxis Unternehmen dazu bei der Antragstellung beraten und vorab überprüfen müssen, ob die Beantragung der Hilfen gestattet und sinnvoll ist, müssen also genau wissen, wie die einzelnen Bedingungen sich in die Praxis übersetzen lassen. Einige Fragen dazu hat die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt nun in einer Stellungnahme beantwortet.

Kostenerstattung bei Überbrückungshilfe 3 für Digitalisierungsmaßnahmen und baulichen Hygienemaßnahmen: Dann stehen die Kosten der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen

Dazu sagt die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt, dass die Ziele der Maßnahmen in diesen Fällen nicht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen sind:

Praxisbeispiele

  1. Ein Beispiel aus der Praxis dazu sind die Friseurbetriebe. Diese haben im vergangenen Jahr Geld in Hygienemaßnahmen investiert. Da sie dann allerdings aufgrund der pandemischen Lage wieder schließen mussten, konnten sie ihre wirtschaftlichen Ziele nicht erreichen. Die anvisierten Ziele der Hygienemaßnahmen hat der Betrieb allerdings erreicht. Diese Maßnahmen sind somit förderfähig.
  2. Ein Hotel schafft eine sehr teure Spülmaschine an, die 99% der Viren tötet. Damit erreicht die Hyienemaßnahme zwar das Hygieneziel, ist aber nicht förderfähig, weil das auch jede andere Geschirrspülmaschine hätte leisten können.
  3. Ein Hotel beantragt die Kostenerstattung für mehrere PCs im Sinne der Digitalisierung. Wenn ein Rechner auffallend teuer ist und die Bewilligungsstelle feststellt, dass es sich z.B. um einen Gaming-PC handelt, ist die Investition im Sinne der Überbrückungshilfe 3 nicht förderfähig.

Wie wird “Existenzsicherung des Unternehmens” definiert?

Grundsätzlich bedeutet es, dass eine Insolvenz des Unternehmens abgewendet werden soll. Im Hinblick auf die Investitionen muss man das allerdings differenziert betrachten. Es sollen unter allen Umständen “Luxussanierungen” oder hochpreisige Investitionen auf Kosten der Allgemeinheit, also auf Kosten der Steuerzahler, verhindert werden.
Beim Blick auf erstattungsfähige Investitionen ist allerdings eine Unterscheidung zwischen Digitalisierungskosten und Kosten durch den Umbau im Sinne der Hygienemaßnahmen notwendig.
Bei den Umbaukosten zu Hygienezwecken geht es im Wesentlichen darum, dass Unternehmen wieder öffnen können, um Umsätze zu erzielen. Bei den Digitalisierungskosten ist es komplizierter.

Praxisbeispiele

  1. Die reine Anschaffung eines Smartphones ist kein Beitrag zur Digitalisierung. Dort braucht es für die Bewilligungsstelle eine konkrete Begründung.
  2. Die Digitalisierungsförderung soll in der Praxis beispielsweise den Einzelhandel im Wettbewerb mit der Online-Konkurrenz stärken. Durch Digitalisierung im Unternehmen sollen Möglichkeiten geschaffen werden, digitale Vertriebswege aufzubauen, damit bei weiteren Lockdowns weiter Umsätze gemacht werden können.

Im Wesentlichen müssen Maßnahmen dazu dienen, die Geschäftsprozesse des Unternehmens zu digitalisieren.

Werden nur Maßnahmen gefördert, die in der Pandemie dienen?

Da einerseits nur nicht insolvenzgefährdete Unternehmen laut den FAQ gefördert werden, andererseits aber die Maßnahmen “primär der Existenzsicherung” dienen müssen, stellte die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt bei weiteren Öffnungsschritten die Frage, was überhaupt förderfähig ist.
Da Lockerungen allerdings immer an die Umsetzung geeigneter Hygiememaßnahmen gekoppelt sind, erlaubt die Überbrückungshilfe 3 eine Förderung dieser. Ebenso sind Digitalisierungskosten im Rahmen der Überbrückungshilfe 3 ansetzbar, da sie Unternehmen flexibel auf mögliche wiederkehrende Beschränkungen reagieren lassen. Aber nach den FAQ sind die Maßnahmen immer nur Corona-bedingt vorzunehmen.

In allen Fällen ist immer eine Einzelfallprüfung erforderlich. Pauschale Aussagen lassen sich nicht treffen.

Kostenerstattung bei Überbrückungshilfe 3 für Digitalisierungsmaßnahmen und baulichen Hygienemaßnahmen: Sind Unternehmen, finanzielle Reserven haben, von der Überbrückungshilfe 3 ausgeschlossen?

Nein, einen solchen Ausschluss gibt es nach den FAQ eindeutig nicht.

Müssen durch Maßnahmen erreichte Ziele durch Zahlen belegt werden?

Wenn Maßnahmen der Existenzsicherung dienen sollen, stellt die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt die Frage, wie beispielsweise Investitionen in die Social Media-Aktivitäten, die erst mittelbare Umsatzsteigerungen bringen, gefördert werden können.
Da diese Maßnahmen allerdings ebenfalls dazu dienen, flexibel auf pandemische Entwicklungen reagieren zu können, sind sie grundsätzlich nach Einzelfallprüfung förderfähig.

Können im Rahmen der Überbrückungshilfe 3 bereits bewilligte Förderungen im Nachhinein zurückgefordert werden?

Sind die Mittel nicht nur vorläufig ausgezahlt worden, sondern im Einzelfall geprüft und anschließend bewilligt, so müssen die bewilligten Förderungen nicht zurückgezahlt werden. Ein Widerruf ist nur dann möglich, wenn der Bewilligungsbescheid Nebenbestimmungen enthielt, die auf eine abschließende Prüfung der Schlussabrechnung verweisen oder wenn eben keine eingehende Prüfung erfolgte. Das kommt aber auf den jeweiligen Einzelfall an.

Kostenerstattung für Digitalisierungsmaßnahmen bei Überbrückungshilfe 3: die Zahlungsbedingungen gelten

Für die Digitalisierungsmaßnahmen ist in den FAQ festgelegt, dass Unternehmen diese einmalig im Förderzeitraum geltend machen können. Da sich Digitalisierungsmaßnahmen in der Regel aber über mehrere Monate erstrecken, funktioniert hier die Geltendmachung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnungen nicht und würde hier teilweise zu einer Nichtförderung führen.
Für Sachsen-Anhalt ist insoweit ausschließlich für Digitalisierungsmaßnahmen folgende Festlegung zur praktischen Lösung des Problems und für die Wirtschaft getroffen: Die Maßnahmen in Sachsen-Anhalt sind förderfähig, wenn die Bestellung und mindestens eine Abschlagszahlung bis zum 30.06.2021 erfolgt sind. Der Ansatz der Maßnahme erfolgt dann in Sachsen-Anhalt wahlweise in einem frei wählbaren Monat im Förderzeitraum.
Inwieweit diese günstige Regelung auf andere Bundesländer mit anderen Bewilligungsstellen zutrifft, lässt sich aktuell nicht beantworten.

Unsere Einschätzung

Weiterhin ist es so, dass viele Detailfragen bei der Überbrückungshilfe 3 offen sind. Viele Punkte sind nicht stichhaltig in den FAQ geregelt. Insbesondere die förderfähigen Kosten für Digitalisierungs- und bauliche Hygienemaßnahmen sind ein ständiger Streitpunkt.
Wünschenswert wären klare Regelungen. Auch wünschenswert wäre eine bundeseinheitliche Auslegung der FAQ. Aber verschiedene Bewilligungsstellen handhaben die Dinge eben anders als andere. Das ist nicht schön, aber das ist die Realität.
Die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt hat nun einige Interpretationsmöglichkeiten veröffentlicht und will Fragen klären. Das finden wir sehr gut und bedanken uns.
Es ist zu erwarten, dass es in Zukunft noch einige Klarstellungen geben wird. Allerdings muss aus Gründen des Vertrauensschutzes gewährleistet sein, dass für Antragstellende im Nachgang keine negativen Folgen resultieren. Das BMWi ist angehalten, dafür Sorge zu tragen.

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Melden Sie sich gerne bei uns.

 

 

 

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Tags

Keine passenden Tags gefunden.

Expert:innen zu diesem Thema

Das könnte Sie auch interessieren